# taz.de -- Videospiel-Serie „Fallout“ bei Amazon: Leider mehr Moral
       
       > Gewalt und vorhersehbare Charaktere: Die Serie „Fallout“ handelt von
       > einer düsteren Welt nach dem Atomkrieg. Der Spielvorlage wird sie selten
       > gerecht.
       
 (IMG) Bild: Walton Goggins in „Fallout“
       
       Was bleibt nach dem [1][Atomkrieg]? Was bleibt, wenn sich die Nationen der
       Welt doch dazu entscheiden, den roten Knopf zu drücken? Wenn die Diplomatie
       keinen Dialog mehr bringt und sich die Pilzwolken am Horizont bilden?
       
       In [2][der Serie] „Fallout“ erhellen die Atomwolken gleich zu Beginn den
       Horizont, bevor sie die Welt verdunkeln. Die Menschen flüchten sich in
       „Vaults“, unterirdische Schutzbunker, in denen sie ihre eigene Gesellschaft
       aufbauen. Lucy (Ella Purnell) kennt nichts anders als die blau-gelben
       Overalls von ihrem Vault 33 und das alltägliche Leben mit aufgemaltem
       Himmel und künstlichen Wiesen.
       
       Sie ist Teil eines Kollektivs, dessen oberstes Ziel die Selbsterhaltung ist
       und die Wiederbevölkerung der Erde. Auch deswegen muss jeder einen Nutzen
       für die Gesellschaft haben. Lucy soll sich zum Wohl der Menschheit
       fortpflanzen. Die Fassade eines Alltags wird so lange aufrechterhalten, bis
       ihr Vater aus dem Vault entführt wird und sie ihn auf eigene Faust finden
       muss. Zum ersten Mal in ihrem Leben und 219 Jahre nach dem Atomkrieg sieht
       sie die Oberwelt. Oder vielmehr das Wasteland, das noch übrig ist.
       
       Neben Lucy folgt „Fallout“ außerdem dem Schwarzen Maximus (Aaron Moten),
       der an der Oberfläche aufwuchs und einen Traum hegt. Er will der Stählernen
       Bruderschaft beitreten, einer Kreuzung aus US-Army und Soldat:innen in
       überdimensionalen silbernen Rüstungen mit enormer Feuerkraft.
       
       Trotz – oder gerade wegen – der Atombomben hat mit der Bruderschaft auch
       der Militarismus überlebt. Für die Menschen in Rüstungen ist er zur
       Religion geworden. Sie glauben an Stärke, Härte, Waffen und Hierarchie,
       brandmarken neue Rekrut:innen und halten sakrale Riten ab.
       
       ## Das Spiel hat den Vorteil, interaktiv zu sein
       
       Der Stählernen Bruderschaft ist jedes Mittel recht, um zu retten, was es
       noch von der Welt gibt. Der Machiavellismus scheint selbst nach dem
       Atomschlag unauslöschbar. Doch Maximus merkt schnell, dass die Bruderschaft
       nicht seinen Vorstellungen entspricht und spaltet sich ab. Auch er zieht
       durch das zerrüttete Wasteland, trifft auf verrückte Charaktere,
       schließlich auf Lucy.
       
       Die Serie basiert auf der gleichnamigen [3][Videospielreihe], die
       Kultstatus hat. Seit 1997 sind sechs Hauptspiele und mehrere Ableger
       erschienen. Besonders „Fallout 3“ von 2008 und „Fallout: New Vegas“ von
       2010 gelten als Meilensteine.
       
       Die Amazon-Serie fängt die Atmosphäre glaubwürdig ein. Trotz ihrer
       Qualitäten kann sie aber nicht an das Spiel heranreichen. Das liegt auch
       daran, dass es durch die interaktive Erzählung einen Vorteil hat. Die
       Spielenden können die feindliche Welt in ihrem Tempo entdecken. Wenn man
       mitten im Nichts ein Skelett mit einer Waffe und einem Abschiedsbrief
       findet, erzählt das eine eigene Geschichte. In den Spielen verschwinden
       auch moralische Grenzen schnell.
       
       Dort kann man sich faschistischen oder demokratischen Gruppen anschließen,
       Konflikte diplomatisch oder mit dem Schießeisen lösen. Solche Spannungen
       kann die Serie nicht darstellen. Stattdessen folgt das Publikum
       Charakteren, die oft vorhersehbar agieren.
       
       Sieht man von den mittelmäßigen Spezialeffekten ab, bleibt eine kurzweilige
       Serie, die sich am Spiel orientiert, aber nicht dessen Tiefe bietet.
       
       14 Apr 2024
       
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