# taz.de -- Kampf gegen Drogenhandel: Alle Macht den Drogenfahndern?
       
       > Die deutsche Polizei soll im Kampf gegen Kartelle mit ihren Kollegen in
       > Südamerika zusammenarbeiten, hat Faeser vereinbart. Die Grünen haben
       > Bedenken.
       
 (IMG) Bild: Nancy Faeser traf in Peru auch die umstrittene Präsidentin Dina Boluarte
       
       BERLIN taz | Sieben Tage war Nancy Faeser in Südamerika unterwegs, im
       Zeichen des Kampfs gegen den internationalen Drogenhandel. Die
       Bundesinnenministerin vereinbarte hierzu polizeiliche Kooperationen mit
       Brasilien, Peru, Ecuador und Kolumbien. Sie habe „zahlreiche wichtige
       Vereinbarungen“ mit den Ländern vereinbart, bilanzierte Faeser am Sonntag.
       „Wir wollen den Kampf gegen die Drogenkartelle gemeinsam führen.“
       
       Doch in der Ampel sind nicht alle begeistert über die Reise der
       Innenministerin. Denn einige der besuchten Länder entfernen sich derzeit
       rasant von der Demokratie. In Peru regiert mit Dina Boluarte eine
       Übergangspräsidentin, unter der [1][indigene Proteste blutig
       niedergeschlagen] wurden, das Land befindet sich in der Dauerkrise. In
       Ecuador überziehen [2][kriminelle Banden das Land mit Gewalt]. Auch Faeser
       verzichtete bei ihrer Reise dort aus Sicherheitsgründen auf eine
       Übernachtung.
       
       Bei den mitregierenden Grünen sind daher die Bedenken groß, ob die
       vereinbarten Polizeikooperationen menschenrechtskonform umgesetzt werden
       können. „Endlich steht das Thema Organisierte Kriminalität als
       transnationale Herausforderung ganz oben auf der Agenda der
       Innenministerin“, sagte zwar der Grünen-Abgeordnete Max Lucks der taz. „Und
       das nicht nur im Kontext sogenannter Clankriminalität oder Abschiebungen.“
       Es sei gut, dass mit lateinamerikanischen Regierungen überlegt werde, wie
       man gegen die „mafiös organisierte Kokainschwemme“ in Deutschland vorgehen
       könne. Allerdings, so Lucks: „Wie die geplanten Polizeikooperationen mit
       Peru und Ecuador menschenrechtskonform ausgestaltet werden sollen, ist zu
       diesem Zeitpunkt unklar.“
       
       ## Systematische Polizeigewalt
       
       Lucks verweist darauf, dass er als außenpolitischer Berichterstatter im
       vergangenen Sommer in Peru und Kolumbien gewesen sei und die Lage vor Ort
       kenne. So habe Peru einen „überwiegend rechtsextremen“ Kongress und mit
       Dina Boluarte eine autoritär herrschende Übergangspräsidentin. Diese sei
       für „systematische Polizeigewalt“ gegen friedlich demonstrierende Indigene
       verantwortlich, kritisiert Lucks. 47 Menschen seien seit Boluartes
       Amtsantritt gestorben, was bisher nicht aufgearbeitet werde. Die
       Bevölkerung fordere Neuwahlen.
       
       Auch Ecuador sei ein „Krisenstaat“, in dem staatliche Institutionen „mafiös
       durchdrungen“ seien, warnt Lucks. Seine Forderung: „Ich erwarte deshalb von
       unserer Regierung verbindliche Menschenrechtsklauseln und
       Screening-Mechanismen, maximale Transparenz und einen regelmäßigen
       Austausch mit der kritischen Zivilgesellschaft vor Ort.“ Eine umfassende
       Strategie zur Bekämpfung von Organisierter Drogenkriminalität dürfe das
       Augenmerk nicht nur auf die Sicherheitsbehörden legen.
       
       Stattdessen sollte Deutschland stärker an der Austrocknung der Finanzströme
       der kriminellen Gruppen arbeiten, so Lucks. Und in der Region müsse der
       Kampf gegen Straflosigkeit unterstützt werden sowie die Entkriminalisierung
       der Kleinbäuer*innen und Good Governance, also demokratische
       Regierungspolitik. „Aufrüstung allein ist keine Lösung.“
       
       ## „Unfassbare Gewaltspirale“
       
       Faeser hatte bei ihren Besuchen in Brasilien, Peru, Ecuador und Kolumbien
       mit allen Ländern eine engere polizeiliche Zusammenarbeit vereinbart, um
       den Drogenhandel und die Organisierte Kriminalität stärker zu bekämpfen.
       Die Sozialdemokratin warnte, dass die Milliardengeschäfte der
       Drogenkartelle zu einer „unfassbaren Gewaltspirale“ führten, die man in
       Teilen auch bereits in Europa sehen könnte.
       
       Das Bundeskriminalamt soll in den Ländern nun gemeinsame Ermittlungen gegen
       Drogenkriminalität durchführen, in sogenannten Joint Investigation Teams.
       Auch soll es an der Aus- und Fortbildung örtlicher Ermittlungsbehörden
       beteiligt werden. In Ecuador wird erstmals ein BKA-Verbindungsbeamter
       stationiert. In Kolumbien sollen auch Präventionsprojekte aufgelegt werden.
       Ziel sei es, Hinterleute, Finanzstrukturen und Hinweise auf mögliche
       Drogenlieferungen so früh wie möglich aufzudecken, erklärte Faeser.
       
       ## Kokainhandel steigt rapide an
       
       Vor allem der Kokainhandel ist zuletzt in Deutschland gestiegen. 35 Tonnen
       Kokain wurden im vergangenen Jahr hierzulande beschlagnahmt – ein Jahr
       zuvor waren es 20 Tonnen. Die Drogeneinfuhr soll vor allem über den
       Hamburger Hafen laufen. Europäische Hauptdrehkreuze bleiben Rotterdam und
       Antwerpen. In den Niederlanden wurden im vergangenen Jahr 59 Tonnen Kokain
       beschlagnahmt, in Antwerpen 116 Tonnen.
       
       Faeser will auch in deutschen Häfen stärker gegen Drogeneinfuhren vorgehen.
       Zum 7. Mai lädt sie neben Belgien und den Niederlanden auch Frankreich,
       Italien und Spanien zu einem Treffen in den Hamburger Hafen ein, um dort
       gemeinsame Bekämpfungskonzepte zu besprechen.
       
       4 Mar 2024
       
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