# taz.de -- Naturkosmetik und Anthroposophie: Weleda kommt mir nicht ins Haus
       
       > Weleda wirbt damit, der Welt Gutes zu tun. Doch wer genau hinsieht,
       > findet raus, dass Weleda weder besonders ehrlich noch menschenfreundlich
       > ist.
       
 (IMG) Bild: Eine Kindheit ohne den Geruch von Weleda ist möglich
       
       Meine Kindheit riecht nach [1][Weleda-Produkten]. Und was hab ich den
       Schlehensirup geliebt. Vielleicht auch, weil es bei uns keine Limo gab. Die
       Sonnencreme roch nach Campingurlaub am Meer. Ich glaube, es war LSF6. Die
       „grüne Creme“ gibt es heute noch unverändert und sie riecht beruhigend nach
       Umsorgtwerden.
       
       Als Studentin habe ich mich gefreut, als die Duschgels auf den Markt kamen.
       Ja, teuer. Aber ich hatte ein gutes Gefühl dabei, mein Geld
       [2][vermeintlich in eine bessere Welt] zu investieren.
       
       Einmal war ich bei der Hautärztin. Sie wies mich darauf hin, dass Calendula
       Allergien auslösen könne und ätherische Öle im Allgemeinen nicht so gut für
       die Haut seien. Ich war ungläubig. Ich dachte, sie hat bestimmt keine
       Ahnung, und ging nie wieder hin. Meine Babys schmierte ich weiterhin
       überzeugt mit Weleda-Cremes ein.
       
       Ich habe mich sogar mal bei Weleda beworben. Der „ganzheitliche Ansatz“.
       Die schönen Gärten. Das Gemeinwohl im Blick … Weleda sah schön aus und roch
       gut. What’s not to like?
       
       Inzwischen kommen mir Weleda-Produkte nicht mehr ins Haus – denn bei
       genauerer Recherche wurde es unbequem. Weleda ist eine Aktiengesellschaft.
       Und alle Erwerber_innen von stimmberechtigten Aktien müssen Mitglieder der
       [3][„Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft“] sein! Zudem spendete
       Weleda 2019 laut dem Magazin Ecoreporter zwar 2,6 Millionen Euro, davon
       gingen allerdings 2,2 Millionen an das anthroposophische Goetheanum, dessen
       Träger wiederum jene „Allgemeine Anthroposophische Gesellschaft“ ist. Mit
       jedem Weleda-Produkt, das ich kaufte, gab ich also mein Geld gleich auf
       mehreren Wegen den Anthroposophen. Und je kritischer ich die Anthroposophie
       sah, desto weniger wohl fühlte ich mich damit.
       
       Auch historisch sieht es anders aus, als ich dachte: So gab es neben dem KZ
       Dachau einen „Kräutergarten“, der vom Arbeitskommando [4][„Plantage“]
       bewirtschaftet wurde und in dem mindestens 800 Menschen ihren Tod fanden.
       Geleitet wurde er ab 1941 von den langjährigen Weleda-Gärtnern Franz
       Lippert und Erich Werner, die den Rang von SS-Schützen hatten. Die
       ehemalige Goetheanum-Gärtnerin Martha Künzel waltete als Zivilangestellte
       der SS ab 1942 als Leiterin der biologisch-dynamischen Versuchsabteilung.
       Außerdem testete der Dachauer KZ-Arzt, Massenmörder und ehemalige
       Waldorfschüler [5][Sigmund Rascher] den Weleda-Wind-und-Wetter-Balsam bei
       Unterkühlungsversuchen an KZ-Häftlingen.
       
       Weleda sagt, sie habe von den Versuchen nichts gewusst. Die benötigten
       Inhaltsstoffe, die zu Kriegszeiten schwer erhältlich waren, bekam sie
       jedoch teils direkt aus SS-Beständen. Und Weleda machte laut internen
       Kalkulationen zwischen 1933 und 1943 gute Geschäfte, durchaus auch mit SS
       und Wehrmacht. Das Umsatzvolumen stieg um 250 Prozent.
       
       Weder aktuell noch historisch war meine Annahme, dass Weleda ein besonders
       ehrliches und menschenfreundliches Unternehmen wäre, korrekt. Um meine
       langjährigen Weleda-Produkte zu ersetzen, beschäftigte ich mich nun zum
       ersten Mal ernsthaft mit Inhaltsstoffen von Kosmetika – und die Hautärztin
       damals hatte recht.
       
       Meine Creme kommt nun ohne ätherische Öle aus, meine Zahncreme ist
       fluoridiert und meine Kinder wachsen ohne den Geruch von Weleda auf. Dafür
       hatten sie noch nie einen Sonnenbrand, weil chemischer LSF50 rockt.
       
       4 Dec 2023
       
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