# taz.de -- Prozess wegen Antisemitismus: Gil Ofarim legt Geständnis ab
       
       > Überraschende Wende: Ofarim gesteht, eine Falschaussage getroffen zu
       > haben, und bittet um Entschuldigung. Der Zentralrat verurteilt Ofarims
       > Verhalten.
       
 (IMG) Bild: 28.11.2023, Leipzig: Gil Ofarim (M.) steht im Saal des Landgerichts zwischen seinen Verteidigern
       
       LEIPZIG taz | Es dauert auffällig lange, bis sich am Dienstag alle
       Beteiligten im [1][Prozess gegen Gil Ofarim] im Saal des Landgerichts
       Leipzig einfinden. Während dieser rund zweieinhalb Stunden des Wartens sind
       die Zuschauer*innen merklich unruhig geworden. Dann wird der Grund für
       die Verzögerung klar: Alle Zeug*innen wurden ausgeladen, da der
       Angeklagte zu einer Aussage bereit ist. Gespannte Stille erfüllt den Raum.
       Nach kurzen technischen Problemen benötigt Gil Ofarim dann nur wenige
       Worte: „Die Vorwürfe treffen zu. Herr W., ich möchte mich bei Ihnen
       entschuldigen. Es tut mir leid. Ich habe das Video gelöscht.“ Ohne zu
       zögern, nimmt W. die Entschuldigung an.
       
       Der Hotelmanager W. trat in dem Verfahren gegen Ofarim als Nebenkläger auf.
       Der jüdische Musiker [2][hatte W. im Oktober 2021 in einem Internetvideo
       vorgeworfen], ihn antisemitisch beleidigt zu haben. Der Hotelmitarbeiter
       bestritt das, der Fall landete vor Gericht. Ofarim musste sich unter
       anderem wegen Verleumdung und falscher Verdächtigung verantworten.
       
       Am Dienstag nun stimmte die Verteidigung einem Vergleich über
       Schmerzensgeldansprüche zu; das Verfahren wurde vorläufig eingestellt. Die
       Entscheidung begründete der Vorsitzende Richter Andreas Stadler mit der
       Glaubhaftigkeit des Geständnisses Ofarims, auch in Anbetracht der
       vorgelegten Beweise und Zeug*innenaussagen.
       
       Weiterhin führte er aus, dass [3][Ofarim dem Kampf gegen Antisemitismus
       erheblichen Schaden angetan habe]. Deswegen muss der Musiker 10.000 Euro
       zahlen – jeweils 5.000 an die Jüdische Gemeinschaft zu Leipzig und an den
       Trägerverein des Hauses der Wannseekonferenz. Wenn das Geld innerhalb eines
       halben Jahres dort eingeht, ist das Verfahren endgültig eingestellt.
       Gleichzeitig betonte der Richter den Mut Ofarims, sich zu entschuldigen. Um
       den Ruf des Hotelmanagers wiederherzustellen, sei das wichtiger als ein
       Urteil durch ein Gericht.
       
       ## „Antisemitismus ist eine Tatsache“
       
       Richter Andreas Stadler stellte zudem klar, dass es in dem Fall keineswegs
       nur Verlierer gebe. Sondern das Gegenteil sei der Fall: Die Gesellschaft
       wisse nun die Wahrheit, Hotelmanager W. sei durch die Entschuldigung
       rehabilitiert und Ofarim habe durch sein Geständnis die Chance auf einen
       Neustart. Sie alle seien die Gewinner. Stadler endete mit den Worten:
       „Eines bleibt, wie es war: Antisemitismus ist eine Tatsache. Der Kampf
       dagegen ist eine Aufgabe.“
       
       Dies unterstrich auch der Zentralrat der Juden in einer Reaktion auf das
       Ende des Prozesses. Ofarim habe nicht nur die Öffentlichkeit, sondern auch
       die jüdische Gemeinschaft belogen und all denjenigen geschadet, die
       tatsächlich von Antisemitismus betroffen seien. Denn gerade in der
       aktuellen Situation würde der gesellschaftliche Antisemitismus zunehmen.
       „Wir verurteilen das Verhalten von Gil Ofarim“, hieß es in einer
       Mitteilung.
       
       Der Vertreter der Nebenklage, Daniel Baumgärtner, betonte, sein Mandant,
       Hotelmanager W., sei froh, dass „die Wahrheit ans Licht gebracht werden
       konnte“ und er nun endlich sein Leben normal fortsetzen könne. Verteidiger
       Alexander Betz betonte hingegen, dass Ofarim unbescholten sei. [4][„Die
       Beweislage war unübersichtlich] und am Schluss hatte unser Mandant keine
       Kraft mehr.“ Beide Seiten wollten zu dem genaueren Inhalt des Vergleichs
       keine Aussage treffen.
       
       28 Nov 2023
       
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