# taz.de -- Ungleichheit vorm Weltwirtschaftsgipfel: Die Profiteure der Krisenjahre
       
       > Trotz Krisen und Inflation werden die reichsten fünf Männer noch reicher.
       > Sie haben ihr Vermögen seit 2020 mehr als verdoppelt, zeigt der
       > Oxfam-Bericht.
       
 (IMG) Bild: Luxuslabel Dolce & Gabana präsentiert seine Herbst/Winter Mode. Mit dabei: Supermilliardär Jeff Bezos
       
       DAVOS taz | Den zunehmenden Abstand zwischen Arm und Reich auf der Welt
       beklagt die [1][Entwicklungsorganisation Oxfam]. Die fünf reichsten Männer
       des Globus hätten ihr Vermögen seit 2020 verdoppelt, während 60 Prozent der
       Weltbevölkerung ärmer geworden seien. Zur Abhilfe fordert Oxfam höhere
       Steuern beispielsweise für große Vermögen.
       
       Die Angaben entstammen [2][dem neuen Bericht über globale Ungleichheit],
       den die Organisation [3][jedes Jahr anlässlich des Weltwirtschaftsforums
       von Davos] veröffentlicht. Der traditionelle Wirtschafts- und Politikgipfel
       beginnt am Montag in dem Schweizer Bergort. Oxfam macht die dort
       versammelten Manager und Politiker mitverantwortlich, dass Gewinne,
       Einkommen und Vermögen ungerecht verteilt würden.
       
       Nach Berechnungen der Entwicklungsorganisation „haben die fünf reichsten
       Männer der Welt ihr Vermögen seit 2020 von 405 Milliarden US-Dollar“ (etwa
       360 Milliarden Euro) „auf 869 Milliarden US-Dollar“ (etwa 800 Milliarden
       Euro) „mehr als verdoppelt“. Das betrifft den Besitz von Elon Musk (Tesla),
       Bernard Arnault (LVMH), Jeff Bezos (Amazon), Larry Ellison (Oracle), Warren
       Buffet (Berkshire Hathaway). In Deutschland hat das Vermögen der fünf
       Reichsten sogar um drei Viertel zugenommen.
       
       „Alle Milliardäre zusammen sind heute um 3,3 Billionen US-Dollar (34
       Prozent) reicher als 2020“, erklärten die Kritiker am Sonntag, das
       entspricht etwa 3.000 Milliarden Euro. Auch die größten Unternehmen der
       Welt hätten ihre Gewinne zuletzt deutlich stärker gesteigert als früher –
       ein Ergebnis unter anderem von Preisanhebungen im Zuge der Inflation. Die
       Daten hat Oxfam der Milliardärsliste des Wirtschaftsmagazins Forbes
       entnommen und sie inflationsbereinigt.
       
       ## Arme verlieren
       
       Im Vergleich dazu hätten „fast fünf Milliarden Menschen, die ärmeren 60
       Prozent der Menschheit, seit 2020 zusammen etwa 20 Milliarden US-Dollar
       Vermögen verloren“ (18 Milliarden Euro), beklagt Oxfam. Das sind allerdings
       nur 0,2 Prozent Verlust, wie die Organisation selbst einräumt. Das
       aggregierte Vermögen der 60 Prozent ist also mehr oder weniger gleich
       geblieben. Diese Angaben beruhen unter anderem auf Vermögensstatistiken der
       Banken UBS und Credit Swiss. Auch sie wurden inflationsbereinigt.
       
       Dass hohe Vermögen stärker steigen als niedrige, ist kein Wunder, denn
       Erste beruhen häufig auf der Zunahme von Aktien- und Immobilienwerten, die
       großen Schwankungen unterworfen sein können. Im Falle von Krisen nehmen
       diese auch deutlich ab. Die Vermögen der Reichen sagen isoliert betrachtet
       nichts darüber aus, wie sich die soziale und ökonomische Lage der Mehrheit
       entwickelt. Bleibt diese gleich, kann man das auch als gute Nachricht
       werten.
       
       ## Anstieg während der Pandemie
       
       Derartige Vergleiche hängen immer vom Blickwinkel ab. Daten der Weltbank
       zeigen, dass der Anteil der sehr armen Menschen an der Weltbevölkerung seit
       dem Jahr 1990 erheblich gesunken ist, wobei während der Coronapandemie
       wieder ein gewisser Anstieg beobachtet wurde.
       
       Die Europäische Zentralbank teilte kürzlich mit, dass das Nettovermögen der
       Privathaushalte im Eurogebiet während der vergangenen fünf Jahre
       durchschnittlich um 29 Prozent gewachsen sei. Ein Grund: 60 Prozent der
       Bevölkerung profitierten von steigenden Immobilienwerten. Die Ungleichheit
       habe deshalb geringfügig abgenommen, so die EZB.
       
       ## Oxfam fordert höhere Besteuerung von Vermögen
       
       „Die zunehmende soziale Ungleichheit stellt Gesellschaften vor immer
       größere Zerreißproben. Sie untergräbt die Demokratie und trägt maßgeblich
       dazu bei, dass die Klimakrise sich zu einer Katastrophe ausweitet“, sagte
       Serap Altinisik, geschäftsführende Vorstandsvorsitzende von Oxfam
       Deutschland. „Wir brauchen eine Besteuerung hoher Vermögen, damit auch die
       Superreichen ihren gerechten Beitrag zum Gemeinwohl leisten.“
       
       Die Organisation macht den Vorschlag, dass Vermögen von über 5 Millionen
       US-Dollar (etwa 4,5 Millionen Euro) mit 2 Prozent Steuer belegt werden. Ein
       Steuersatz von 3 Prozent soll ab 50 Millionen US-Dollar (45 Millionen Euro)
       gelten und 5 Prozent ab 1 Milliarde US-Dollar (900 Millionen Euro). In
       Deutschland würde das stattliche Mehreinnahmen von etwa 85 Milliarden Euro
       jährlich erbringen, die allerdings nur von 200.000 Bürgerinnen und Bürgern
       (0,24 Prozent der Bevölkerung) zu tragen seien. Die zusätzlichen Mittel
       sollten zum Beispiel in Bildung, Klimaschutz, Gesundheit und soziale
       Sicherheit investiert werden, fordert Oxfam.
       
       ## Globale Mindeststeuer für große Unternehmen
       
       In Deutschland wird die [4][Vermögensteuer] seit 1997 nicht mehr erhoben.
       Eine Regierungsmehrheit für ihre Wiedereinführung ist nicht in Sicht.
       Weltweit existieren nur schwache Ansätze einer koordinierten,
       internationalen Steuererhebung. Viele Regierungen betrachten das als
       ausschließlich nationale Kompetenz.
       
       Immerhin wird ab diesem Jahr eine globale Mindeststeuer auf die Gewinne
       großer Unternehmen in Höhe von 15 Prozent eingeführt. 140 Staaten
       unterstützen diese Regelung.
       
       15 Jan 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.oxfam.de/
 (DIR) [2] https://www.oxfam.de/ueber-uns/publikationen/bericht-soziale-ungleichheit-2024
 (DIR) [3] /Weltwirtschaftsforum-in-Davos/!5906137
 (DIR) [4] /Vermoegenssteuer/!t5025568
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Hannes Koch
       
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