# taz.de -- Interne Ermittlung im Fall Gil Ofarim: Zweifel durch Zeugen
       
       > Ein interner Untersuchungsbericht weckte Zweifel an den
       > Antisemitismusvorwürfen Gil Ofarims. Nun sind neue Details daraus bekannt
       > geworden.
       
 (IMG) Bild: Der Musiker und Sänger Gil Ofarim
       
       BERLIN taz | [1][Der Fall Gil Ofarim] machte vor drei Wochen Schlagzeilen:
       Der Musiker behauptet, im Leipziger Westin Hotel antisemitisch
       diskriminiert worden zu sein, der beschuldigte Mitarbeiter bestreitet dies
       – es steht Aussage gegen Aussage, die Staatsanwaltschaft Leipzig ermittelt
       noch.
       
       Nun sind neue Details aus dem internen 118 Seiten langen
       [2][Untersuchungsbericht] der Anwaltskanzlei Pauka & Link bekannt geworden.
       [3][Wie die Wochenzeitung Die Zeit berichtet], habe keine*r der befragten
       Zeug*innen eine antisemitische Beleidigung in der Hotellobby gehört.
       Niemand habe mitbekommen, dass über Ofarims Davidstern-Kette gesprochen
       wurde.
       
       Die Betreibergesellschaft des Leipziger Westin Hotels hatte die
       Anwaltskanzlei beauftragt, das Geschehen in der Hotellobby vom 4. Oktober
       [4][zu rekonstruieren und ein Gutachten zu erstellen]. In die Untersuchung
       sind sowohl von der Staatsanwaltschaft übermittelte Informationen
       eingeflossen als auch Interviews mit dem beschuldigten Rezeptionisten, mit
       anwesenden Mitarbeiter*innen, Gästen und weiteren Zeugen. Zusätzlich wurden
       die Videos der Überwachungskameras von einem auf Bild- und Videoforensik
       spezialisierten Sachverständigen ausgewertet.
       
       Bereits vorigen Mittwoch teilte die Hotelgesellschaft unter Berufung auf
       den Abschlussbericht der Kanzlei mit, dass „keine objektivierbaren
       Anhaltspunkte vorliegen, die es rechtfertigen würden, strafrechtliche
       und/oder arbeitsrechtliche Maßnahmen gegen den beschuldigten Mitarbeiter zu
       ergreifen“. Dessen Beurlaubung wurde aufgehoben.
       
       Ermittlungen der Staatsanwaltschaft dauern an 
       
       Der Zeit liegt der Abschlussbricht der Kanzlei vor. Dieser stütze sich
       hauptsächlich auf Aussagen von acht Gästen, dem beschuldigten Mitarbeiter
       und zwei Kolleginnen, die neben ihm an der Hotelrezeption standen, wie die
       Wochenzeitung berichtet. Dem Gutachten zufolge sei Gil Ofarims Schilderung
       der Vorfälle „von keinem der befragten, in der Hotellobby anwesenden Zeugen
       bestätigt worden“.
       
       Der Musiker habe sich laut Zeug*innenaussagen ungerecht behandelt
       gefühlt; seiner Meinung nach habe der Hotelmitarbeiter zwei Stammgäste, die
       hinter ihm in der Schlange standen, bevorzugt behandelt. Daher sei es zum
       Konflikt zwischen den beiden Männern gekommen. Schließlich habe Ofarim dem
       Rezeptionisten gedroht, ein Video für Instagram aufzunehmen, das „viral
       gehen“ werde. So sollen zwei Mitarbeiterinnen und drei Gäste die Szene laut
       dem Gutachten beschrieben haben, heißt es in der Zeit.
       
       Der von der Anwaltskanzlei beauftragte Sachverständige, der die Aufnahmen
       der Überwachungskameras des Hotels untersucht hat, kommt laut der Zeit zu
       dem Ergebnis, dass Ofarim seine Davidstern-Kette mit „an Sicherheit
       grenzender Wahrscheinlichkeit“ nicht sichtbar getragen habe – „weder bei
       der Ankunft vor dem Haus noch beim Betreten der Lobby, noch an der
       Rezeption, noch beim Verlassen der Lobby“. Den Anwälten zufolge liege es
       nahe, dass der Musiker seine Halskette erst draußen vor dem Hotel unter dem
       T-Shirt hervor gezogen habe.
       
       Gil Ofarim teilte über seinen Anwalt Markus Hennig mit, dass die
       Ermittlungen der Staatsanwaltschaft und der Kriminalpolizei vorbehalten
       bleiben sollten. „Ein vom Hotel bezahlter Untersuchungsbericht wird genauso
       wie zuvor an die Medien gespielte unvollständige Videosequenzen kein
       Beitrag zur Wahrheitsfindung sein. Die Auseinandersetzung mit dem
       alltäglichen Antisemitismus erfordert eine ernsthafte Auseinandersetzung“,
       heißt es in dem Anwaltsschreiben von Dienstag.
       
       Der Bericht der von der Hotelgesellschaft beauftragten Anwaltskanzlei liegt
       der Staatsanwaltschaft Leipzig vor. Die Kanzlei stelle den
       Ermittler*innen der Staatsanwaltschaft „sämtliche im Rahmen der Prüfung
       gewonnenen Erkenntnisse in vollem Umfang zur Verfügung“, sagt
       Oberstaatsanwalt Ricardo Schulz gegenüber der taz. „Diese Erkenntnisse
       werden mit in die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft einfließen.“
       
       Die Staatsanwaltschaft hat ebenfalls einen Sachverständigen beauftragt, die
       Aufnahmen der Überwachungskameras des Hotels auszuwerten und auf mögliche
       Manipulationen zu untersuchen. Die Ermittlungen dauern an, zu
       Zwischenergebnissen äußert sich die Staatsanwaltschaft nicht. Das würde
       „die noch laufenden Ermittlungen nicht ausschließbar gefährden“, sagt
       Schulz. Es steht nach wie vor Aussage gegen Aussage.
       
       28 Oct 2021
       
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