# taz.de -- Wahl in Panama: Ersatz-Mann Mulino wird Präsident
       
       > Der Konservative José Raúl Mulino wird Staatsoberhaupt. Noch in der Nacht
       > beteuert er, „niemandes Marionette“ zu sein – was viele im Land denken.
       
 (IMG) Bild: Setzt auf den umstrittenen Bergbau im Land: José Raúl Mulino
       
       BOGOTA taz | „Mission erfüllt, verdammt!“, schreit José Raúl Mulino in der
       Nacht auf Montag seinen Anhänger:innen im Hotel Sheraton in
       Panama-Stadt entgegen. Kurz zuvor hat ihn das Wahlgericht zum Sieg der
       Präsidentschaftswahl vom Sonntag gratuliert. „Das ist vielleicht der
       wichtigste Tag meines Lebens“, sagt der ehemalige Sicherheitsminister. Er
       werde ehrlich und effizient regieren. Eine gigantische Aufgabe liege vor
       ihm.
       
       Nach [1][vorläufigem Ergebnis] holte der Konservative von der Partei Salvar
       Panamá (Panama retten) rund 34 Prozent der Stimmen. Der Zweitplatzierte
       Ricardo Lombano von der Mitte-Rechts-Partei Movimiento Otro Camino kam auf
       rund 25 Prozent.
       
       Er werde sich für Investitionen und die Privatwirtschaft stark machen,
       versprach Mulino. Außerdem sicherte er denen, die Hunger haben, Arbeit zu
       und versprach allen im Land Trinkwasser. Wasser ist in Panama ein Thema,
       das wegen der Dürre im Wahlkampf besondere Relevanz bekam.
       
       Von der Tribüne wandte sich der 64-Jährige zudem mehrmals an die graue
       Eminenz des Wahlkampfs, seinen „amigo“, den [2][Ex-Präsidenten und
       Ex-Kandidaten Ricardo Martinelli]. Die beiden waren bis zuletzt
       unzertrennlich und als Doppelpack angetreten – dabei ist Martinelli im
       Februar in die nicaraguanische Botschaft geflüchtet und hat diese seither
       nicht mehr verlassen.
       
       Ursprünglich war Martinelli der Präsidentschaftskandidat gewesen und Mulino
       lediglich sein Vize. Doch dann wurde Martinelli wegen Geldwäsche zu mehr
       als zehn Jahren Haft verurteilt; das Wahltribunal disqualifizierte ihn. Vor
       Haftantritt floh Martinelli in die Botschaft. Mulino rückte im März nach –
       und Martinelli schmiss den Wahlkampf für seinen Kronprinzen mit
       Videobotschaften aus dem Exil.
       
       Mulino beklagt „politische Verfolgung“ 
       
       Erst zwei Tage vor der Wahl hatte das Oberste Gericht Mulinos Kandidatur
       als nicht verfassungswidrig bestätigt. Denn laut Verfassung muss der
       Präsidentschaftskandidat in internen Vorwahlen bestimmt werden und einen
       Vizepräsidentschaftskandidaten mitbringen – beides war nicht der Fall. Das
       Gericht hatte Mulino unter anderem aus Gründen des sozialen Friedens und
       des politischen Pluralismus zugelassen.
       
       Im Wahlkampf hatte Mulino angekündigt, Martinelli zu „helfen“, sollte er
       Präsident werden. Sonntagnacht dann ruft er: „Die politische Verfolgung ist
       vorbei!“ Als solche hatte er Martinellis Verurteilung bezeichnet. Auch
       sprach er von einer „Manipulation der Generalstaatsanwaltschaft, der
       Richter und Magistrate“. Auf den Namen Martinelli erwidert das Publikum
       mehrfach laut „Freiheit!“. Gleichzeitig versucht Mulino zu entkräften, was
       [3][laut Umfragen] 65 Prozent der Panamaer:innen denken: „Der, der hier
       steht, ist niemandes Marionette.“
       
       Mit der Regierung von Martinelli zwischen 2009 und 2014 verbinden viele
       Panamaer:innen eine wirtschaftliche Blütezeit, in der unter anderem der
       Panama-Kanal ausgebaut wurde. Heute steckt das kleine Panama, einst
       Mittelamerikas Vorzeigewirtschaft, in der größten Krise seit Jahrzehnten.
       Wie wichtig diese Wahl für die Panamaer:innen war, zeigt eine
       Rekordbeteiligung von rund 77 Prozent der Wahlberechtigten.
       
       Panama fehlen Fachkräfte und Arbeitsplätze, das Rentensystem ist hoch
       defizitär. Das will Mulino mit mehr Tourismus und dem Bau einer Bahnstrecke
       ändern, die Panama-Stadt mit dem Landesinneren verbinden und Arbeitsplätze
       im Bau schaffen soll. Seit der [4][Corona-Pandemie] hat sich das Land nicht
       erholt und ist hoch verschuldet. Zuletzt wurde seine Kreditwürdigkeit von
       den Rating-Agenturen auf Schrott-Niveau heruntergestuft.
       
       Die finanzielle Misere hat auch damit zu tun, dass das Oberste Gericht die
       Verträge des größten Kupfer-Tagebergbaus Zentralamerikas im November 2023
       für verfassungswidrig erklärt hat. Die Mine der kanadischen First Quantum
       Minerals ist mittlerweile geschlossen – zum Verdruss der Unternehmerschaft.
       [5][Monatelang hatten Menschen dafür auf den Straßen protestiert.] Mulino
       will den Bergbau fortführen.
       
       Bergbau und Wasser 
       
       Auch damit unterscheidet er sich grundlegend vom zweitplatzierte Ricardo
       Lombano (50). Der Journalist und Anwalt hatte den Kampf gegen die
       Korruption der traditionellen politischen und ökonomischen Klasse ins
       Zentrum seines Wahlkampfs gestellt. Er war einer der Anführer der
       Bergbauproteste und sammelte viele junge Menschen und
       Umweltaktivist:innen hinter sich.
       
       Sein Ergebnis liegt rund zehn Prozent über dem, was die Umfragen ihm
       vorausgesagt hatten. Bei dem Auftritt vor seiner Anhängerschaft strahlte er
       anfangs, als hätte er die Wahl gewonnen. „Heute hat die gute und neue
       Politik gewonnen“, sagte Lombana.
       
       Noch auf der Bühne kündigte er an, er und sein Bündnis würden die erste
       Kraft der Opposition in Panama sein. Namentlich würden sie darüber wachen,
       ob Mulino zu autoritären Mitteln greife und den Bergbauvertrag breche.
       Sollte das der Fall sein, würden sie wieder auf die Straßen gehen.
       
       Die Haltung zum Bergbau war im Wahlkampf eine Demarkationslinie gewesen.
       Der ehemalige Außenminister Rómulo Roux (Cambio Democrático) arbeitet als
       Anwalt für eine Kanzlei, die die nach den Protesten geschlossene Kupfermine
       vertritt. Er landete auf Platz vier. Auf Platz drei landete der
       Ex-Präsident und Dikator-Sohn Martín Torrijos.
       
       Auch das Thema Wasser war im Wahlkampf so prominent wie nie. Mulino wird
       sich jetzt auch um den Panama-Kanal kümmern müssen, durch den wegen der
       Dürre weniger Schiffe durchfahren können – was dem Land weniger Einnahmen
       beschert und den Welthandel ausbremst.
       
       Außerdem hat Mulino versprochen, den sogenannten Darien Gap zu „schließen“
       und Migrant:innen zu deportieren, die panamaische Gesetze brechen und
       illegal das Territorium durchqueren. Der Darien Gap ist die wichtigste und
       gefährlichste Migrationsroute aus Südamerika gen USA.
       
       6 May 2024
       
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 (DIR) [4] /Aktuelle-Entwicklungen-in-der-Coronakrise/!5739653
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Katharina Wojczenko
       
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