# taz.de -- Revolutionäre 1. Mai-Demo in Berlin: Ohne Krawalle, ohne Inhalt
       
       > Statt Ausschreitungen hätten Inhalte in den Vordergrund treten können:
       > der 1. Mai blieb aber inhaltslos.
       
 (IMG) Bild: Bis auf pro-palästinensische Solidaritätsbekundungen blieb die linke Demo eher inhaltslos
       
       Man hätte die [1][traditionelle „Revolutionäre 1. Mai Demonstration“] in
       den [2][Berliner Bezirken Kreuzberg] und Neukölln in diesem Jahr auch für
       eine riesige Pro-Palästina-Demo halten können: In allen Blöcken des rund
       15.000 Menschen umfassenden Demonstrationszuges wurden Freiheit für
       Palästina und ein Ende des Krieges in Nahost gefordert.
       
       Im Gegensatz zu vergangenen Demos waren im Frontblock jedoch weder
       Palästina-Fahnen zu sehen noch war die verbotene Parole „from the river to
       the sea“ zu hören. Stattdessen wurde ein altbekannter Slogan wieder
       rausgekramt: „Deutsche Waffen, deutsches Geld, morden mit in aller Welt“,
       war eine häufig gerufene Parole, mit der die Demonstrant*innen einen
       Stopp der Waffenlieferungen an Israel forderten.
       
       Die Polizei hielt sich entsprechend auffällig zurück. Wie schon bei der
       anarchistischen Walpurgisnachtdemo am Vorabend hielten die tausenden
       Einsatzkräfte großen Abstand und griffen nicht, wie bei den jüngsten
       propalästinensischen Protesten, willkürlich Aktivist*innen an, die eine
       Palästinaflagge und/oder Kufija trugen – was außer im Frontblock ungefähr
       jede*r zweite Teilnehmer*in tat. Sowohl bei der Walpurgisnacht als auch
       bei der 18-Uhr-Demo passierte das Erwartbare: Ohne die Provokation der
       Polizei blieb es friedlich.
       
       Und so erreichte die „Revolutionäre 1. Mai Demonstration“ zum ersten Mal
       seit vielen Jahren unbehelligt ihr Ziel, und es kam auch nicht zu
       gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Demonstrant*innen und den
       Beamt*innen. Davon schienen am Ende auch die Organisator*innen
       überrascht zu sein: Die größtenteils kommunistischen Gruppen wirkten
       geradezu ratlos ob dieser Friedlichkeit. Ein Konzept, was in diesem
       unwahrscheinlichen Fall zu tun sei, war nicht zu erkennen.
       
       Das offenbart ein grundlegendes Problem: Ohne die Fremdbestimmung durch die
       Polizei und die damit verbundenen Ausschreitungen treten die [3][Inhalte
       stärker in den Vordergrund]. Und die waren außer dem Nahost-Konflikt kaum
       vorhanden. Die drängenden Probleme, die Berlin darüber hinaus bewegen –
       [4][Mietenwahnsinn, Klimapolitik, Rechtsruck, Abbau des Sozialstaats] oder
       soziale Spaltung – kamen so gut wie nicht vor. Und das, obwohl es [5][bei
       der „Revolutionären“ 1. Mai Demonstration eigentlich um Klassenkampf] geht.
       
       Damit ist die 1. Mai-Demo in Berlin ein Spiegel der linken Szene: Spaltung
       geht über Diskurs, man bekämpft sich lieber untereinander als den
       gemeinsamen Feind: Staat und Kapital. Die lachenden Dritten sind die
       Profiteur*innen des Status Quo. Denn wie hieß es so schön im
       feministischen Block? „Was macht den Bonzen Dampf? Klassenkampf,
       Klassenkampf.“ Doch davon ist die Linke, nicht nur in Berlin, sehr weit
       entfernt.
       
       2 May 2024
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Marie Frank
       
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