# taz.de -- Ausblick auf die Berlinale: Viel Dialog, wenige Stars
       
       > Auch für die 74. Berlinale wird der Krieg in Nahost ein beherrschendes
       > Thema werden. Im Wettbewerb gehen 20 Filme ins Rennen für den Goldenen
       > Bären.
       
 (IMG) Bild: Mariette Rissenbeek und Carlo Chatrian stellen der Presse ihre „letzte“ Berlinale vor
       
       Für ihre letzte Ausgabe der Berlinale wirkte das scheidende Leitungsduo,
       Mariëtte Rissenbeek und Carlo Chatrian, am Montag im Berliner Haus der
       Kulturen der Welt ziemlich gelassen. [1][So ganz freiwillig hatte sich der
       künstlerische Leiter Chatrian zwar nicht entschieden, aus dem Filmfestival
       auszusteigen], doch jetzt dominierte der Stolz auf das in den fünf Jahren
       der Laufzeit ihrer Verträge Erreichte.
       
       Auch auf das Programm des kommenden Wettbewerbs sei er stolz, so Chatrian,
       in dem Filme aus Deutschland ebenso häufig vertreten sein werden wie Filme
       aus Afrika, je dreimal. Ein gutes Viertel mithin, insgesamt 20 Filme gehen
       ins Rennen für den Goldenen Bären.
       
       Als bekanntester Name ist darunter der französische Regisseur Olivier
       Assayas mit dem Spielfilm „Hors du temps“, ein weiterer bekannter Kollege,
       ebenfalls aus Frankreich, ist der eigenwillige Bruno Dumont, der mit
       „L’empire“ eine Komödie beisteuert. Für deutsche Zuschauer zumindest gehört
       Andreas Dresen zu den vertrauten Kandidaten, sein „In Liebe, Eure Hilde“
       erzählt vom Schicksal von Hilde Coppi, die sich zur NS-Zeit der
       Widerstandsgruppe „Rote Kapelle“ anschloss.
       
       Der übrige Wettbewerb wird weniger von Stars bestimmt, sondern spricht eher
       ein cineastisch bewandertes Publikum an. So ist auch dieses Jahr der große
       [2][südkoreanische Regisseur Hong Sangsoo zu Besuch], zum zweiten Mal mit
       Isabelle Huppert als Hauptdarstellerin, und zehn Jahre nach seinem großen
       Erfolg „Timbuktu“ gibt es mit „Black Tea“ Neues vom mauretanischen
       Regisseur Abderrahmane Sissako.
       
       Themen der Dokumentarfilme 
       
       An [3][Dokumentarfilmern wäre Victor Kossakovsky] zu nennen, der sich in
       „Architecton“ dem Zement als Baustoff widmet, und die [4][Regisseurin Mati
       Diop], die sich in „Dahomey“ mit der [5][Rückgabe der Schätze des
       Königreichs Dahomey an Benin] beschäftigt.
       
       Andere Ankündigungen machen allemal neugierig, etwa „Shambala“, mit dem die
       Berlinale zum ersten Mal einen nepalesischen Film in den Wettbewerb
       eingeladen hat, oder der dominikanische Film „Pepe“ von Nelson Carlo De Los
       Santos Arias, in dem ein totes Nilpferd der Protagonist ist.
       
       Dass die Berlinale schon längst auch im Zeichen des Nahostkonflikts steht,
       wurde auf der Pressekonferenz gleichfalls deutlich. So gaben Rissenbeek und
       Chatrian zu Beginn der Konferenz zunächst eine Erklärung zum
       Selbstverständnis des Festivals ab. Sie bezeichneten Filmfestivals im
       Allgemeinen als „Orte der Begegnung und des Austauschs“, die „einen
       wichtigen Beitrag zur internationalen Verständigung“ leisten, und wollten
       die Berlinale im Besonderen als Plattform für friedlichen Dialog verstanden
       wissen.
       
       Verständnis in alle Richtungen 
       
       So wird es eigens für den Nahostkonflikt ein „Tiny House“ geben, das, von
       einem israelisch-palästinensischen Team betrieben, Raum für Dialog über
       den Krieg in Gaza geben soll. Insgesamt warben Rissenbeek und Chatrian in
       alle Richtungen für Verständnis, sagten, dass ihr „Mitgefühl allen Opfern
       der humanitären Krisen in Nahost und darüber hinaus“ gelte, und zeigten
       sich besorgt über den sich ausbreitenden Antisemitismus und antimuslimische
       Ressentiments.
       
       Vom Boykottaufruf „Strike Germany“, der sich gegen kulturelle
       Veranstaltungen in Deutschland richtet, scheint das Festival dabei
       weitgehend verschont geblieben zu sein. Auf Nachfrage räumte Chatrian ein,
       dass ihm lediglich zwei Fälle aus der künstlerisch sehr freien Sektion
       „Forum Expanded“ bekannt seien, in denen Filmemacher ihre Beiträge
       zurückgezogen hätten oder überlegt hätten, das zu tun. Bei insgesamt 233
       Filmen eine eigentlich beruhigende Quote.
       
       22 Jan 2024
       
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