# taz.de -- Medien und Krisen: Apocalypse – not now
       
       > Medien zeigen die Welt oft noch schlimmer, als sie wirklich ist. Welche
       > Mechanismen dahinterstecken und wir mit ihnen umgehen können.
       
 (IMG) Bild: Erstmal abkühlen, bevor die Welt untergeht, Italien während einer Hitzewelle im Sommer 2023
       
       Klima, Krieg, der Aufstieg des Rechtsextremismus – vielen Menschen werden
       die schlechten Nachrichten zu viel. Sie verlieren den Mut und den Glauben
       an eine gestaltbare Zukunft. Das liegt nicht nur an der Krisenballung
       selbst, sondern auch daran, wie wir von den Krisen erfahren.
       Journalistische Medien spitzen katastrophische Nachrichten noch weiter zu,
       und Social-Media-Algorithmen spielen diese immer wieder aus. Statt
       informiert fühlen Menschen sich immer öfter überwältigt und entmutigt. Doch
       es gibt Ideen, wie sich dies ändern ließe
       
       ## 1. Entdramatisieren statt zuspitzen
       
       [1][Eine Hitzewelle] trieb die Temperatur im Juni 2022 in Südfrankreich auf
       34 Grad – viel zu warm für die Jahreszeit. Dies ließe sich so schreiben,
       ohne die Dramatik der Krise kleinzureden. Der Spiegel aber titelte: „In
       Bordeaux sind die Schienen 53 Grad heiß“. In der Überschrift stand die
       Temperatur des in der Sonne natürlich stark aufgeheizten Metalls – die
       Schockwirkung war größer.
       
       Während der Hitzewelle in Indien kurz zuvor schrieben Medien von über „60
       Grad Bodentemperatur“. Die Zahl fand über Twitter ihren Weg in die ganze
       Welt. Die aufgeheizte, vertrocknete Erde ist als Vergleichsmaßstab für
       Temperaturen eine völlig unübliche Größe. Tatsächlich lag die
       Tageshöchsttemperatur während der Hitzewelle im Mai 2022 in Delhi bei 45,0
       Grad. Doch die schockierenden 60 Grad hielten sich in den Schlagzeilen.
       Zehn Tage später sagte Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne): „60
       Grad Bodentemperatur (…) Das sind doch apokalyptische Zustände.“
       
       Und als sich die Ozeane 2020 im Schnitt um 0,075 Grad erwärmten, zogen
       viele Medien einen Vergleich heran: Die den Ozeanen in 25 Jahren durch den
       Klimawandel zusätzlich zugeführte Wärme entspreche der Energie von 3,6
       Milliarden Hiroshima-Bomben. Den Vergleich hatte eine Forscher:in in
       einem Interview mit CNN angestellt. In ihrer Studie findet er sich nicht.
       
       Die sich häufenden Extremwetterereignisse sind existenziell bedrohlich.
       Gleichzeitig werden sie oft noch dramatischer dargestellt. Das gilt nicht
       nur fürs Klima, sondern auch für andere Krisen. Überall ist plötzlich von
       Kipppunkten die Rede. Und das macht den Leuten noch mehr Angst.
       
       „Verdammt, die Welt geht wirklich unter“, titelte T-Online im Juli 2019.
       Der Autor Raphael Thelen ist mittlerweile bei der Letzten Generation. Die
       Aussage ist so nicht haltbar. Und Medienorganisationen wie das
       International Journalism Network warnen vor solchen Headlines: „Minimieren
       Sie apokalyptische Botschaften, die zu Öko-Angst und Öko-Lähmung führen
       können.“ Im Journalismus [2][ist es üblich zuzuspitzen]. Wenn aber die
       Fakten schon hochdramatisch sind, entstehen auf diese Weise Depressionen
       und Verdrängung.
       
       Dabei geht es auch anders. Während der Guardian mit Verweis auf einen
       Bericht der Internationalen Energie-Agentur IAE im Oktober 2022 schrieb:
       „Große Studien warnen, dass die Welt kurz vor einem unumkehrbaren
       Klimazusammenbruch steht“, stellte der US-Klimaforscher Zeke Hausfather aus
       dem gleichen Bericht zwei ganz anders klingende Umstände heraus: Zum ersten
       Mal überhaupt sah die IAE ein Plateau bei der Nachfrage nach fossilen
       Brennstoffen. Der überfällige Peak sei für 2025 in Sicht. Und: „Politische
       und technologische Fortschritte seit 2015 haben den erwarteten
       Temperaturanstieg bis zum Jahr 2100 um 1 °C gesenkt.“ Hausfathers
       Darstellung ist keineswegs eine Entwarnung. Aber sie macht Hoffnung, ohne
       Fakten zu verleugnen.
       
       ## 2. Medien und ihr Hang zur Hysterie
       
       Für die Medien ist es nicht immer leicht, Hoffnung zu verbreiten. Bei ihnen
       treffen verschiedene Kommunikationsformen aufeinander, schreibt die
       Übermedien-Kolumnistin Samira El Ouassil. [3][Die „medienlogische“
       Kommunikation würde „reichweitenorientiert (und oftmals auch ökonomisch
       motiviert)“ kommunizieren]: Medien spitzen zu, damit die Geschichten
       gelesen und die Zeitungen verkauft werden. Droht Gefahr, trete die
       „Risikokommunikation“ hinzu, um zu mobilisieren. Medien versuchten damit,
       „negative Auswirkungen auf die Bevölkerung zu minimieren“ – etwa während
       Corona oder beim Klima. El Ouassil spricht von einer „Kippstelle zwischen
       Informieren und Auffordern“.
       
       Der Kulturwissenschaftler Werner Schiffauer hat an der Universität in
       Frankfurt (Oder) Mediendynamiken bei Migrationsthemen untersucht. Sobald
       eine größere Zeitung auf ein zugkräftiges Thema anspringe, kämen andere in
       Zugzwang, sagt er. „Wir haben das auf Redaktionssitzungen beobachtet: Man
       kann dann nicht mehr nicht darüber berichten, und man kann nicht das
       Gleiche berichten.“
       
       Das Mindeste sei eine „zusätzliche Facette“. Es sei sehr verführerisch,
       dass diese aus einer Dramatisierung bestehe. Unter keinen Umständen wollten
       Journalist:innen den Anschein erwecken, Sachverhalte zu verharmlosen.
       Also werde „immer noch eins drauf dramatisiert“, sagt Schiffauer. In dieser
       Logik gefangen, steigerten sich Medien in etwas hinein, was er
       „strukturelle Hysterie“ nennt.
       
       Denn alarmistische Töne finden leichter Gehör. Sie werden schneller
       verbreitet als ruhige, sachliche Berichte, die auf Fortschritte oder
       Handlungsmöglichkeiten hinweisen. „Aufregung, Skandalisierung und Drama
       haben sehr stark zugenommen“, schreibt der Kommunikationswissenschaftler
       Lutz Hagen.
       
       Dafür sei vor allem in den Printmedien eine [4][massive finanzielle Krise]
       mitverantwortlich. Die Zahl der Leser:innen habe sich in den vergangenen
       25 Jahren fast halbiert. Durchsetzen könnten Medien sich am zuverlässigsten
       mit „Nachrichtenfaktoren wie Konflikt, Dramatisierung, Negativismus“. Denn
       Menschen seien evolutionär so angelegt, dass sie auf diese Reize
       automatisch reagieren. Die Verschiebung ins Internet machte Zeitungen
       zusätzlich reißerischer, [5][Clickbait nahm zu].
       
       Wer allerdings den Medien nur vorwirft, Panik zu schüren, macht es sich zu
       leicht. Ihr Auftrag ist, Gefahren aufzudecken, zu zeigen, was falsch läuft.
       Und würden Medien nicht auf das Schlimme blicken – sie würden sich selbst
       überflüssig machen. Eine Klimaberichterstattung, die die dramatischen
       Nachrichten über die politischen Versäumnisse nicht in den Mittelpunkt
       stellt, wäre verfehlt. Mit der Erfüllung ihres Auftrages aber schaffen
       Medien kein maßstabsgerechtes Abbild der Welt, sondern fördern auch eine
       negativ verzerrte Weltwahrnehmung.
       
       ## 3. Algorithmen lieben den Weltuntergang
       
       Wer die Klimakrise abtut oder verdrängt, bezieht seine Nachrichten oft aus
       Quellen, die genau dies erleichtern. Wer sie fürchtet und das Ende kommen
       sieht, sucht unentwegt nach Bestätigung dafür – und findet sie vor allem im
       eigenen Social-Media-Feed, der in Zeiten objektiver Krisen einen nicht
       enden wollenden Strom schlechter Nachrichten zu bieten hat. Und wer davon
       nicht lassen kann, [6][betreibt Doomscrolling] – den endlosen Konsum
       negativer Nachrichten in sozialen Medien, der eine Untergangsstimmung
       erzeugt.
       
       Menschen seien heute „so dicht dran an nahezu allen Krisenherden der Welt
       wie nie zuvor“, schreibt der Journalist Torsten Harmsen. Die Flut von
       Nachrichten über alle möglichen Kanäle erzeuge den Eindruck, in der Welt
       gäbe es „nur noch Kriege, Morde, Naturkatastrophen, Anschläge und
       Krankheiten“. Wo früher das verheerende Erdbeben, das 1755 Lissabon
       zerstörte, die Menschen über Jahrzehnte beschäftigt habe und sich in Texten
       von Voltaire, Kant und Goethe sowie in der Musik niedergeschlagen hat, wird
       heute „die eine Katastrophennachricht von der nächsten überlagert. Und es
       ist eine normale und gesunde Reaktion, dabei Beunruhigung und Angst zu
       spüren.“
       
       Sich abzugrenzen, um Überforderung zu vermeiden, ist heute schwieriger denn
       je. Bis vor wenigen Jahren erfuhren Menschen über die Welt vor allem das,
       was eine relativ kleine Gruppe von Journalist:innen als berichtenswert
       einstufte. Heute stehen diese Medienhäuser in den sozialen Medien neben
       einer unendlichen Zahl von Blogger:innen, Aktivist:innen, Privatleuten,
       NGOs, Unternehmen, staatlichen Stellen. Nutzer:innen können folgen, wem
       sie wollen – und entscheiden so viel stärker selbst, was sie zu lesen
       angeboten bekommen. Das Maß, in dem sie auf diese Weise ihr Bild von der
       Welt steuern können, ist historisch völlig neu.
       
       Und es gibt dabei eine klare Präferenz, welches Bild von der Welt gezeigt
       werden soll: Denn Menschen haben eine evolutionsbedingte Neigung, schlimme
       Nachrichten bevorzugt wahrzunehmen – ein als „Negativity Bias“ bekanntes
       Phänomen. Die in Amsterdam forschende Kommunikationswissenschaftlerin
       Corinna Oschatz beschreibt es als die Neigung, „sich stärker mit negativen
       Informationen auseinanderzusetzen, sie stärker zu beachten, sie mehr zu
       nutzen“.
       
       Dadurch würden sie „relevanter fürs Denken und fürs Handeln als positive
       Informationen“. Das Gehirn nimmt sie schneller und intensiver wahr,
       verarbeitet sie besser. Und wenn vor allem negative Nachrichten
       „wahrgenommen werden und zu stärkeren Reaktionen führen, gibt es natürlich
       einen Anreiz, solche negativen Nachrichten zu formulieren“.
       
       Aber die 24-Stunden-Berichterstattung über katastrophale Ereignisse könne
       schwerwiegende Auswirkungen auf das psychische und physische Wohlbefinden
       der Rezipient:innen haben, sagt Bryan McLaughlin,
       Kommunikationswissenschaftler an der Texas Tech University. „Die
       Beobachtung dieser Ereignisse in den Nachrichten kann bei manchen Menschen
       einen ständigen Alarmzustand auslösen, der die Welt als einen dunklen und
       gefährlichen Ort erscheinen lässt.“ Es könne sich ein Teufelskreis
       entwickeln, in dem Menschen, anstatt abzuschalten, sich immer mehr in die
       Nachrichten hineinziehen ließen.
       
       McLaughlins 2022 veröffentlichte Studie ergab, dass rund einer von sieben
       Befragten ein „hohes Maß an problematischem Nachrichtenkonsum“ habe. 74
       Prozent aller Menschen mit einem solchen Nachrichtenkonsum fühlten sich
       „ziemlich oft“ oder „sehr oft“ psychisch krank.
       
       An der Universität Essex hat die Verhaltenspsychologin Kathryn Buchanan
       diese Mechanismen in Experimenten erforscht. Wer sich häufiger schlechten
       Nachrichten aussetzt, leidet mit höherer Wahrscheinlichkeit unter
       „Hoffnungslosigkeit, Kummer, Angst und Depression“, fand Buchanan heraus.
       Und „der Algorithmus erkennt, womit man sich beschäftigt, und je mehr man
       sich mit den negativen Aspekten eines Themas befasst, desto mehr kriegt man
       davon“. Ein Kreislauf, in dem letztlich das Denken und [7][die Weltsicht
       Algorithmen-gesteuert] auf feste Bahnen verengt werden.
       
       ## 4. Wissen macht demokratisch
       
       Eine Folge des negativen Nachrichtenstrudels sei „erlernte Hilflosigkeit“,
       sagt Verhaltenspsychologin Kathryn Buchanan – die aufgrund negativer
       Erfahrung entwickelte Überzeugung, die eigene Lebenssituation nicht mehr
       verändern zu können. „An dem Punkt, an dem wir glauben, dass wir nichts
       dagegen tun können, hören wir auf, uns zu engagieren. Wir hören auf, gute
       Bürger zu sein. Wir sind nicht mehr daran interessiert, zu wählen. Wir
       haben kein Interesse mehr daran, zu einer Welt beizutragen, die irreparabel
       scheint, weil das keinen Unterschied mehr machen würde. Und dann schalten
       wir ab.“
       
       Das Abschalten ist dabei wörtlich zu nehmen. Der jüngste Reuters Digital
       News Report von 2022 ergab, dass rund 38 Prozent der Befragten Nachrichten
       „oft oder manchmal“ meiden. Fünf Jahre zuvor waren es erst 29 Prozent. In
       der Reuters-Folgestudie von 2023, für die 303 Medien-Führungskräfte in 53
       Ländern befragt wurden, ist die „Vermeidung von Nachrichten“ ihre
       Hauptsorge.
       
       Die Überforderung durch schlechte Nachrichten sei der Grund dafür, sagt die
       Psychologin Buchanan. Menschen könnten mit dem Ausmaß schlechter
       Botschaften nicht umgehen – und würden ihren Medienkonsum [8][deshalb aktiv
       einschränken] oder ganz vermeiden. Doch wer das tue, lebe fortan in einem
       „Vakuum ohne Informationen und ohne Bewusstsein für die wichtigen Dinge,
       die in der Welt passieren.“
       
       Eine „politische Apathie“ und die Abkehr von „positivem sozialem und
       umweltorientiertem Handeln“ seien die Folgen. Nachrichten über Katastrophen
       lassen unser Gehirn anspringen. Je schlimmer sie sind, desto mehr. Falsch
       ist das nicht. Die Katastrophen sind real, die Krisen objektiv bedrohlich,
       der Mensch sollte sich ihnen nicht entziehen. Was aber, wenn Überforderung
       einsetzt und genau das doch geschieht?
       
       Wer keine Nachrichten mehr lesen wolle und „nicht jünger als sechs Jahre,
       entmündigt oder depressiv“ sei, sei „borniert“, sagt der
       Spiegel-Nachrichtenchef Stefan Weigel. „Sonst fallen mir keine Gründe ein,
       die dafür sprächen, das Weltgeschehen zu ignorieren – nur weil es ihnen
       nicht gefällt, zu komplex oder zu anstrengend ist.“ Nachrichtlich
       wenigstens halbwegs auf dem Laufenden zu sein, sei das Mindeste, was man
       von Bürger:innen einer Demokratie verlangen könne, so Weigels
       Überzeugung.
       
       Doch viele Konsument:innen sehen das heute anders.
       
       Angst sei eine heikle Sache, heißt es im Handbuch „Über Klima sprechen“.
       „Manche setzen gezielt auf Horrorvisionen, um die Menschen aufzurütteln.“
       Doch wer über angsteinflößende Dinge spreche, [9][solle auch Lösungen
       anbieten] – sonst fühle sich das Publikum überfordert.
       
       ## 5. Soziale Medien brauchen Regeln
       
       Die Psychologin Kathryn Buchanan plädiert für ein Gleichgewicht in der
       Berichterstattung. „Es ist wichtig zu sagen: Das ist das Problem.“ Aber man
       sollte keine „Tragödienpornos“ machen, „sondern sagen: Hier ist, was wir
       dagegen tun könnten.“
       
       Für klassische Medien mag das gangbar sein. Es gibt sinnvolle, gut
       durchdachte Handreichungen [10][für die Klimaberichterstattung] wie das
       Klimafakten-Handbuch, die genau darauf abzielen. Denkbar ist, dass Teile
       davon auch branchenweit akzeptiert werden, wie es ethische Medienstandards
       auch für andere Fragen gibt, etwa im Pressekodex. Doch wie will man
       Gleichgewicht im völlig amorphen System der sozialen Medien herstellen?
       
       Um eine Vorstellung davon zu entwickeln, hilft ein Blick auf die Geschichte
       des Buchdrucks seit der Zeit der Reformation, sagt Jürgen Renn, Direktor am
       Berliner Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte. Die durch den
       Buchdruck im 16. Jahrhundert plötzlich massenweise verbreiteten
       Flugschriften schürten unablässig Endzeiterwartungen.
       
       Jeder Komet, der gesichtet wurde, galt als Vorzeichen – und seine
       Entdeckung wurde in immer neuen Flugschriften inklusive dunkler Verheißung
       kundgetan. Es dauerte Jahrzehnte, teils Jahrhunderte, bis sich in dieser
       Papierwelt Strukturen herausbildeten, die das Wissen jenseits dieser
       Pamphlete stabilisierten. Genauso können heute alle in sozialen Medien
       schreiben, dass es in Indien 60 Grad heiß ist.
       
       Es gebe in den sozialen Medien oft „keine Möglichkeit zu unterscheiden: Das
       ist eine verlässliche Quelle, und das ist nur eine Meinung, die von vielen
       geteilt wird“, sagt der Historiker Renn. In der Wissenschaft habe sich die
       Peer Review als Begutachtungssystem für Fachzeitschriften herausgebildet:
       Arbeiten werden von mehreren Kolleg:innen mit ähnlichen Kompetenzen
       bewertet. Dieses Vorgehen sei nicht ideal, aber habe eine gewisse
       Selbstkontrolle geschaffen.
       
       „In den sozialen Medien leben wir noch in einer wilden Zeit, die das alles
       noch nicht hat.“ Auch deshalb würden diese erwiesenermaßen zur
       Polarisierung beitragen, [11][Echokammern und Blasen] hervorbringen. Renn
       plädiert dafür, das Potenzial der sozialen Medien „noch mal ganz anders zu
       nutzen“. Die Gesellschaft müsse die neuen Medien so gestalten, dass das,
       „was wir verbindlich wissen, eine größere Rolle spielen kann“. Denn dass
       Facebook, Twitter, Instagram oder TikTok so sind, wie sie sind, sei kein
       Naturgesetz. „Das ist so gemacht, und dahinter stecken ökonomische
       Interessen.“
       
       Das gelte es zu ändern – und so zu organisieren, dass Wissen eine viel
       zentralere Rolle spiele. Renn denkt etwa an ein öffentlich-rechtliches
       Internet. „Europa könnte viel mehr machen, um sicherzustellen, dass unsere
       demokratischen Gesellschaften auch über das geteilte Wissen verfügen, das
       sie zum Handeln in dieser komplexen Situation brauchen.“
       
       Eine solche Netz- und Medieninfrastruktur, demokratisch kontrolliert, dem
       Renditezwang entzogen und dafür dem Kampf gegen Fake News verpflichtet,
       könnte ein Ort sein, an dem es leichter wird zu erfahren, was ist – dies
       ist heute erschreckend genug. Mit der Zumutung der Wirklichkeit muss man
       leben. Mit einem wettbewerbsgetriebenen Alarmismus, der sich verschärfende
       Krisen noch weiter anspitzt, und Social-Media-Echokammern, die Fatalismus
       zementieren, nicht.
       
       15 Oct 2023
       
       ## LINKS
       
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