# taz.de -- Darmdurchschuss für alle: Gratisreisen nach Gelsenkirchen
       
       > Die einen kriegen die Kinder, die anderen bringen sie um – ist das noch
       > zeitgemäß? Oder reden wir einfacher über Neuwahl-Geknödel?
       
 (IMG) Bild: Eine Arbeitsteilung zur Melodie „Krieg du Kinder, ich bring sie um“ ist durch
       
       taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche? 
       
       Friedrich Küppersbusch: Laut Sky News: Gelsenkirchen.
       
       Und was wird besser in dieser? 
       
       Gratisreisen für Ostbürger nach Gelsenkirchen.
       
       Boris Pistorius hat seine Pläne zur Einführung des „Auswahlwehrdiensts“
       vorgestellt: Junge Männer sollen laut dem Konzept ab 2025 verpflichtet
       sein, einen Fragebogen auszufüllen, der Auskunft über ihre Wehrfähigkeit
       geben soll. [1][Für junge Frauen ist das Ausfüllen freiwillig. Ist das
       gerecht?]
       
       Der einzige vom Grundgesetz erlaubte Zwangsdienst trifft nach Artikel 12 a
       Männer: die Wehrpflicht. Das ist einerseits erhaben vorgestrig und weht aus
       einer Welt, in der Verkrüppelung, Darmdurchschuss und jämmerliches
       Verrecken wie Bartwuchs und Fußballspaß von Gott dem Manne zugedacht
       erschienen. Andererseits gibt es viele gute Gründe, Frauen auf höhere
       soziale Last, Lohnungerechtigkeit, Erziehungsarbeit nicht auch noch eine
       Wehrpflicht draufzuknallen. Auch das sollte bald gestern werden. Eine
       Arbeitsteilung zur Melodie „Krieg du Kinder, ich bring sie um“ ist durch.
       Wir müssen uns neu vereinbaren. Deutschland war noch nie an so vielen
       Kampfeinsätzen beteiligt wie unter den Frauen Merkel, Kramp-Karrenbauer,
       von der Leyen, und auch Frau Baerbock drängelt eher mit einem Protoschläger
       wie Klitschko aufs Pressefoto als mit einem untergetauchten Ukrainer im
       Exil. Das ist erst mal ein bitterer Schlag für Feministen. Und ein Argument
       für die Frauenwehrpflicht: Wenn frau über den eigenen Leib entscheidet,
       weiß sie, was sie tut.
       
       Nach desaströsen Ergebnissen für [2][Macrons] Partei Renaissance bei der
       Europawahl hat der französische Präsident das Parlament aufgelöst und
       Neuwahlen angekündigt. Sollte auch hierzulande über Neuwahlen nachgedacht
       werden? 
       
       Nö, das schafft Friedrich Merz schon alleine. Keine Ampelpartei hat ein
       Interesse, die aktuellen Umfragewerte in eine Mandatsverteilung zu
       verwandeln. Läuft die Legislatur durch, werden sich Söder und Wüst zur
       Kandidatenfrage melden. Bis dahin ist das Geknödel über Neuwahlen ungefähr
       so konstruktiv wie die gleichlautenden Textbausteine von AfD und BSW:
       Hauptsache, bisschen rumdemolieren, Wessis in Weimar. Das Grundgesetz sieht
       weder Rücktritt des Kanzlers noch Neuwahlen aus Daffke vor. Die Eltern der
       Verfassung legten aus bitterer Erfahrung Wert auf Stabilität. Und außer
       ihren 75ten Geburtstag zu feiern, kann man sich ja auch mal dran halten.
       
       [3][Die „Bild“ hat angekündigt, Interviews mit Politikern nicht mehr
       autorisieren zu lassen.] In den USA und Großbritannien ist das längst
       Praxis. Richtig so?
       
       Hallo, taz! Jemand wach bei euch? 2003 erschien auf dem taz-Titel ein
       Festival der Druckerschwärze. Das hatte Olaf Scholz, damals Generalsekretär
       der SPD, von einem Interview übriggelassen. Null Antwort, und teils wollten
       Scholz’ Presse-Nannys auch unliebsame Fragen der taz streichen. Damals
       schlossen sich eine Reihe nationaler Blätter, auch aus dem Springer-Verlag,
       dem Protest an. Sogar der Regierungssprecher wünschte einen „konstruktiven
       Dialog“, andere Formulierung für „Das ist morgen vergessen“. So kams. Eine
       Digitalisierung später filmt die Bild eh jedes Interview und denkt nicht
       mehr zuerst an die Print-Verwertung. Die PolitikerInnen sind begierig auf
       Bewegtbild, am liebsten 7 Sekunden Clickzeug für TikTok. Die Autorisierung
       wird ins Sprachzentrum der Interviewgäste verlegt: Sag nix, was nicht viral
       gehen kann. Weniger naive Malerei in verschriftlichten Gesprächen ist
       Beifang – und gern willkommen.
       
       In Berlin berieten mehr als 60 Länder bei der Wiederaufbaukonferenz über
       die Zukunft der Ukraine. Wie wichtig ist es, mit dem Wiederaufbau schon
       während des Krieges zu beginnen? 
       
       Die Geste zählt. Es ist ein Statement für eine zivile, friedliche und
       unabhängige Ukraine und gehört – wie Nothilfe mit Waffen und
       Verhandlungsbereitschaft zum Frieden – mit zur Verantwortung. Tücke kann im
       Detail liegen: Am Ende sollte das Land nicht unrettbar überschuldet sein
       und statt dem Russen ausländischen Investoren gehören.
       
       Friedrich Merz hat sich gegen eine Zusammenarbeit der CDU mit dem BSW
       ausgesprochen. Kann die CDU die Brandmauer nach links und rechts halten? 
       
       Pirouettenfritz hat aus Versehen seinen Thüringer Parteifreunden eine
       halbwegs beulenfreie Zukunft weggetrampelt. Und musste unterdes einräumen,
       mit der Absage an BSW nur die Bundesebene gemeint zu haben. Man muss kein
       Wagenknecht-Knecht sein, um der Thüringer CDU die Option einer
       Zusammenarbeit mit BSW nach der Landtagswahl zu wünschen. Dass auch viele
       Unionsanhänger Ramelow sympathischer und demokratischer finden, bekommt
       Merz nicht mehr gelöst.
       
       Im UN-Sicherheitsrat wurde ein von den USA eingebrachter Friedensplan für
       Nahost beschlossen. Beobachterstimmen sagen: Der Frieden in Nahost ist so
       nah wie lange nicht. Stimmt diese Wahrnehmung? 
       
       Makaberer könnte die Folge des Hamas-Terrors seit dem 7. 10. nicht sein.
       
       Und was macht der RWE? 
       
       Der Essener Berklant Gedikli hätte es fast in die Kroatische EM-Mannschaft
       geschafft. Er ist 19. Nächstes Mal.
       
       Fragen: Joscha Frahm
       
       16 Jun 2024
       
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