# taz.de -- Toxische Männlichkeit: Polizeigewerkschaft im Glashaus
       
       > Die Hamburger Gewerkschaft der Polizei sagt, Gewalt habe mit dem
       > Geschlecht der Täter zu tun. Verstanden hat sie „toxische Männlichkeit“
       > aber nicht.
       
 (IMG) Bild: Auch das „Manspreading“ gilt als Symptom „toxischer Männlichkeit“
       
       Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) Hamburg hat ein dickes Lob verdient. Auf
       den ersten Blick. In einer Pressemitteilung zu Jugendgewalt bringt sie
       diese nicht in Zusammenhang mit der [1][vermuteten Ethnie der
       Täter:innen], wie es sonst oft der Fall ist. Sondern mit deren
       Geschlecht.
       
       Denn in diesem Punkt ist die Statistik – anders als zum sogenannten
       Migrationshintergrund – eindeutig: Es sind keine Täter:innen, sondern Täter
       und so kommt die Gewerkschaft zu dem Schluss, „ein toxisches
       Männlichkeitsbild junger Heranwachsender“ sei verantwortlich für deren
       Gewaltbereitschaft. Damit schließt sie alle Gewalttäter ein,
       Rechtsextremisten, die sich zur überlegenen deutschen „Rasse“ zählen sowie
       Linksextremisten, die Polizist:innen angreifen, einfach weil sie
       Uniform tragen.
       
       Selbst junge Frauen fallen darunter, denn toxische Männlichkeit ist nicht
       an Körpermerkmale oder Chromosomensätze geknüpft, sondern an ein Verhalten.
       „In Teilen jugendlicher Subkultur wird Gewalt permanent thematisiert und
       als Ausdruck wirklicher Männlichkeit propagiert“, heißt es in der
       Pressemitteilung, „diese Gewalt wird als notwendig gerechtfertigt und als
       Beweis besonderer Männlichkeit heroisiert“. Hier müsse „eine deutliche
       gesellschaftliche Reaktion und Ächtung erfolgen“.
       
       Aber so begrüßenswert es ist, dass die Gewerkschaft die Gender-Frage
       stellt: So ganz verstanden hat sie nicht, was mit toxischer Männlichkeit
       gemeint ist. Denn die beginnt nach den geläufigen Definitionen nicht mit
       physischen Attacken auf Mitmenschen oder Gegenstände, sondern sehr viel
       früher, immer dort, [2][wo das Recht des Stärkeren gilt], wo Gefühle
       abgewertet werden, wo „Männlichkeit“ mit Härte und Aggression gleichgesetzt
       wird.
       
       ## Früher „männlich“, heute „toxisch“
       
       Als Beispiel wird oft genannt: [3][das sogenannte Mansplaining], wenn
       jemand anderen die Welt erklärt, ohne dass sie darum gebeten haben. „Eine
       bevormundende, herablassende Erklärung, die normalerweise von einem Mann
       gegeben wird und die die Erfahrung sowie das Wissen von Frauen ignoriert“,
       heißt es beispielsweise [4][auf der Homepage der Krankenkasse AOK].
       
       Jeder und jede möge in sich gehen, wie alltäglich dieses Verhalten zu
       beobachten ist. Vermutlich eher häufiger als seltener, denn das, was heute
       „toxisch“ genannt wird, ging bis vor Kurzem in weiten Teilen der
       Gesellschaft noch als Inbegriff von „Männlichkeit“ durch.
       
       Und selbst wenn sich das langsam wandelt, gibt es immer noch genug
       Strukturen, die es schwer machen, neue Werte zu entwickeln. Zum Beispiel
       hierarchische Organisationsformen – wie in der Polizei. Wenn deren
       Angehörige also ein gesellschaftliches Umdenken fordern, dann muss sie mit
       der Bekämpfung toxischer Männlichkeit bei sich selbst anfangen.
       
       Sonst sieht es danach aus, als gehe es doch wieder nur um die, die als
       „anders“ markiert werden. Junge Männer, deren Eltern oder Großeltern aus
       einem muslimisch geprägten Land stammen und deshalb im Generalverdacht
       stehen, potenzielle Gewalttäter zu sein.
       
       23 Mar 2024
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Eiken Bruhn
       
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