# taz.de -- Ryan Gosling & Emily Blunt in „Fall Guy“: Schicksalsschlag eines Stuntmans
       
       > Ryan Gosling und Emily Blunt als ironisches Traumpaar: Die
       > Retro-Action-Liebeskomödie „Der Fall Guy“ dreht sich um Stunts und ist
       > ein großer Spaß.
       
 (IMG) Bild: Stuntmen wie Colt Seavers (Ryan Gosling) wollen gut durchtrainert sein
       
       Gegen die ominöse Bedrohung durch all das Virtuelle, Digitale da draußen
       bildet der Stuntman einen von rebellischem Flair umwehten Gegenpol: einen,
       der mit seinem Körper dafür einsteht, dass die Gesetze der Physik noch
       gelten.
       
       Vor allem die „Stunt Performer“, jene Figuren an der Seite des Bildes, die
       aus dem Weg springen müssen, wenn der Wagen des Helden sich überschlägt,
       sehen zunehmend ihren Job von einer künstlichen Intelligenz gefährdet, die
       eingescannte Schauspieler*innen als Avatare beliebig recyclen können
       wird. Noch ist diese Zukunft nicht ganz da.
       
       Die Tatsache, dass die Stunt-Auftritte von Tom Cruise mittlerweile zum
       [1][Hauptwerbepunkt für seine Filme] geworden sind, oder auch der Erfolg
       von aus Stunt-Choreografien bestehenden Action-Thrillern wie „John Wick“
       bekommen vor diesem Hintergrund den melancholischen Unterton eines
       Abschieds.
       
       Kein Wunder also, dass die gewisse Wehmut der Nostalgie auch in „The Fall
       Guy“ den Ton angibt. Zumal David Leitch, der selbst mal als Stuntman für
       Schauspieler wie Brad Pitt oder Jean-Claude Van Damme tätig war und beim
       ersten „John Wick“-Film Koregie führte, die Prämisse einer 80er-Jahre-Serie
       aufgreift. Wo in [2][„Ein Colt für alle Fälle“] Stuntman Colt Seavers sich
       noch als Kopfgeldjäger ein Zubrot verdienen musste, lernt man [3][Ryan
       Gosling] in der Rolle als einen Vollprofi kennen, der am Set von allen
       geschätzt wird.
       
       Der Star namens Tom Ryder, den er doubelt – von Aaron Taylor-Johnson so
       passgenau zwischen den entsprechenden Hollywood-Größen verkörpert, dass
       niemand sich gemeint fühlen muss –, behandelt ihn zwar von oben herab, doch
       dafür ist ihm die Kameraassistentin Jody (Emily Blunt) umso mehr zugetan.
       „The Fall Guy“ beginnt mit Szenen während eines Filmdrehs, die Colt an
       einem guten Punkt in seinem Leben zeigen. Doch dann fällt er. Und weil
       eine Sicherung versagt, bricht er sich diesmal fast das Genick.
       
       ## Actionfilm und Romcom
       
       Man kann gut verstehen, dass der Filmverleih „The Fall Guy“ nicht unter dem
       deutschen Titel der Serie vermarktet. Der Originaltitel ist mit all seinen
       Konnotationen einfach zu schön. Denn das Fallen ist nicht nur ein Teil von
       Colts Arbeit. Der „fall guy“ zu sein, hat im Englischen zusätzlich die
       Bedeutung, die Rolle des Sündenbocks zu übernehmen. Und wo die Auftaktszene
       im übertragenen Sinn einen „Fall“ im Sinn von Schicksalsschlag zeigt, dreht
       sich die Handlung im Hauptteil des Films rund um die Prämisse des
       Einspringens für andere.
       
       Nach seinem Unfall zieht sich Colt zurück, von der Arbeit in Hollywood
       genauso wie von der Beziehung zu Jody. Ein Anruf der Produzentin Gail Meyer
       (Hannah Waddingham) holt ihn aus dem selbstgewählten Exil. Er soll erneut
       für Tom Ryder doubeln, diesmal im Debütfilm der zur Regisseurin
       aufgestiegenen Jody, einem Sci-Fi-Western mit dem hübschen Titel
       „Metalstorm“. Gail lässt ihn in dem Glauben, Jody selbst habe nach ihm
       gefragt.
       
       Als er dann auf dem Set in Australien auftaucht, muss er feststellen, dass
       sie gar nicht mit ihm gerechnet hat. Und wo man sich eben noch in einem
       Actionfilm mit Hollywood-Satire-Einschlag wähnte, sieht man sich in eine
       Romcom versetzt.
       
       Fast alles an „The Fall Guy“ beruht auf bereits vertrauten Ideen. Das gilt
       nicht nur für den Plot, der reich an Wendungen, aber arm an Überraschungen
       ist, sondern besonders für die Figuren. Die Klischees sind alle ein
       bisschen alt: Hollywood-Star Tom Ryder ist aufgeblasen und eitel,
       Produzentin Gail bis zur Bizarrerie skrupellos, Stunt-Koordinator Dan
       (Winston Duke) loyal und kompetent, Assistentin Alma (Stephanie Hsu)
       überarbeitet und unterschätzt. Die originellste Idee ist noch ein Hund
       namens Jean-Claude, der nur Französisch versteht.
       
       ## Raumfüllendes Charisma
       
       Viel Gelegenheit zur Entfaltung bekommt keiner von ihnen, was zum einen an
       den elaborierten Stunt-Szenen liegt, die mehr als Hommage dienen, als dass
       sie die Handlung voranbringen. Und am raumfüllenden Charisma der beiden
       Hauptdarsteller Ryan Gosling und Emily Blunt, die sich zu einem echten
       Traumpaar ergänzen. Da beide – Gosling als Ken in „Barbie“, [4][Blunt als
       Ehefrau Kitty in „Oppenheimer“] – Teil des „Barbenheimer“-Phänomens waren,
       lässt sich marketingtechnisch gut an die Kinoerfolge des vergangenen Jahrs
       anschließen.
       
       Was neu scheint an „Fall Guy“, ist dagegen der schamlos zur Schau getragene
       Wille zur leichten, sozusagen locker-flockigen Unterhaltung. Man muss kein
       „Worldbuilding“ verfolgen, es gibt keine Trauma-Story im Hintergrund, kein
       altes Unrecht wird berichtigt. Zwar kann man den nostalgischen Rahmen –
       untermalt von einem Soundtrack, bei dem der Kiss-Hit „I Was Made For Lovin’
       You“ zum Ohrwurm wird – und das Feiern der Stunts als physische Arbeit als
       Kritik an AI und Digitaleffekten begreifen, aber im Vordergrund dieser
       Retro-Action-Liebeskomödie steht einfach nur der Spaß. Stimmt es, dass das
       nur noch selten der Fall scheint?
       
       2 May 2024
       
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