# taz.de -- Mit Steuergeldern gegen Fake News?: Transparenz für alle
       
       > Die öffentlich-rechtliche Kampagne „Jahr der Nachricht 2024“ will für
       > Falschinformationen sensibilisieren. Gegenwind kommt von rechts.
       
 (IMG) Bild: Nachrichtenkompetenz gegen Desinformation, Deep Fakes und Co
       
       „Vertraue Medien, die stimmen, statt Stimmung machen“, steht auf der
       Website von [1][UseTheNews]. Unter diesem Motto rief die gemeinsam von
       Deutscher Presse-Agentur (dpa) und der Hamburger Behörde für Kultur und
       Medien gegründete GmbH 2024 zum „Jahr der Nachricht“ aus. Damit soll auf
       steigende Desinformation aufmerksam gemacht werden.
       
       Die Allianz für Nachrichtenkompetenz wurde 2021 initiiert und soll heuer,
       passend zum 75. Geburtstag des Grundgesetzes und somit zu Artikel 5 der
       Meinungs- und Pressefreiheit, Informations- und Bildungsprojekte für junge
       Menschen entwickeln. Als Medienpartner dabei sind unter anderem Correctiv,
       ARD, ZDF und RTL sowie Unis und Schulen.
       
       Seit Mitte Februar gibt es etwa das Format [2][„Social News Daily“] „das
       14- bis 24-Jährige in ihrer Lebenswirklichkeit erreichen soll“, sagte Jens
       Petersen, Leiter der dpa-Konzernkommunikation, der taz. Dafür produziere
       ein junges Team gemeinsam mit Medienpartnern lebensnahe Inhalte, etwa zum
       „Krieg in der Ukraine“ oder „Selbstdiagnose von ADHS auf Social Media“. Bei
       der Themenauswahl stütze sich das Angebot auf neueste Studienergebnisse des
       Leibniz-Instituts zur Mediennutzung von jungen Menschen.
       
       Bei einem rechtspopulistischen Medium ist die Aufregung über die Kampagne,
       die gegen Desinformationen vorgehen möchte, allerdings groß: Julian
       Reichelt – ehemaliger Bild-Chefredakteur, heute Chef des
       rechtspopulistischen Portals Nius – wetterte auf der Plattform X über die
       Kampagne. „Die Deutsche Presseagentur, die nahezu alle Medien des Landes
       mit Nachrichten beliefert, lässt sich jetzt von Nancy Faeser und dem
       Innenministerium bezahlen, um gegen ‚Desinformation‘ zu kämpfen“,
       behauptete Reichelt am vergangenen Sonntag.
       
       ## Initiative macht sich angreifbar
       
       Auf eine Anfrage der taz, ob dem Portal Belege für die Finanzierung
       vorlägen, antwortete Nius vor Redaktionsschluss nicht. Nius hatte zuvor
       einen Beitrag veröffentlicht, in dem behauptet wird, das ARD- und
       ZDF-Format „[3][Datteltäter]“ werde aus Steuergeldern finanziert. Die
       „Datteltäter Academy“ befindet sich tatsächlich unter den mehr als 700
       Projekten, die unter dem Motto „Demokratie leben“ vom BMI deutschlandweit
       gefördert werden.
       
       „Vorwürfe wie diese zielen aus unserer Sicht ins Leere“, wies Petersen von
       der dpa die Vorwürfe gegen UseTheNews in einer Stellungnahme an die taz
       zurück. Richtig sei, dass das Projekt durch eine Public-private-Partnership
       finanziert werde, also gemeinsam durch Medienhäuser, Stiftungen, Verbände
       und staatliche Stellen. Nur so funktioniere die gesamtgesellschaftliche
       Stärkung der Medien- und Nachrichtenkompetenz. Zu der Höhe der jeweiligen
       Zuwendungen sowie zu dem Vorwurf von Nius, konkret das BMI finanziere
       UseTheNews, wollte sich die dpa allerdings nicht äußern.
       
       Die angebliche staatliche Einflussnahme auf Medien ist kein zufällig
       ausgewähltes Thema von Nius. Rechtspopulistische Internetportale
       funktionieren mit Nachrichten, bei denen das vermutete Empörungspotenzial
       in der Bevölkerung besonders hoch ist. „Jede Redaktion, die für DPA
       bezahlt, sollte sich dagegen verwehren, dass DPA Geld vom Innenministerium
       und der Bundeszentrale für politische Bildung annimmt. Denn DAS gefährdet
       die Unabhängigkeit von Journalismus“, schrieb Reichelt in seinem Post.
       
       „Die Inhalte von „Social News Daily“ werden unabhängig von den Förderern
       erstellt und produziert. Die UseTheNews GmbH handelt vollkommen
       eigenständig“, weist Petersen den Vorwurf der inhaltlichen Einflussnahme
       zurück. Wenn sich Julian Reichelt Sorgen um die Unabhängigkeit von Medien
       macht, müsste er auch über [4][den Geldgeber für sein Nachrichtenportal
       Nius] sprechen. Der Milliardär Frank Gotthard sitzt als Ehrenmitglied im
       Bundesvorstand der CDU. Er glaube, „dass unsere Medienlandschaft eine
       Ergänzung im konservativen Bereich“ brauche, sagte Gotthard selbst über
       seine Beweggründe für die Förderung von Nius in dem Regionalpodcast „Rund
       um’s Eck“. Reichelt müsste auch darüber berichten, dass Gotthard 2010 die
       Eishockey-Mannschaft „Kölner Haie“ gekauft hat, die er [5][durch seinen
       finanziellen Boost davor bewahrt, in den Amateursport abzurutschen.]
       
       Trotzdem – fehlende Transparenz bei der Förderung des Jahrs der Nachricht
       tut der Initiative nicht gut. Sie macht sich so angreifbarer für Kritik,
       gegen die sie eigentlich kämpfen wollte.
       
       13 Mar 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.usethenews.de/de
 (DIR) [2] https://www.usethenews.de/de/social-news-daily
 (DIR) [3] https://www.funk.net/channel/datteltaeter-814
 (DIR) [4] /Finanzierung-rechter-Privatmedien/!5990217
 (DIR) [5] /Umstrittener-Investor-im-Eishockey/!5994744
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ann-Kathrin Leclere
       
       ## TAGS
       
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