# taz.de -- Aufregung um Habeck-Vorschlag: Pause für Lieferkettengesetz?
       
       > Wirtschaftsminister Robert Habeck will das deutsche Lieferkettengesetz
       > aussetzen. Unternehmensverbände und FDP freuen sich, SPD und Grüne nicht.
       
 (IMG) Bild: Das Lieferkettengesetz verpflichtet Unternehmen, auf die Produktionsbedingungen bei ihren Zulieferern zu achten
       
       BERLIN taz | Rätselraten herrscht nach dem Vorstoß von Robert Habeck
       (Grüne) zum Lieferkettengesetz. Bei dessen Anwendung solle eine „Pause“
       eingelegt werden, [1][sagte der Bundeswirtschaftsminister am Freitag beim
       Kongress eines Wirtschaftsverbands.] Während nicht klar ist, was er genau
       meint, äußerten sich Unternehmensverbände zustimmend, SPD-Fraktionschef
       Rolf Mützenich und einige Grüne ablehnend, Entwicklungsorganisationen
       zornig.
       
       Das deutsche Lieferkettengesetz ist vollständig in Kraft und gilt für
       Unternehmen ab 1.000 Beschäftigte. Diese sind mitverantwortlich für die
       Einhaltung der Menschenrechte der Beschäftigten ihrer weltweiten
       Zulieferfirmen. Kürzlich hat die [2][Europäische Union außerdem ihre
       Lieferkettenrichtlinie beschlossen], die teilweise über das deutsche Gesetz
       hinausgeht. Die Mitgliedsländer müssen sie innerhalb von zwei Jahren in
       nationales Recht übertragen, wobei zunächst nur große Unternehmen ab 5.000
       Beschäftigte daran gebunden sind. In den folgenden Jahren soll die Schwelle
       auf 1.000 Arbeitnehmer:innen sinken.
       
       Am Freitag sagte Habeck, „eine Pause an der Stelle“ sei möglich. „Ich habe
       vorgeschlagen, das deutsche Lieferkettengesetz, solange bis das EU-Recht
       umgesetzt ist, zu pausieren beziehungsweise deutlich zu reduzieren“,
       erläuterte er später. Der Schutz von Menschenrechten und Umweltstandards
       werde nur dann erfolgreich sein, wenn er bei den Unternehmen Akzeptanz
       fände.
       
       SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich lehnte die Idee ab. Habeck erweise den
       [3][„langjährigen Bemühungen um eine an Menschenrechten und fairen Löhnen]
       orientierte und gegen Ausbeutung gerichtete Wirtschaftspolitik einen
       Bärendienst“. Es sei eine „gewohnte Praxis, nationale Regelungen an
       EU-Recht anzupassen“, so Mützenich. „Bis dahin bleibt es aber beim gültigen
       Gesetz.“ In der Regierung zuständig ist SPD-Arbeitsminister Hubertus Heil,
       der sich bisher nicht konkret äußerte.
       
       ## Einfacherer Übergang zu EU-Regeln
       
       Bei den Grünen herrscht Irritation. „Eine Pausierung oder Aussetzung des
       Gesetzes lehne ich als federführender Abgeordneter für das Thema in der
       grünen Fraktion ab“, erklärte Wolfgang Strengmann-Kuhn. Andere zuständige
       Abgeordnete sähen das ähnlich. „Ich kann mir schwer vorstellen, dass es
       eine Mehrheit in der Fraktion für die Pausierung gibt“, so Strengmann-Kuhn.
       
       Die grüne EU-Abgeordnete Anna Cavazzini deutete den Vorschlag dahingehend,
       dass Habeck nicht die „Kernpflichten“ aussetzen wolle, die das Gesetz den
       Unternehmen auferlege. Es gehe ihm darum, den „Übergang“ von der deutschen
       zur europäischen Regelung „so einfach wie möglich zu machen“. Tatsächlich
       hatte Habeck schon vor geraumer Zeit angeregt, die Berichtspflicht der
       Firmen laut deutschem Gesetz vorübergehend aufzuheben, um ihnen Arbeit zu
       ersparen.
       
       Die FDP begrüßte die Initiative. Ein Stopp des deutschen
       Lieferkettengesetzes wäre „ein wichtiger Beitrag für die Wirtschaftswende“,
       erklärte Fraktionschef Christian Dürr. Die Liberalen fordern, das Gesetz
       bis zum Inkrafttreten der EU-Regelung „vollständig auszusetzen“. „Habecks
       Vorstoß nährt nun eine neue Hoffnung, dass die Aussetzung in der Regierung
       mehrheitsfähig werden kann“, sagte FDP-Justizminister Marco Buschmann.
       Einige Wirtschaftsverbände äußerten sich ebenfalls zustimmend, etwa der
       Verband der Chemischen Industrie und Gesamtverband der Textil- und
       Modeindustrie. Vertreter:innen von Entwicklungs- und
       Menschenrechtsorganisation wie das katholische Hilfswerk Misereor und die
       Initiative Lieferkettengesetz kritisierten den Vorstoß des
       Wirtschaftsministers dagegen scharf.
       
       9 Jun 2024
       
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