# taz.de -- Bundeswehr-Gelöbnis in Berlin: Strammstehen vor preußischer Kulisse
       
       > Der Anlass ist an den Haaren herbeigezogen, die Gegenproteste sind
       > verhalten: Am Mittwoch leisten Soldaten vor dem Berliner Abgeordnetenhaus
       > ihren „Fahneneid“.
       
 (IMG) Bild: Die Augen geradeaus: Gelöbnis zum 68. Gründungstag der Bundeswehr im November 2023
       
       Diesen Mittwoch ist es wieder so weit: Rausgeputzte Rekrut*innen
       schwören Deutschland die Treue – mitten in Berlin. Anders als bei
       bisherigen öffentlichen Gelöbnisfeiern der Bundeswehr dienen dieses Mal
       allerdings nicht etwa der Bundestag oder der Bendlerblock als Kulisse.
       Nein, es ist der preußische Chic des Berliner Abgeordnetenhauses, der für
       patriotische Stimmung beim Fahneneid von 29 künftigen Soldat*innen des
       Wachbataillons beim Bundesverteidigungsministerium sorgen soll.
       
       Warum das Ritual ausgerechnet am Mittwoch und ausgerechnet vor dem Berliner
       Landesparlament abgehalten wird, ist rätselhaft – selbst wenn man sich auf
       die Logik der Verantwortlichen einlässt. Parlamentspräsidentin Cornelia
       Seibeld (CDU) etwa meint, dass der Vorabend des [1][75-jährigen
       Grundgesetzjubiläums am 23. Mai] ein passendes Datum wäre, um die
       Soldat*innen vorm Abgeordnetenhaus strammstehen zu lassen. Was das
       Grundgesetz mit der Bundeswehr zu tun hat – die Armee wurde erst sechs
       Jahre später gegründet –, bleibt ebenso unverständlich wie die Verbindung
       vom Militär zum Land Berlin.
       
       Seibeld hat außerdem kundgetan, mit dem öffentlichen Gelöbnis das
       Abgeordnetenhaus „mit Leben füllen“ zu wollen. Einem Realitätscheck hält
       auch das nicht stand: Das Gebiet um das Parlamentsgebäude wird weiträumig
       abgesperrt. Wie lebendig und öffentlich ist eine Zeremonie, an der nur ein
       erlesener Kreis aus Politprominenz, Presse und Angehörigen der
       Soldat*innen teilnehmen darf? Die Berliner Linksjugend kämpft in diesen
       Tagen darum, nur halbwegs in der Nähe einen kleinen Gegenprotest abhalten
       zu dürfen.
       
       ## Ausbleibende linke Empörung ist auch verständlich
       
       Immerhin: Denn laute Kritik am Fahneneid ist ausgeblieben. Und das in
       Zeiten, in denen der Bundestag [2][mit großer Mehrheit einen „Veteranentag“
       einführt] und Politiker von „Kriegstüchtigkeit“ fantasieren. Doch die
       antimilitaristische Szene scheint zersplittert und zerstritten. [3][Die
       „Gelöbnix“-Störer der 2000er sind seit Langem nicht mehr aktiv]. Die
       Grünen, einst Gegner der öffentlichen Gelöbnisse, schicken sogar
       Fraktionschefin Bettina Jarasch zur Feier am Mittwoch.
       
       Andererseits ist die ausbleibende linke Empörung über den Fahneneid auch
       verständlich. Seit mehr als 25 Jahren finden in Berlin immer wieder
       Gelöbnisfeiern statt. Warum sollte man über jedes dieser Stöckchen
       springen, wenn kreativer Protest an anderen Stellen [4][längst viel mehr
       Wirkung zeigt]? Nur selten kann sich die Armee etwa ungestört auf
       Berufsmessen oder beim „Tag der Bundeswehr“ als normaler Arbeitgeber
       präsentieren. Und doch bleibt ein Unbehagen angesichts der anstehenden
       Feier: Das Zurschaustellen von Patriotismus und militärischer Stärke ist
       einfach abstoßend.
       
       22 May 2024
       
       ## LINKS
       
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