# taz.de -- Pfiffige Produktnamen: Moingiorno, Bruschesto!
       
       > Unser Autor verspürt Hass auf einen Bio-Brotaufstrich und ist damit nicht
       > allein. Doch warum eigentlich, fragt er sich.
       
 (IMG) Bild: Original schmeckt besser: „Bruschetta“
       
       Neulich am Schwielowsee. Bei einem Ausflug fällt mir ein Glas Aufstrich der
       Marke Zwergenwiese in die Hände. Die Sorte: Bruschesto, dazu als Erklärung:
       Bruschetta Pesto. Ich muss mich spontan erbrechen, und [1][tue das auf
       Twitter]: Ein Foto des Gläschens, dazu als Kommentar „Habe unnatürlich Hass
       auf diesen Namen 🤬“
       
       Womit ich ich nicht rechne, ist die große Resonanz. Knapp 90 Leuten gefällt
       der Tweet, mehrere stimmen mir aktiv zu, unter anderem so: „Ich teile
       deinen Hass 🤬“, „Was ist das denn für ein Untier?“, „In Italien fährt man
       für so etwas ein.“ „Mein Hass fängt schon bei Zwergenwiese an“. „Auf alle
       von der Reihe 😭😡“.
       
       Eine der [2][Lieblingsfragen aller Gesellschaftsjournalisten] – [3][„Was
       macht das mit uns?“] – kann hier also mit „Offenbar eine ganze Menge“
       beantwortet werden. Doch, noch beliebtere Frage unter
       Gesellschaftsjournalisten: „Warum eigentlich?“ Warum dieser Hass? Was
       triggert Zwergenwiese Bruschesto (abgesehen von [4][äußerst fragwürdigen
       Einlassungen] des Zwergenwiese-Herstellers zu Beginn der Corona-Pandemie,
       aber hier soll es um ästhetische Fragen gehen).
       
       Bruschesto ist nur eine von vielen Sorten und alle haben schlimme Namen:
       Tomesan, Papucchini, Chilitoffel, Mepfel usw. Und klar, marketingtechnisch
       ergibt das Sinn, jedes der Wörter steht eindeutig für nur ein Produkt. Das
       „bleibt hängen“, „irritiert“ auch, und ist – sehr wichtig heutzutage – gut
       googlebar. Übrigens ist auch Zwergenwiese ein gut gewählter Name. Klingt
       zwar wie eine esoterische Kita-Gruppe, aber man kann es sich gut merken.
       
       Nur ist „gut merkbar“ nicht gleich „ästhetisch“, das weiß jeder, der mal
       einen Ohrwurm von „An der Nordseeküste“ hatte (bitte, gern geschehen!).
       Auch sind zwei originelle Namen nicht besser als einer, zumal hier noch die
       Produktlinie streich’s drauf! in kecker Schreibschrift auf dem Gläschen
       steht. Macht insgesamt [5][einen Pfiffigkeits-Overkill]: Zwergenwiese
       streich’s drauf Bruschesto Bruschetta Pesto.
       
       Dazu kommt, aber das ist vielleicht nur mein privater Spleen, die
       Uneinheitlichkeit der Sortennamen. Denn die sind gar nicht immer Wortanfang
       + Wortende wie bei Bruschesto. Sondern auch mal doppelter Wortanfang
       (Basitom: Basilikum, Tomate), Wortanfang + Mittelteil (Gelbie: Gelbe Bete,
       Zwiebel) oder gar Wortanfang + Nichts (Kürbi: Kürbis, Ingwer). Alles kann,
       nichts muss, ganz antiautoritär und (zwerg-)naseweis halt. Wenn aber alles
       kann und nichts muss, dann kann man es auch gleich lassen.
       
       Unter all diesen Scheußlichkeiten ist Bruschesto der König. Denn erstens,
       was soll das sein, ein Brotaufstrich aus Pesto und … noch mehr Brot?
       Zweitens verkörpert der Name wie Arsch auf Eimer diese bleischwer-bräsige
       deutsche Italienliebe: Wer Bruschesto sagt, natürlich mit „sch“ gesprochen,
       der sagt auch unironisch „Prosetschio“ oder „Vitello Tomato“ und grüßt mit
       „Moingiorno“.
       
       Und mir bleibt nur der Hass. Unnatürlicher Hass. 🤬
       
       16 Jul 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://twitter.com/freelancepolice/status/1670096314367893505
 (DIR) [2] https://www.piqd.de/liebe-sex/gefuhlsjournalismus-oder-was-macht-das-mit-dir
 (DIR) [3] https://www.sueddeutsche.de/kultur/phrasenmaeher-was-macht-das-mit-1.3738997
 (DIR) [4] /Chef-der-Biomarke-Rapunzel-zu-Corona/!5683866
 (DIR) [5] /Bemueht-lustige-Produktverpackungen/!5859185
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Michael Brake
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Kolumne Geschmackssache
 (DIR) Bio-Lebensmittel
 (DIR) Marketing
 (DIR) Kolumne Geschmackssache
 (DIR) Kolumne Geschmackssache
 (DIR) Kolumne Geschmackssache
 (DIR) Kolumne Geschmackssache
 (DIR) Schwerpunkt Coronavirus
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Online-Shop für Gourmets: Vergesst Hummer, Trüffel, Austern!
       
       Der Webshop des Berliner Sternerestaurants Nobelhart & Schmutzig ist
       kurios und teuer. Aber er ist auch was für feine Gaumen.
       
 (DIR) Tiktok-Hype um Takis-Chips: Chips für 70 Euro das Kilo?
       
       Gerollte Tortillachips mit scharfer Würzsoße machen eine erstaunliche
       Karriere in deutschen Spätis. Das liegt weniger am Geschmack als an Tiktok.
       
 (DIR) Im tschechischen Speisewagen: Journalisten lieben Knödel
       
       Ein Essen im tschechischen Speisewagen gehört schon fast zum Pflichttermin
       für die schreibende Zunft. Warum eigentlich?
       
 (DIR) Bemüht-lustige Produktverpackungen: Hilfe, mein Essen spricht mit mir
       
       Wortspiele, knallige Typo und viel Love und Happiness. Der Trend zu
       originellen Etiketten zieht sich durch alle Warengruppen. Ein
       Supermarktrundgang.
       
 (DIR) Chef der Biomarke Rapunzel zu Corona: Der Märchenerzähler
       
       Der Chef des Bioherstellers Rapunzel, Joseph Wilhelm, verbreitet Mythen
       über das Coronavirus. Sie sind menschenverachtend und populistisch.