# taz.de -- Osteuropa-Workshop und Moldau: Mit oder ohne Transnistrien?
       
       > Der eingefrorene Konflikt um die abtrünnige und von Russland
       > kontrollierte Region erschwert Moldaus Integrationsprozess in die EU.
       
 (IMG) Bild: Die EU-Mitgliedschaft ist für Moldau eine einzigartige Chance für Entwicklung, Stabilität und Lösung seiner territorialen Probleme
       
       CHIşINăU taz | Die Republik Moldau strebt eine EU-Mitgliedschaft bis 2030
       an, nachdem die europäischen Staats- und Regierungschefs Ende vergangenen
       Jahres beschlossen haben, Beitrittsverhandlungen aufzunehmen. Aktuelle
       Meinungsumfragen in Moldau zeigen, dass bei einem Referendum über eine
       EU-Mitgliedschaft 56 Prozent dafür und 25 Prozent dagegen stimmen wollen.
       Der Rest ist unentschieden oder wird nicht teilnehmen.
       
       Die Stimmung im Land ist günstig für eine europäische Integration, aber der
       Prozess wird zweifellos schwierig sein. Was ihn erheblich erschwert, ist
       [1][die vom Kreml kontrollierte Region Transnistrien].
       
       Die EU-Mitgliedschaft ist für Moldau eine einzigartige Chance sowohl für
       Entwicklung und Stabilität als auch zur Lösung seiner territorialen
       Probleme. Allerdings bleibt in dieser Gleichung das Schicksal
       Transnistriens entlang der Ostgrenze Moldaus zur Ukraine eine
       Herausforderung.
       
       Diese Region umfasst etwa elf Prozent des Territoriums. International ist
       Transnistrien als Teil Moldaus anerkannt. 1992 hat Chișinău jedoch de facto
       die Kontrolle über dieses Gebiet verloren, nachdem die russische Armee in
       einen Konflikt zwischen moldauischen Truppen und dem Separatistenregime
       eingegriffen hatte. Diesen Krieg hatte Russland provoziert, um seinen
       Einfluss in Moldau aufrechtzuerhalten.
       
       ## Tonnenweise Munition
       
       [2][Russland] hat seine Truppen nie abgezogen, obwohl Moldau darauf
       besteht, dass sie zusammen mit Munition eines Depots aus der Sowjetzeit,
       das als das größte in ganz Osteuropa gilt, evakuiert werden.
       
       Hochrangige EU-Vertreter haben versichert, dass der EU-Beitritt Moldaus
       nicht von der Beilegung des Transnistrienkonflikts abhängig sei. Deshalb
       haben die moldauischen Behörden dem Szenario eines EU-Beitritts des Landes
       in „zwei Schritten“ zugestimmt, sollte Transnistrien bis 2030 nicht wieder
       in den wirtschaftlichen und rechtlichen Raum Moldaus integriert werden
       können.
       
       Wenn der territoriale Konflikt jedoch weiter ungelöst bleibt, sieht es für
       Moldau schlecht aus. Denn die europäische Gemeinschaft wird ihre Türen kaum
       für einen Staat öffnen, der nicht nur soziale und wirtschaftliche Probleme
       mitbringt, sondern auch ein trojanisches Pferd in Form von Soldaten eines
       Staates, der einen Krieg auf dem europäischen Kontinent begonnen hat. Die
       Rede ist hier von der Russischen Föderation.
       
       Derzeit sind rund 1.700 Soldaten, die zwei russischen Militärkontingenten
       angehören, auf dem Territorium Moldaus stationiert. Eins davon, eine
       operative Einsatzgruppe, ist illegal. Das zweite Kontingent hat einen
       legalen Status, auch wenn Teile der moldauischen Gesellschaft dies vehement
       bestreiten: die sogenannten Friedenstruppen. Letztere gehen auf das Jahr
       1992 zurück, nachdem ein Waffenstillstandsabkommen zwischen Moldau und
       Russland geschlossen worden war.
       
       ## Eine Art Schwebezustand
       
       Die Friedenstruppen verfügen über 15 stationäre Posten, die sich sowohl auf
       der von Chişinău kontrollierten Seite als auch auf der Seite befinden, die
       Moldau nicht kontrolliert. Gleichzeitig verläuft die Verwaltungslinie, die
       die Parteien trennt, nicht genau entlang des Flusses Dnjestr.
       
       Selbst wenn man seiner Fantasie freien Lauf lässt, ist es schwierig, sich
       eine hypothetische EU-Grenze vorzustellen, die Transnistrien außen vor
       lässt. Das wäre eine Art Schwebezustand im Hinblick auf die Ukraine, die
       ebenfalls in die EU strebt. Ich möchte daran glauben, dass vor allem die
       strategischen Köpfe der Union daran arbeiten, diese Gleichung zu lösen. Sie
       enthält wirklich viele Unbekannte – einschließlich der Frage, wie Russland
       sich künftig verhalten wird.
       
       26 Apr 2024
       
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