# taz.de -- Antisemitismus-Vorwurf gegen Hotel: Wegen Davidstern abgewiesen?
       
       > „Pack deinen Stern ein“: Musiker Gil Ofarim berichtet, er habe in einem
       > Hotel wegen seiner Kette mit jüdischem Symbol nicht einchecken dürfen.
       
 (IMG) Bild: Wirft einem Leipziger Hotel Antisemitismus vor: der Musiker Gil Ofarim bei einem Fernsehauftritt
       
       LEIPZIG taz/dpa | „Packen Sie Ihren Stern ein, dann dürfen Sie im Hotel
       einchecken“ – das soll ein Angestellter des Leipziger Hotels Westin am
       Montag zu dem jüdischen Musiker Gil Ofarim gesagt haben, der einen
       Davidstern an seiner Halskette trug. Das geht aus einem knapp zweiminütigen
       Video hervor, das Ofarim am Dienstagmorgen auf Instragram veröffentlicht
       hat.
       
       In dem Video sitzt Ofarim – sichtlich aufgelöst – vor dem Hotel Westin nahe
       dem Leipziger Haupbahnhof und erzählt, wie er am Montag versuchte, in das
       Hotel einzuchecken. „Ich bin sprachlos, ich weiß nicht, wie ich es sagen
       soll“, sagt der 39 Jahre alte Musiker.
       
       Er berichtet: Aufgrund von Computerproblemen sei die Schlange lang gewesen.
       Immer wieder seien Personen vorgezogen worden, während er warten müsste. 15
       Minuten später sei er schließlich an der Reihe gewesen und habe den
       Mitarbeiter am Check-in gefragt, was los sei, wieso andere Personen
       vorgezogen worden seien.
       
       Der Mitarbeiter, den der Musiker im Video „Herr W.“ nennt, behauptete
       Ofarim zufolge, er wollte die Schlange entzerren. Ofarim wiederum erklärte,
       dass auch er in der Schlange stehe. „Dann ruft irgendjemand aus der Ecke:
       ‚Pack deinen Stern‘ ein“, sagt Ofarim. Daraufhin habe auch der
       Hotelmitarbeiter gesagt: „Packen Sie Ihren Stern ein.“ Erst dann dürfe er
       einchecken.
       
       Während der Musiker diese Aussage wiedergibt, hat er Tränen in den Augen.
       Zu dem Video schreibt Ofarim: „Warum haben wir denn nichts aus der
       Vergangenheit gelernt? Es ist nicht das erste mal, aber irgendwann reicht
       es.“ Das Westin Hotel wollte sich gegenüber der taz nicht zu dem Vorfall
       äußern, im Laufe des Tages werde das Hotel zu den Vorfällen Stellung
       beziehen, sagte eine Mitarbeiterin am Telefon. Gegenüber der dpa sagte ein
       Sprecher des Hotels, dass man sehr besorgt über den Bericht sei und die
       Angelegenheit extrem ernst nehme. Das Unternehmen versuche, Ofarim zu
       kontaktieren, um herauszufinden, was passiert sei.
       
       Die [1][Antidiskriminierungsstelle des Bundes] twitterte: „Das ist ein
       unfassbarer Fall von Antisemitismus und in der Tat ein Verstoß gegen das
       AGG. Eine rasche Antwort des Hotels ist überfällig. Aus unserer Sicht kann
       das nicht folgenlos bleiben“.
       
       Auch sächsische Politikerinnen und Politiker äußerten sich. Sachsens
       Innenminister Roland Wöller (CDU) hofft darauf, dass der Musiker Anzeige
       erstattet, damit man den Vorgang polizeilich untersuchen könne. „Sachsen
       ist ein weltoffenes Land“, betonte Wöller.
       
       Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) schrieb bei Twitter, es mache ihn
       wütend, was Ofarim widerfahren sei. Er spreche für die übergroße Mehrheit
       der Menschen in Sachsen, wenn er sich stellvertretend für die
       antisemitische Demütigung entschuldige. „Wir haben noch viel zu tun in
       Sachsen!“ Auch Umweltminister Wolfram Günther (Grüne) zeigte sich bei
       Twitter bestürzt. „Antisemitismus darf keinen Platz haben. Nicht offen,
       nicht verdeckt. Nicht in Sachsen, nicht in Deutschland, nirgendwo.“ Das
       Bündnis „Leipzig nimmt Platz“ kündigte für den Abend eine
       Solidaritätsversammlung vor dem Hotel an.
       
       Ofarim ist Sohn des israelischen Musikers Abi Ofarim und wuchs in München
       auf. Ofarim berichtete bereits zuvor von seinen Erfahrungen mit
       [2][Antisemitismus in Deutschland]. „Für mich war es Alltag, an mit
       Maschinengewehren ausgestatteten Polizisten in den Kindergarten zu gehen.
       Es gab Hakenkreuze auf der Schulbank und Hundekot im Briefkasten. Das tat
       sehr weh und hat mich sprachlos gemacht“, sagte Ofarim 2018 in der
       ARD-Sendung hart aber fair.
       
       Aktualisiert am 5. Oktober 2021 um 17:42 Uhr.
       
       5 Oct 2021
       
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