# taz.de -- Brandsatzwurf auf „Tag X“-Demo: Vorwurf versuchter Mord
       
       > 2023 protestierten Hunderte in Leipzig wegen der Verurteilung der
       > Antifa-Gruppe um Lina E., Brandsätze flogen. Nun wurde Anklage erhoben.
       
 (IMG) Bild: Rund 11 Stunden kesselten die Polizeibeamten im Juni 2023 die Demonstrierenden ein
       
       BERLIN taz | Es war eine Demonstration in Leipzig vor einem Jahr, nach der
       vor allem ein Polizeikessel in Erinnerung blieb, in dem [1][für ganze elf
       Stunden mehr als 1.000 Linke festgehalten wurden], darunter auch
       Minderjährige: Proteste zum „Tag X“ nach der [2][Verurteilung einer Gruppe
       Autonomer um die Studentin Lina E.] Zuvor allerdings war es auch zu einem
       Brandsatzwurf der Protestierenden gekommen. Hierfür erhob die
       Staatsanwaltschaft Leipzig nun die maximale Anklage: mit dem Vorwurf des
       versuchten Mordes.
       
       Bereits Anfang Januar hatte sich der 25-jährige Joris „Benni“ J. der
       Polizei gestellt – zuvor war er zur Fahndung ausgeschrieben worden. Seitdem
       befindet sich der Leipziger in U-Haft. Er soll sich an den Protesten am 3.
       Juni 2023 in Leipzig beteiligt und laut Anklage gleich zwei Brandsätze
       Richtung Polizeibeamte geworfen haben, danach auch noch zwei Steine und
       einen Böller. Trotz Vermummung wollen ihn die Ermittler identifiziert
       haben.
       
       Tatsächlich landeten die Brandsätze damals auf einer Wiese und blieben
       folgenlos. Die Anklage konstatiert aber, „Benni“ J. habe mit den Würfen
       „zumindest billigend in Kauf genommen“, dass die Beamten tödlich verletzt
       werden könnten. Und laut Polizei wurden bei den Protesten insgesamt 18
       Beamte verletzt. Auch diese Verletzungen werden nun dem Leipziger
       angerechnet, weil er „gemeinschaftlich“ aus der gewalttätigen Menge heraus
       gehandelt habe, so die Anklage.
       
       Die Liste der Vorwürfe ist damit lang: Sie lautet auf versuchten Mord in
       zwei Fällen, Führen von verbotenen Gegenständen, Herbeiführen einer
       Sprengstoffexplosion, Landfriedensbruch, gefährliche Körperverletzung in 18
       Fällen, tätlichen Angriff und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte. Der
       Prozess soll vor dem Landgericht Leipzig verhandelt werden – das nun eine
       Zulassung der Anklage prüft.
       
       ## Soli-Bündnis sieht „Racheakt der Justiz“
       
       Ein Solidaritätsbündnis für „Benni“ J. bezeichnete die Anklage als
       überzogen, der Vorwurf des versuchten Mordes sei „hanebüchen“. Unter den
       damals Protestierenden habe es keine Bereitschaft gegeben, zu töten. Die
       Anklage wirke wie ein „Racheakte der Justiz“, die ein Exempel statuieren
       wolle, so das Bündnis. Es sei „eine weitere Eskalationsstufe der
       staatlichen Repression in Leipzig“. Kritisiert werden auch die
       Haftbedingungen von „Benni“ J.: Sein Postverkehr werde überwacht, Besuche
       würden erschwert.
       
       Zu den anderen damals Eingekesselten oder anderweitig Festgenommenen laufen
       die Ermittlungen weiter. Laut den Behörden werden [3][noch rund 1.300
       Ermittlungsverfahren geführt]. Nur zwei wurden bisher eingestellt, weil sie
       Minderjährige betrafen.
       
       Die Proteste waren auf die Verurteilung der Leipzigerin Lina E. und drei
       Mitangeklagte [4][zu mehrjährigen Haftstrafen im Mai 2023 vor dem
       Oberlandesgericht Dresden] gefolgt. Das Quartett soll zuvor mit anderen
       Autonomen mehrere schwere Angriffe auf Rechtsextreme in Sachsen und
       Thüringen verübt haben. Die Anklage führte am Ende die Bundesanwaltschaft.
       
       18 Jun 2024
       
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