# taz.de -- Reisen in der Klimakrise: Länger Urlauben hilft dem Klima
       
       > Passen sich Urlaubsreisende der Klimakrise an? Nein, nicht nachhaltig,
       > zeigt die Forschung. Helfen könnten weniger Kurztrips.
       
 (IMG) Bild: Ein langer Trip ist nachhaltiger als viele kurze
       
       BERLIN taz | Trotz [1][Klimakrise] und Inflation wird immer mehr gereist,
       zeigt erneut die diesjährige Reiseanalyse der Forschungsgemeinschaft Urlaub
       und Reisen. Obwohl Tourist*innen nachhaltig sein wollen, passen sie sich
       einfach nicht an.
       
       Das sei durchaus erklärbar, sagt Projektleiterin Friedericke Kuhn der taz.
       Krisen, ob wirtschaftlich oder anders geartet, könnten die Reisefreude kaum
       beeinflussen. „Der Tourismus ist sehr resilient, was Krisen angeht“, so die
       Tourismusforscherin. Selbst in schweren finanziellen Situationen fänden
       Menschen meist Möglichkeiten, zu reisen. Eine groß angelegte Befragung
       zeige nämlich: Urlaubsreisen werden als Grundbedürfnis wahrgenommen. Als
       Konsumgut ordnen Befragte sie regelmäßig zwar knapp unter Lebensmitteln
       ein, aber noch vor dem Wohnraum.
       
       Das erkläre auch die Zunahme an Reisen trotz steigenden Preisen. Obwohl
       nämlich fast ein Drittel der Deutschen eine Verschlechterung der
       persönlichen finanziellen Situation erwartet und fast doppelt so viele
       glauben, dass es im laufenden Jahr mit der Gesamtwirtschaft eher bergab
       geht, übertreffen die Reisepläne alles bisher Dagewesene. Schon im
       vergangenen Sommer hatten sich auch die Übernachtungszahlen auf
       Vor-Pandemie-Niveau erholt, zeigen Daten des Statistischen Bundesamts.
       Dieses Jahr übertreffen die Prognosen selbst das Rekordjahr 2019.
       
       Für [2][die Tourismusbranche] sind das zwar gute Nachrichten, aber es sind
       schlechte Voraussetzungen für das Klima. Denn fast die Hälfte der Reisen
       startet immer noch am Flughafen – Tendenz steigend –, und die Distanzen
       nehmen zu. Es sei weiterhin kein Einfluss von nachhaltigen Einstellungen
       auf das Reiseverhalten festzustellen, so Kuhn. „Attitude-Behaviour-Gap“
       heiße dieser Graben zwischen Einstellung und Verhalten: Der
       Nachhaltigkeitswunsch begründe noch lange kein nachhaltiges Verhalten.
       
       ## Wunsch nach nachhaltigen Reisen steigt
       
       Obwohl der Wunsch nach nachhaltigen Reisen seit zehn Jahren kontinuierlich
       ansteige, werde mehr und weiter gereist: „Wir sehen, dass gerade die, die
       eine positive Einstellung zum nachhaltigen Reisen haben, besonders
       klimaschädlich reisen.“ Insbesondere Kurztrips werden immer häufiger und
       besonders jüngere Menschen reisen deutlich weiter. Dabei sei die Anreise,
       ob mit dem Flugzeug oder dem etwa gleich beliebten Auto, bei Weitem das
       Klimaschädlichste am Urlaub.
       
       Denn wer länger reise, der produziere pro Reisetag rein rechnerisch weniger
       CO2. „Die Strecke, die man zurücklegt, verteilt sich dann auf mehr
       Urlaubstage“, sagt die Tourismusforscherin. Deswegen könne man über die
       Reisedauer seinen persönlichen CO2-Ausstoß stark beeinflussen. Die
       Ressource Urlaubszeit werde so aufgebraucht, ohne viele zusätzliche
       Emissionen. Wer also doppelt so lange an einem Urlaubsort bleibe, habe pro
       Tag einen deutlich kleineren [3][CO2-Fußabdruck].
       
       Auch zur persönlichen Krisenbewältigung seien längere Urlaube übrigens
       deutlich besser geeignet. „Man hat eher die Chance, aus dem Alltag
       auszubrechen und abzuschalten. Etwa eine Woche braucht es, um aus dem
       Alltag herauszukommen, und dann noch eine Woche, um wirklich anzufangen,
       sich zu erholen.“
       
       17 Apr 2024
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
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