# taz.de -- Afrika und der Krieg in Nahost: Keine einheitliche Haltung
       
       > Die Staaten Afrikas positionieren sich unterschiedlich im Konflikt
       > zwischen Israel und der Hamas. Das sorgt für Probleme.
       
 (IMG) Bild: Eine propalästinensische Kundgebung am 14. Oktober in Nairobi, Kenia
       
       JOHANNESBURG taz | Während die Afrikanische Union (AU) im Konflikt zwischen
       Israel und der Hamas eine Position der Neutralität eingenommen hat,
       ergreifen viele einzelne Regierungen in Afrika Partei – und unterstreichen
       damit ihre Verwicklung in geopolitische Konflikte.
       
       AU-Kommissionsvorsitzender [1][Moussa Faki Mahat appellierte] gleich am Tag
       des Hamas-Überfalls auf Israel am 7. Oktober an beide Parteien, die
       Feindseligkeiten einzustellen und zu Vehandlungen ohne Vorbedingungen über
       eine Zweistaatenlösung für Israel und Palästina zurückzukehren.
       
       Die Verweigerung des Rechts des palästinensischen Volkes auf einen
       souveränen Staat sei die Hauptursache für die ständigen Spannungen, ließ er
       erklären: „Der Vorsitzende ruft die internationale Gemeinschaft und
       insbesondere die Großmächte der Welt dazu auf, Verantwortung zu übernehmen,
       Frieden durchzusetzen und die Rechte beider Völker zu gewährleisten.“
       
       Doch seitdem haben mehrere afrikanische Länder ihre Solidarität mit Israel
       bekundet, darunter Ghana und Kenia sowie die eigentlich verfeindeten
       Nachbarn Demokratische Republik Kongo und Ruanda. „Kenia schließt sich dem
       Rest der Welt in Solidarität mit dem Staat Israel an und verurteilt
       unzweideutig Terrorismus und Angriffe auf unschuldige Zivilisten in dem
       Land“, [2][sagte Kenias Präsident William Ruto]. Manche
       Oppositionspolitiker in Kenia kritisierten das und forderten den Abbruch
       der Beziehungen mit Israel.
       
       Kongos Präsident [3][Felix Tshisekedi bekräftigte], die Demokratische
       Republik Kongo und Israel würden gemeinsam „den Terror in all seinen
       Formen“ bekämpfen. Die kongolesische Bürgerrechtsbewegung Lucha
       [4][kritisierte dies] scharf als „blinden Fanatismus“ und warf Tshisekedi
       „Opportunismus“ sowie „schwerwiegende Lücken in Geschichte und Geopolitik“
       vor.
       
       In Afrikas bevölkerungsreichstem Land Nigeria rief die Regierung von
       Präsident Bola Tinubu zu Dialog zwischen Israel und den Palästinensern auf.
       Femi Fani-Kayode von der Regierungspartei PDP (Peoples Democratic Party)
       erklärte, Westafrikas Verzicht auf eine Militärintervention gegen den
       Militärputsch in Niger im Juli habe die Region vor einer ähnlichen Krise
       bewahrt.
       
       „Viele Städte und Gemeinschaften in unserer Region würden erleiden, was die
       unschuldigen Männer, Frauen und Kinder Israels durch Hamas erlitten haben
       und was Gaza und seine Menschen heute durch Israel erleiden“, beschrieb
       Fani-Kayode die möglichen Folgen eines Einmarsches aus Nigeria in Niger.
       „Hunderttausende von Menschen wären abgeschlachtet und Millionen vertrieben
       und in heimatlose Bettler verwandelt worden, und der Rest der Welt hätte
       das ignoriert.“
       
       ## Südafrikas Hamas-Kontakte in der Kritik
       
       In Südafrika sorgten Enthüllungen über Kontakte zwischen Außenministerin
       Naledi Pandor und Hamas-Führer Ismail Haniyeh für Aufregung. Pandor soll
       bei einem Gespräch mit Haniyeh Unterstützung für die Hamas-Operation
       geäußert haben.
       
       Ministeriumssprecher Clayson Monyela wies das zurück: Während des
       Telefonats mit Haniyeh habe Pandor „Südafrikas Solidarität und
       Unterstützung des palästinnsischen Volkes und Trauer über den Verlust
       unschuldigen sowohl palästinensischen als auch israelischen Lebens“
       geäußert. Es sei auch um humanitäre Hilfe gegangen.
       
       Vincent Magwenya, Sprecher für Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa,
       stellte klar: „Wir unterhalten keine bilateralen Beziehungen mit Hamas. Wir
       unterhalten bilaterale Beziehungen mit der Palästinensischen
       Autonomiebehörde. Unterstützung für den palästinensischen Kampf gegen die
       Besatzung ist nicht gleich Unterstützung für Hamas.“
       
       Südafrika war zuletzt der lauteste afrikanische Kritiker von Israels
       Besetzung palästinensischer Gebiete. Vergleiche zwischen dem
       Besatzungsregime und der südafrikanischen Apartheid sind geläufig.
       
       Als vergangene Woche der Vorstand des regierenden ANC (African National
       Congress) zusammentrat, trugen einzelne Mitglieder schwarz-weiße
       Palästinensertücher als Zeichen der Solidarität. ANC-Generalsekretär Fikile
       Mbalula erklärte, man stehe in „Solidarität mit Palästina für dessen
       Befreiung von Umständen, die als ähnlich mit unserer eigenen historischen
       Erfahrung der Unterdrückung unter dem Apartheidregime bezeichnet worden
       sind.“
       
       Insgesamt sind allerdings Israels Beziehungen mit Afrika besser denn je.
       Israel hält diplomatische Beziehungen mit 44 der 55 AU-Mitgliedstaaten,
       Palästina nur mit 26. Seit 2021 genießt Israel Beobachterstatus bei der AU.
       Für afrikanische Regierungen ist Israel ein attraktiver Partner bei Agrar-
       und Sicherheitstechnologie.
       
       23 Oct 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://au.int/en/pressreleases/20231007/communique-chairperson-regarding-israeli-palestinian-war
 (DIR) [2] https://twitter.com/WilliamsRuto/status/1710724946719080837
 (DIR) [3] https://actualite.cd/2023/10/08/le-president-tshisekedi-condamne-les-attaques-en-israel-et-reaffirme-les-liens-forts
 (DIR) [4] https://infos.cd/actualite/politique/rdc-la-lucha-critique-le-soutien-de-tshisekedi-a-israel-apres-les-attaques-palestiniennes/32671/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Mthulisi Sibanda
 (DIR) Maria Macharia
 (DIR) Emeka Okonkwo
       
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