# taz.de -- Autokonzerne Stellantis in China: Milliardenschwerer Deal mit Peking
       
       > Nach VW kauft sich nun auch Stellantis bei einem chinesischen
       > E-Auto-Hersteller ein. Das liegt auch an der Abhängigkeit von Peking.
       
 (IMG) Bild: Die Batterien oder Entertainsysteme der neuen E-Autos in China sind besser – und sind billiger
       
       taz | PEKING Am Donnerstag hat der portugiesische Automanager Carlos
       Tavares eine spektakuläre Kehrtwende hingelegt. Noch im Vorjahr warnte der
       Stellantis-Chef vor den Gefahren der chinesischen Industriepolitik und zog
       sich sukzessive aus dem Markt zurück. Nun jedoch präsentiert der 65-Jährige
       einen 1,5 Milliarden Euro schweren Deal: Der Opel-Mutterkonzern kauft sich
       mit über 21 Prozent bei dem chinesischen E-Auto-Hersteller Leapmotor ein
       und startet ein gemeinsames Joint Venture.
       
       „Die chinesische Offensive in Europa ist bereits Realität. Wir wollen kein
       Zuschauer sein, sondern Anführer“, wird Tavares von dem französischen
       Figaro zitiert.
       
       Auf dem Automarkt vollzieht sich dieser Tage ein grundlegender
       Paradigmenwechsel: Die chinesischen Marken, die bei Verbrennermotoren stets
       eine untergeordnete Rolle spielten, haben im Elektrosegment – auch dank
       konsequenter Industriepolitik der chinesischen Regierung – die Poleposition
       erklommen. [1][Bereits jetzt fährt jedes zweite E-Auto im Reich der Mitte,
       BYD, Nio und Li Auto dominieren auf dem heimischen Markt.] Und künftig
       dürften die Unternehmen auch in Europa ihren Siegeszug antreten.
       
       Die Aufholjagd der deutschen Platzhirsche ist jedoch bereits im Gange. Nach
       zunächst schmerzlichen Rückschlägen musste man einsehen, dass es alleine
       nicht gelingt: Genau wie Stellantis hat sich Volkswagen bereits im Juli bei
       der chinesischen Konkurrenz eingekauft. Für rund 700 Millionen Dollar
       erwarben die Wolfsburger knapp 5 Prozent der Marke Xpeng. Von der Branche
       wurde der Deal als eine Art „Sputnik-Moment“ interpretiert: Dem einstigen
       Marktführer in China droht nun das Abstellgleis.
       
       ## Autobauer sind gegen Kritik an Subventionen
       
       Denn die chinesische Konkurrenz verfügt über hochwertigere
       Entertainmentsysteme, leistungsstärkere Elektrobatterien und gleichzeitig
       niedrigere Preise. Die Wettbewerbsvorteile beruhen jedoch auch auf
       staatlichen, marktverzerrenden Subventionen.
       
       [2][Erst im September kündigte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der
       Leyen eine „Antisubventionsuntersuchung“ an], die möglicherweise Strafzölle
       gegen chinesische Automarken zur Folge hat. Als Begründung führte von der
       Leyen auch das Beispiel der Solarindustrie an – einer Branche, die zunächst
       von europäischen Firmen angeführt wurde, ehe chinesische Staatsunternehmen
       die Konkurrenz dank illegaler Dumpingpreise verdrängte.
       
       Inhaltlich ist die Kritik durchaus berechtigt. Doch von den deutschen
       Autobauern wird die Rhetorik aus Brüssel keineswegs begrüßt. Man fürchtet
       nämlich bereits die Vergeltungsmaßnahmen der chinesischen Regierung. Laut
       [3][Volkswagen], Daimler und BMW sollten die Probleme besser
       gesichtswahrend und subtil gelöst werden, statt auf offenen
       Konfrontationskurs zu gehen. Zu sehr ist man vom chinesischen Markt
       abhängig, als dass man Peking vergraulen möchte.
       
       Doch der aktuelle Deal von Stellantis mit Leapmotor legt auch schonungslos
       offen, dass das Geschäftemachen in China oftmals mit moralischen Dilemmata
       einhergeht. Denn Zhu Jiangming, Gründer von Leapmotor, hat sein Vermögen
       ursprünglich mit der Überwachungsfirma Dahua Technology erwirtschaftet.
       Diese steht auf der Sanktionsliste Washingtons, da sie dem chinesischen
       Staat maßgeblich bei der Unterdrückung der Uiguren in Xinjiang hilft. So
       hat Dahua unter anderem Kameras mit Gesichtserkennungssoftware entwickelt,
       die Personen nach ethnischer Zugehörigkeit identifizieren kann – und
       gezielt Uiguren und Tibeter herausfiltert, im Gegensatz zu Han-Chinesen.
       
       26 Oct 2023
       
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 (DIR) Fabian Kretschmer
       
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