# taz.de -- Döring, Dänen, Dieter Bohlen: Schön wirds nicht, aber es muss sein
       
       > Ein zu friedlicher Friedensgipfel und die Schuldzuweisungen einer
       > Bildungsministerin. Dazu der dänische Versuch, etwas Gerechtigkeit zu
       > schaffen.
       
 (IMG) Bild: Bettina Stark-Watzinger verlässt die Bundespressekonferenz, Berlin Juni 2024
       
       taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche? 
       
       Friedrich Küppersbusch: Kein Fortschritt in der Gaza-Katastrophe.
       
       Und was wird besser in dieser? 
       
       Proteste in Israel gegen keinen Fortschritt in Gaza-Katastrophe.
       
       Am [1][Ukraine-Gipfel in der Schweiz] nahmen über 90 Delegationen teil,
       Russland und China blieben fern. Was bringt ein Friedensgipfel, bei dem
       Akteure, die den Krieg beenden könnten, nicht mit am Tisch sitzen? 
       
       Im besten Fall genau diese Frage, nur lauter. Die Ukraine fordert, in
       vielem zu Recht, eine Ächtung Russlands. Das wäre noch eine von vielen
       Unterstützerkonferenzen. Für diesmal wurde Russland „nicht eingeladen, weil
       es kein Interesse“ habe, am großen Ächtzeremoniell teilzunehmen. So
       gelang dem Schweizer Treffen hoffentlich auszuformulieren: Schön wird es
       nicht, aber sein muss es doch – nämlich nächstes Mal auf irgendeiner Ebene
       mit Russland zu sprechen. Erdoğan anerbietet sich, Saudi-Arabien
       unterschrieb vieldeutig das Schlusskommuniqué nicht. Dann war der
       Bürgenstock eine besonders demonstrative Art, nicht mit Russland zu reden,
       um es danach tun zu können.
       
       Nach Kritik an Bildungsministerin Stark-Watzinger, die die Kürzung von
       Fördermitteln für Wissenschaftler anhand politischer Kriterien erwogen
       haben soll, [2][versetzte diese ihre Staatssekretärin Sabine Döring in den
       einstweiligen Ruhestand]. Wird sich Stark-Watzinger im Amt halten können? 
       
       Der bloße Gedanke, WissenschaftlerInnen für unbotmäßige Meinungen das Geld
       zu streichen, widerspricht der Kernidee von Wissenschaft. Soll sie mehr
       sein als Wiederholung gehabter Irrtümer, besteht sie wesentlich aus
       unbotmäßigen Gedanken. Starkwatz begnügt sich mit der Schuldzuweisung an
       eine Untergebene. Das mag so gelaufen sein, man weiß es nicht. Dass jedoch
       die Ministerin zur Missbilligung sich vielstimmig treiben ließ, statt an
       der Spitze gegen unwissenschaftlichen Geist in ihrem Hause anzutreten, ist
       offensichtlich und außerdem – ein Rücktrittsgrund.
       
       Politiker von CDU und FDP fordern, [3][ukrainischen Geflüchteten
       Bürgergeldzahlungen zu verwehren], um so mehr Arbeitsanreize zu schaffen.
       Neuer Tiefpunkt populistischer Asyldebatten oder sinnvoller Vorschlag? 
       
       Roderich Kiesewetter – sein Vorname lässt ahnen, dass hinter ihm kein Gras
       wächst – ramentert schon länger, wehrfähigen Ukrainern in Deutschland das
       Leben ungemütlich zu machen. Einmal in Schwung, sägt der stillgelegte
       Berufsoffizier und Gelegenheitsfeldjäger auch am Grundrecht auf
       Kriegsdienstverweigerung. Und sieht die Streichung von Bürgergeld als
       „Anreiz“, dem russischen Krieg neue Opfer zu liefern. Krawallbotschafter
       Melnyk räumte ein, sein Sohn setze lieber sein Studium in Berlin fort,
       neulich erklärte Bürgermeister Klitschko seine Söhne für im Ausland geboren
       und unzuständig. Schön, wenn man Geld zu Hause hat. Wehrfähige Ukrainer
       bekommen ihre Pässe hier nicht verlängert, sitzen fest. Das Junktim bedient
       ausländerfeindliche Affekte und militaristisches Gejohle zugleich. Beim
       EM-Sieg der ukrainischen Mannschaft schwenkte die Kamera über eine
       begeisterte Fancrowd – man darf Geflohene, vaterländisch Gesinnte,
       Drückeberger, Soldaten, bangende Angehörige, alle Farben darunter vermuten.
       Das war zum Heulen.
       
       Das dänische Fußballteam der Männer [4][verzichtet auf eine
       Gehaltserhöhung, um so den Gender-Pay-Gap im Vergleich zum Frauenteam nicht
       zu vergrößern]. Ist das ein sauberer Anfang oder reine Symbolpolitik? 
       
       Erst recht sollte Dieter Bohlen von den Millionen, die er mit seinem mäßig
       einfallsreichen Tonschlamm kassiert, ordentlich abgeben müssen. An
       irgendwelche unbekannten Zupfer, die beruflich eher so von der Musik
       herkommen. Mixolydisch-Tonleitern auf der kleinen Bühne des Jazzclubs vor
       acht zahlenden Zuschauenden, so was. Das ist aber nicht so. Die andere
       große Unterhaltungsbranche – Fußball eben – zahlt auch nach Leistung, nicht
       auf dem Platz, sondern an der Ticketkasse, Merch, Werbung, TV-Rechte. Das
       mag, gemessen an der Qualität der Spielerinnen, genauso schreiendes Unrecht
       sein. Aber seit wann hat Marktwirtschaft etwas mit Gerechtigkeit zu tun?
       Die Geste des dänischen Teams wird fruchtbar, wenn sie – neben equal pay –
       zu equal play führt, also dem Frauenfußball in den untersten Spielklassen,
       bei den Amateurinnen und im Nachwuchs bessere, gleichwertige Bedingungen
       verschafft. Langzeitwirkung: mehr Zuschauer, mehr Kasse. Wer weiß – mit
       kindgerechter Förderung wäre Dieter Bohlen vielleicht Musiker geworden.
       
       Und was macht der RWE? 
       
       Inzwischen sind es zehn Spieler, die den Klub verlassen. Und vermutlich in
       einem Paralleluniversum neu gründen. Keine Ahnung, was da los ist, Wechsel
       im Management, Finanzierung unklar.
       
       Fragen: Joscha Frahm
       
       23 Jun 2024
       
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