# taz.de -- Stichwahl im Iran: Relativ egal
       
       > Deutschland wird auch mit dem neuen iranischen Präsidenten
       > zusammenarbeiten. Die Verbrechen des iranischen Regimes lohnen sich.
       > Warum also aufhören?
       
 (IMG) Bild: Feministische Außenpolitik? Irans Frauen spüren von diesem westlichen Anspruch nichts
       
       Zwei Tage vor [1][der iranischen Präsidentschaftswahl] veröffentlichten
       Angehörige von Opfern des iranischen Regimes ein Statement, in dem sie zum
       Boykott der Wahl aufriefen. Das iranische Regime ließ ihre Kinder, Brüder,
       Schwestern, Eltern ermorden – bei Protesten, im Gefängnis, beim Abschuss
       des ukrainischen Flugzeugs im Jahr 2020. Es zieht sich eine lange Blutspur
       durch die Geschichte der Islamischen Republik.
       
       [2][Die Wahl sei „gestellt“], so die Angehörigen. Wer wählen gehe,
       „riskiert es, die Regierung zu legitimieren“. [3][Die Unterdrückung von
       Andersdenkenden] werde so nur schlimmer, heißt es in dem Statement.
       Politische Gefangene wie Friedensnobelpreisträgerin Narges Mohammadi baten
       die Menschen aus dem Gefängnis heraus, ihre Stimmen nicht abzugeben. Auch
       außerhalb Irans gab es Proteste: Vor der iranischen Botschaft in London
       riefen Exil-Iraner:innen am Wahltag den inzwischen weltweit bekannten Ruf
       „Frau, Leben, Freiheit“ und protestierten gegen die Scheinwahl.
       
       Man würde meinen, dass eine iranische Zivilgesellschaft, die seit vielen
       Jahrzehnten auf die Menschenrechtsverbrechen und die fehlende Legitimität
       der Islamischen Republik aufmerksam macht – mit großen Opfern: Tod,
       Gefangenschaft, Verfolgung, Exil – von der internationalen Gemeinschaft
       gehört würde. Aber gerade westliche Staaten wie Deutschland, die EU oder
       die USA ignorieren auf geradezu grausame Art und Weise die Stimmen der
       Betroffenen. Wo Werte wie Demokratie, Freiheit und Gleichberechtigung
       rhetorisch fast schon ritualhaft hochgehalten werden – von feministischer
       Außenpolitik ganz zu schweigen – werden nicht die Menschen unterstützt, die
       für genau diese Werte kämpfen, sondern es wird dem iranischen Regime
       hofiert, das diese Werte systematisch ausmerzt.
       
       ## Westliche Politiker haben Vertrauen verspielt
       
       Das zeigt sich, wenn der deutsche Bundeskanzler der Islamischen Republik
       [4][zum Tod des Präsidenten Ebrahim Raisi] kondoliert, aber keiner und
       keinem der Angehörigen jener Tausender Menschen, die Raisi ermorden ließ.
       Deutschland wird auch mit einem neuen iranischen Präsidenten
       zusammenarbeiten, egal, wie er heißt. Die Verbrechen des iranischen
       Regimes: Sie lohnen sich. Warum sollten sie also damit aufhören?
       
       Man sollte den hochtrabenden Reden westlicher Politiker:innen keinen
       Glauben schenken. Werte, die relativ sind, sind keine Werte.
       
       30 Jun 2024
       
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 (DIR) Gilda Sahebi
       
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