# taz.de -- Studie zu Einsamkeit: Wer pflegt, ist einsamer
       
       > Frauen, Migrant:innen und junge Menschen fühlen sich häufiger allein.
       > Dies geht aus dem neuen „Einsamkeitsbarometer“ hervor.
       
 (IMG) Bild: Einsamkeit ist keine Frage des Alters
       
       BERLIN taz | Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) wolle „Einsamkeit
       aus der Tabuzone“ herausholen. Das sagte sie bei der Vorstellung des
       „Einsamkeitsbarometers“ am Donnerstag in Berlin. Demnach wirke sich
       Einsamkeit auf die psychische und psychische Gesundheit von betroffenen
       Menschen aus, laut WHO seien sie ähnlich [1][gesundheitsschädlich wie
       Rauchen].
       
       Das Barometer basiert auf der Langzeitstudie des Sozioökonomischen Panels,
       das seit 1992 Bürger:innen zum Thema Einsamkeit befragt. Die Daten im
       Bericht stammen aus dem Jahr 2021, neue Zahlen werden 2025 erhoben.
       
       Mehr als zehn Prozent der Teilnehmenden gab an, sich häufig einsam zu
       fühlen. Das entspreche fast acht Millionen Menschen in Deutschland, erklärt
       Benjamin Landes, Leiter des Projekts Kompetenznetz Einsamkeit bei der
       Pressekonferenz. Bestimmte Gesellschaftsgruppen seien besonders anfällig,
       etwa Frauen und darunter vor allem Alleinerziehende gehören dazu. Der
       Bericht spricht deshalb von einem „Gender Loneliness Gap“. Auch
       [2][pflegende Angehörige], arbeitslose Menschen und Migrant:innen sind
       demnach überdurchschnittlich betroffen. Care-Arbeit, Armut und
       Migrationserfahrungen erhöhen das Risiko, sich einsam zu fühlen. Dass
       Menschen mit Diskriminierung vermehrt betroffen sind, könne deren
       Marginalisierung verschärfen, erklärt Paus.
       
       Ältere und jüngere Menschen sind die am stärksten gefährdete Gruppe.
       Menschen über 75 Jahren gaben in den letzten 30 Jahren am häufigsten an,
       einsam zu sein. Junge Menschen hingegen sind erst seit der Pandemie stärker
       betroffen. Paus betont, dass man ein „soziales Long Covid“ unbedingt
       vermeiden müsse. „Einsamkeit ist keine Frage des Alters,“ so die
       Ministerin.
       
       ## Corona-Effekt deutlich spürbar
       
       Zu Beginn der Corona-Pandemie 2020 gab knapp ein Drittel der 18- bis
       29-jährigen an, sich einsam zu fühlen. Damit war sie im Vergleich zu allen
       anderen Altersgruppen das erste Mal am stärksten betroffen. Seitdem sind
       die Zahlen zwar wieder zurückgegangen, liegen aber immer noch fast doppelt
       so hoch wie vor der Pandemie.
       
       Nicht nur für [3][junge Menschen] war die Pandemie ein Wendepunkt in Sachen
       Einsamkeit. Vor 2020 waren die Werte stetig zurückgegangen, die Pandemie
       unterbrach diesen Prozess. Es sei nun wichtig zu beobachten, ob sich dieser
       Effekt chronifiziere, sagt Landes.
       
       Sorgen bereite Paus, dass einsame Menschen weniger Vertrauen in politische
       Institutionen hätten und seltener wählen gingen. „Einsamkeit schadet
       unserer gesamten Bevölkerung“, so Paus. Sie belaste, so Landes, auch den
       demokratischen Zusammenhalt.
       
       Um dem entgegenzuwirken wolle Paus die Leute dort abholen, wo sie sind:
       „Einsame Menschen ziehen sich zurück, deswegen ist es wichtig, dass was wir
       machen, so niedrigschwellig und so enttabuisiert wie möglich zu machen.“
       Neben der im Dezember veröffentlichten Strategie gegen Einsamkeit, die 111
       Maßnahmen enthält, veranstaltet die Familienministerin vom 17. bis 23. Juni
       eine Aktionswoche „Gemeinsam aus der Einsamkeit“, die schon 2023 stattfand.
       Projektleiter Landes bezeichnet zudem Sport und Kultur als Lösungen.
       
       Das Einsamkeitsbarometer soll nun regelmäßig veröffentlicht werden. Eine
       dauerhafte Erhebung sei wichtig, um das Problem anzugehen, so Landes.
       
       30 May 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/147384/WHO-will-gegen-Einsamkeit-als-Gesundheitsrisiko-vorgehen
 (DIR) [2] /Studie-zu-haeuslicher-Pflege/!6011354
 (DIR) [3] /Studie-zur-Stimmung-in-der-Pandemie/!5764202
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Emma Tries
       
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