# taz.de -- Neue Vermögensstudie: Der Duft von Geld
       
       > Eine Statistik zeigt, dass deutsche Milliardäre wohl um 500 Milliarden
       > Euro vermögender sind als gedacht. Zeit, dass der Staat die Fakten
       > herausgibt.
       
 (IMG) Bild: Vermögen ermöglicht nicht nur Yachten, wie hier in Monaco, sondern auch Einfluss auf Politik
       
       Ups! [1][Eine Statistik des Netzwerks Steuergerechtigkeit und der
       Hans-Böckler-Stiftung] des DGB zeigt, dass deutsche Milliardäre wohl um 500
       Milliarden Euro vermögender sind als angenommen. Diese Fehleinschätzung
       basiert nicht auf dem Rechenfehler eines Pisa-Erprobten. Dass diese Summe
       der öffentlichen Wahrnehmung durch die Lappen ging, liegt daran, dass
       unsere „Reichenlisten“ bisher nicht vollständig waren. Denn mindestens 11
       Milliardäre kamen in diesen Listen, die unter anderem im Manager Magazin
       publiziert wurden, nicht vor. Unter anderem, weil sie sich erfolgreich
       rausklagten.
       
       In den vergangenen zwei Wochen gerieten Reiche auch aus anderen Gründen in
       die Schlagzeilen. Duft-Influencer und Millionär Jeremy Fragrance können
       manche nicht mehr ganz so gut riechen, seit er am Wochenende Werbung für
       Rechtsextreme auf Instagram machte. Anderen verdirbt die braune Soße den
       Erdbeergeschmack. Zumindest forderten manche den Müllermilch-Boykott,
       [2][nachdem Unternehmenschef Theo Müller Anfang Dezember gegenüber dem
       Handelsblatt Kontakte zur AfD einräumte].
       
       Beide Fälle werfen Licht auf einen Aspekt, der in der Debatte über
       Vermögensverteilung ebenso diskutiert gehört wie die Frage der sozialen
       Gerechtigkeit. Nämlich dass Vermögen Einfluss auf Politik und ihre
       Interessenträger:innen ermöglicht. Denn wer im Wahlkampf wie viel
       Geld zur Verfügung hat, ist wesentlich von Parteispenden abhängig. Zwar
       spendeten weder Fragrance noch Müller, doch wenn sie wollten, könnten sie
       das unbegrenzt. In Deutschland gibt es für Parteispenden keine Obergrenze.
       
       Von Milliardärsspendern ist wohl deswegen eher selten die Rede, weil eher
       über Umwege Finanzspritzen gegeben werden – zuletzt im Fall der AfD. Im
       Jahr 2020 musste die Partei eine halbe Million Euro Strafe zahlen, als
       unter anderem bekannt wurde, dass der Duisburger Immobilienmilliardär
       Henning Conle seine Spende an die AfD verschleiert hatte. Eine Schweizer
       Firma hatte für ihn über 100.000 Euro an die Partei überwiesen.
       
       Mitunter kommt das Geld tatsächlich aus der Schweiz. [3][Aus dem Umfeld des
       Schweizer Milliardärs Christoph Blocher], der hinter der
       rechtspopulistischen SVP steht, flossen über Umwege nicht nur Spenden an
       die AfD, sondern auch an die FPÖ und den Rassemblement National.
       
       Vermögensverhältnisse werden verschleiert 
       
       Doch nicht nur Spenden sind ein Weg für Superreiche, Politik zu machen. Bei
       den Donald Trumps dieser Welt führt der Weg direkt ins Parlament. Eine
       Studie des Fachmagazins [4][Perspectives on Politics] zeigte im Oktober,
       dass weltweit durchschnittlich 11 Prozent der Milliardäre politisch
       engagiert sind oder bereits ein Amt innehaben. Wenig überraschend meist im
       rechtskonservativen Spektrum. Wer viel Vermögen hat, macht tendenziell
       rechte Politik. Das ist nicht verwunderlich, sind es doch konservative
       Parteien, die die Vermögensverhältnisse aufrechterhalten. Und dazu gehört,
       sie zu verschleiern.
       
       Alles Mögliche müssen wir dem Staat melden – Wohnort, Alter, Geschlecht –,
       nur den Kontostand nicht. Vermögen gilt immer noch als Privatsache. Sogar
       500 Milliarden Euro. Dabei wäre das Wissen darüber, wie das Vermögen
       verteilt ist, die Grundlage für eine politische Debatte darüber.
       
       Solange der Zugriff auf dieses Wissen von der Initiative privater
       Akteur:innen abhängig ist, bleibt die politische Diskussion eine
       Scheindebatte. Um sie glaubwürdig zu führen, müsste die Politik erst Fakten
       schaffen. Das wäre gar nicht schwer. Der erste Schritt wäre eine amtliche
       Vermögensstatistik. Klingt zwar nicht so dufte wie „Fragrance“ – ist es
       aber.
       
       13 Dec 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.boeckler.de/de/pressemitteilungen-2675-deutsche-milliardenvermogen-superreiche-54381.htm
 (DIR) [2] https://www.handelsblatt.com/unternehmen/handel-konsumgueter/muellermilch-molkerei-milliardaer-mueller-bestaetigt-kontakte-zur-afd-/29535086.html
 (DIR) [3] https://jacobin.de/artikel/marsch-auf-den-grossen-kanton-caspar-shaller-svp-afd-schweiz-christoph-blocher-alexander-segert-roger-koppel-goal-ag-rechtsextremismus
 (DIR) [4] https://www.cambridge.org/core/journals/perspectives-on-politics/article/billionaire-politicians-a-global-perspective/1AD0E0C33FE43165B14DD981533E00DD
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Lara Ritter
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Vermögen
 (DIR) Studie
 (DIR) Reichtum
 (DIR) GNS
 (DIR) IG
 (DIR) Parteispenden
 (DIR) Schwerpunkt Armut
 (DIR) Inflation
 (DIR) Alternative für Deutschland (AfD)
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Großspenden an Parteien: Geldsegen für CSU, CDU und AfD
       
       Firmen, Verbände und Einzelpersonen waren wieder spendabler als 2022. Vom
       Rekordjahr 2021 ist man aber noch weit entfernt.
       
 (DIR) Studie der Böckler-Stiftung: Armut gefährdet die Demokratie
       
       In den vergangenen Jahren nahm der Abstand zwischen Arm und Reich in
       Deutschland zu, so die Böckler-Siftung. Das setze die Gesellschaft unter
       Druck.
       
 (DIR) Vermögensungleichheit in Deutschland: Hohe Kanten, tiefe Gräben
       
       Laut einer Studie der Bundesbank hatten die Deutschen im Jahr 2021 mehr
       Vermögen. Die Ungleichheit sinkt, bleibt im EU-Vergleich aber hoch.
       
 (DIR) Großspende für die AfD: AfD erbt Millionen
       
       Ein Ingenieur aus Niedersachsen hinterlässt der rechten Partei sieben
       Millionen Euro. Es ist die höchste Spende, die jemals an die Partei floss.