# taz.de -- KI und Journalismus: Grinsekater des Springer-Verlags
       
       > Christoph Keese ist Mister KI beim Axel-Springer-Verlag. Beim
       > Medienverband MVFP äußerte er sich zu seiner Vision für den Journalismus.
       
 (IMG) Bild: Christoph Keese, Geschäftsführer bei der Axel Springer hy GmbH, im Jahr 2019
       
       Bei Axel Springer haben sie zwei Exemplare einer raren Spezies. Es geht um
       Herren mittleren Alters, die allen Umständen zum Trotz stets gut gelaunt
       und optimistisch sind. Und sich immer ganz vorneweg sehen. Einer der beiden
       [1][ist natürlich Claus Strunz], der mal den Chefredakteur bei der Bild am
       Sonntag machen durfte. Als Springer ihn plötzlich in die Provinz zum
       Hamburger Abendblatt schickte, war Strunz offiziell voll dankbar für den
       Move. Und erklärte prompt das Abendblatt zur drittwichtigsten Zeitung
       Deutschlands.
       
       Strunz schwatzte sich auch den nächsten Job als „Bewegtbildvorstand“ im
       Konzern schön. Und das, obwohl Springer damals noch so gut wie kein
       Bewegtbild hatte. Das kam später so richtig [2][mit Julian Reichelt und
       Bild TV], für das Strunz dann offiziell verantwortlich war. Bloß dass das
       mit Reichelt ja schnell vorbeiging und mit der alten Bild-Chefredaktion
       auch Claus Strunz entsorgt wurde. „Über mögliche künftige Aufgaben im Hause
       Axel Springer“ für ihn werde „zu einem späteren Zeitpunkt“ informiert, wie
       es im März 2023 in der offiziellen „Und raus bist Du!“-Pressemeldung hieß.
       Falls wir nix übersehen haben, wartet Strunz noch immer auf den Zeitpunkt.
       Bestens gelaunt, versteht sich.
       
       Der absolute Spitzenreiter in Sachen Grinsekater ist aktuell aber Christoph
       Keese. Der lenkt mittlerweile Springers Consulting-Gesellschaft Hy. Sie
       berät Unternehmen laut Website beispielsweise beim „Aufbau eines
       Matratzenrecycling-Ventures“ oder bei der „Implementierung eines digitalen
       B2B-Marktplatzes für Malerbedarf“. In Wirklichkeit ist Keese aber natürlich
       Mister KI und weiter Journalist, wie er Anfang der Woche beim Medienverband
       MVFP klarmachte.
       
       ## Bisschen Werbespruch
       
       „KI ist eine Kreativrevolution, und es sind die Kreativen, die sie
       gewinnen!“ Schließlich habe auch Netflix kein neues Geschäftsmodell
       entwickelt, „sondern das Erzählen neu erfunden“, sagt Keese. „Und zieht
       sich nun wie eine Schnecke zurück und ist völlig aus der Puste“, sagt die
       Mitbewohnerin.
       
       Und weil laut Keese „das Verfassen redaktioneller Beiträge ja ohnehin nie
       die größte Stärke des Journalismus“ war, kann das jetzt bitte schön die KI
       übernehmen. Ernsthaft? Und Journalist*innen und die Verlage müssten
       dann halt „liefern, was kein Bot liefern kann“. Allerdings weiß auch ein
       Keese, dass aktuell gar nicht so feststeht, was nur Menschen können. „Nur
       wer experimentiert, bleibt bestehen“, lautet daher seine „These 9“ an
       diesem Tag.
       
       Was ein bisschen nach Werbespruch für hy klingt. Immerhin hat Kesse auch
       für den eigenen Laden eine Botschaft. KI ist nämlich disruptiv und stellt
       alle bisherigen Regeln für Plattformen oder Werbefinanzierung in Frage.
       „Und damit auch die Geschäftsmodelle digital transformierter Verlage“, sagt
       Kesse in Richtung seines eigenen ach so digitalen Medienhauses Axel
       Springer. Bestens gelaunt, versteht sich.
       
       12 Jan 2024
       
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 (DIR) Steffen Grimberg
       
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