# taz.de -- Tiktok-Hype um Takis-Chips: Chips für 70 Euro das Kilo?
       
       > Gerollte Tortillachips mit scharfer Würzsoße machen eine erstaunliche
       > Karriere in deutschen Spätis. Das liegt weniger am Geschmack als an
       > Tiktok.
       
 (IMG) Bild: Viele viele bunte Takis
       
       Neulich beim Späti. Mein Blick bleibt am Chipsregal hängen. Dort steht eine
       kleine quietschbunte Tüte der Marke Takis für 6,50 Euro. Bei 92 Gramm
       Inhalt macht das 70 Euro pro Kilo, also etwa so viel wie ein
       Dry-Aged-Filetsteak. Kauft das wirklich jemand, frage ich den Verkäufer?
       Aber sicher, sagt er mit einem Lächeln, das zeigt, wie unnötig die Frage
       ist.
       
       Die Takis-Chips sehe ich danach häufiger in Neuköllner Spätis. Auch auf
       kleinanzeigen.de werden Tüten angeboten, einzeln, wie Hehlerware. In einer
       Edeka-Filiale – selbst da kosten sie 5 Euro – schlage ich schließlich zu
       und kaufe eine Tüte „Blue Heat“. Bei Takis handelt es sich um
       Tortillachips, die vorm Frittieren zu kleinen Röhrchen gerollt wurden und
       üppig mit recht scharfem, in meinem Fall: schlumpfblauen Würzpulver bedeckt
       sind. In Deutschland gibt es keinen offiziellen Vertrieb, alle Packungen
       sind also Importe aus den USA oder Mexiko. Das erklärt den Preis, aber noch
       nicht, warum ihn auch so viele Leute zahlen.
       
       Hier kommen wir zum Hype, und der wird vor allem durch die
       Kurzvideo-Plattform Tiktok befeuert, die ja generell [1][so viele
       Foodtrends setzt], dass ich diese Kolumne damit wöchentlich füllen könnte.
       Hier trenden bereits seit einigen Jahren [2][die „Takis-Challenges“].
       
       Das bedeutet: Leute essen Takis und erzählen, wie es war. Oder sie essen so
       viele, bis sie die Schärfe nicht mehr aushalten. Oder sie höhlen eine
       große, ebenfalls scharfe Gewürzgurke aus und füllen sie mit Takis. Oder,
       oder, oder. So freiwillig und selbstgemacht dieser Content auch sein mag –
       Takis hat 2021 sicher nicht aus Versehen [3][Charli D'Amelio zur
       Werbebotschafterin gemacht], die damals erfolgreichste Tiktokerin.
       
       ## So scharf, dass der Notarzt kommen musste
       
       Die erwähnten Gewürzgurken finden sich auch in den Spätis, fällt mir dann
       auf, es sind ebenfalls US-Importe, fette Einzelgurken, die in festen
       Plastikverpackungen schwimmen. Und dann hängt da noch „Hot Chip Challenge“,
       bei dem es das Challenge-Prinzip sogar in den Markennamen geschafft hat. Es
       handelt sich um eine sargförmige Verpackung, Inhalt: exakt ein Chip,
       gewürzt mit der Carolina Reaper Chili, die 1000-mal so scharf ist wie
       Tabasco. Der Chip ist für Minderjährige und Schwangere nicht zugelassen, in
       Euskirchen [4][gab es neulich einen Notarzteinsatz], als einige Schüler ihn
       trotzdem probierten. 10 Euro kosten die 3 Gramm bzw. 15 Sekunden
       Tiktok-Fame. Das ist mir dann doch zu blöd.
       
       Apropos blöd. Bevor das hier zu einer wohligen
       taz-Leser-Selbstgerechtigkeitsveranstaltung mit abschätzigem Blick auf Fast
       Food, die USA, Konsumismus und jugendliches Social-Media-Verhalten wird:
       Wer noch nie beim Feinkost-Italiener um die Ecke [5][eine direkt
       importierte Packung Pasta] von einer kleinen ligurischen Manufaktur für
       6,50 Euro gekauft hat, werfe den ersten Chip!
       
       8 Sep 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Gefriertrocknen-auf-Tiktok/!5949644
 (DIR) [2] https://www.tiktok.com/tag/takischallenge?lang=de-DE
 (DIR) [3] https://knowyourmeme.com/memes/takis-are-seriously-intense-ninja-charli-damelio-ads
 (DIR) [4] https://rp-online.de/nrw/panorama/hot-chip-challenge-nrw-aerger-um-tiktok-mutprobe-nicht-ungefaehrlich_aid-96676519
 (DIR) [5] /Billig--Marken--und-Edelpasta-im-Test/!5949647
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Michael Brake
       
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