# taz.de -- Frankreichs Geschäft mit Russland: Protest gegen Macrons Atomdeal
       
       > Frankreichs Präsident Macron erhält in Münster den Westfälischen
       > Friedenspreis. Atomkraftgegner demonstrieren gegen seine Atompolitik.
       
 (IMG) Bild: Aktion gegen die Geschäfte mit Rosatom heute in Münster
       
       GÖTTINGEN taz | Drinnen die Ehrung, draußen der Protest. Während
       [1][Frankreichs Präsident Emmanuel Macron am Dienstagvormittag im
       historischen Rathaus von Münster] „für sein unermüdliches Engagement um
       eine Konfliktbegrenzung zu Beginn des russischen Überfalls auf die Ukraine“
       mit dem [2][Internationalen Preis des Westfälischen Friedens] ausgezeichnet
       wird, demonstrieren ein paar Ecken weiter Atomkraftgegner gegen den
       „Kuschelkurs“ Frankreichs mit dem russischen Atomkonzern Rosatom. „Macrons
       Atompolitik finanziert Putins Krieg“, haben die Demonstranten auf ein
       Transparent geschrieben.
       
       Rosatom ist über ein Joint Venture mit dem französischen Atomkonzern
       Framatome verbunden, der die einzige deutsche Brennelementefabrik im
       niedersächsischen Lingen betreibt. Weil das Geschäft lahmt, sollen dort
       künftig auch sechseckige Brennelemente für Atomreaktoren russischer
       beziehungsweise sowjetischer Bauart fabriziert werden. Rosatom-Techniker
       waren bereits in Lingen, um deutsches Personal zu schulen und Komponenten
       für Rosatom-Maschinen aufzustellen.
       
       „Macron lässt sich hier als angeblicher Friedenskämpfer feiern. Doch mit
       seiner Atompolitik finanziert er Putins Angriff auf die Ukraine“, sagt
       Bettina Ackermann von der Anti-Atom-Organisation „.ausgestrahlt“. Nach den
       Worten von Wladimir Sliwjak, Co-Vorsitzender der russischen
       Umweltorganisation Ecodefense und Träger des Alternativen Nobelpreises, ist
       Rosatom „ein Werkzeug des Kreml“. Das Staatsunternehmen bündele alle
       nuklearen Aktivitäten des Landes, vom Uranabbau bis zu den Atomwaffen, und
       sei aktiv am Krieg gegen die Ukraine beteiligt, [3][etwa durch die
       Besetzung des AKW Saporischschja].
       
       ## Putin verdient Milliarden mit dem Verkauf von Uran
       
       „Jede Zusammenarbeit mit Rosatom nützt Putin und vergrößert die
       energiepolitische Abhängigkeit von Russland“, so Sliwjak weiter. Peter
       Bastian vom Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen weist darauf hin,
       dass Russland „Milliarden“ mit dem Verkauf von Uran verdiene, weil Macron
       jegliche EU-Sanktionen gegen den russischen Atomsektor verhindere. Die als
       „Eichhörnchen“ bekannte Umweltschützerin und Kletteraktivistin Cécile
       Lecomte nimmt die französische Atomkraftpolitik insgesamt aufs Korn.
       „Atomkraft bleibt in einer geopolitisch instabilen Welt ein Irrsinn“, sagt
       sie.
       
       In Frankreich laufen 55 Atomkraftwerke mit hoher Ausfallrate und teils
       gefährlichen Rissen. Ein weiteres AKW, ein sogenannter Druckwasserreaktor
       der 3. Generation (EPR), ist seit 2007 im Bau, die Kosten explodieren, und
       es gibt Reparaturbedarf schon vor der Inbetriebnahme.
       
       Über den Antrag von Framatome auf Erweiterung der Lingener Fabrik wird die
       Atomaufsicht in Niedersachsen wohl noch in diesem Jahr entscheiden. Rund
       11.000 Widersprüche haben Bürger:innen dagegen eingereicht. Nach dem
       Atomrecht hat die zuständige Behörde – in diesem Fall das niedersächsische
       Umweltministerium – ein sogenanntes Versagensermessen, auch wenn die
       gesetzlichen Voraussetzungen für eine Genehmigung erfüllt sind.
       
       Es komme beispielsweise zum Tragen, wenn das Vorhaben die innere und äußere
       Sicherheit Deutschlands gefährden könnte, erklärt die Hamburger
       Verwaltungsrechtlerin Michéle John. Die Juristin schließt auch mögliche
       Sabotageaktionen wie Manipulationen an den Brennelementen durch russische
       Techniker in Lingen nicht aus. Rosatom liefere und programmiere ja nicht
       nur die Maschinen, sondern liefere auch Komponenten für die zu fertigenden
       Brennelemente. „Dazu gehören sogar fertig verschweißte Brennstäbe, in die
       keiner mehr reinschauen kann.“ In den AKWs, in denen diese dann zum Einsatz
       kommen, könne sich das fatal auswirken.
       
       28 May 2024
       
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