# taz.de -- Erstverkauf von Briefmarken: Festtag für Philatelisten
       
       > Philatelisten sammeln Briefmarken. Seit Anfang Juli auch wieder neue
       > Motive der Deutschen Post: Den Leuchtturm „Alte Weser“, das Sams und
       > einen Bischof.
       
 (IMG) Bild: So sieht sie aus, die Blaue Mauritius
       
       Der Leuchtturm „Alte Weser“, das Sams und der Bischof Ulrich von Augsburg,
       der vor über 1.000 Jahren zumindest in Augsburg hohes Ansehen genoss, haben
       eines gemeinsam: Es gibt sie allesamt ganz frisch als Motiv auf
       Briefmarken. Ganz frisch bedeutet: Seit dem vierten Juli. Für diesen
       Erstverkaufstag wurde im [1][Berliner Museum für Kommunikation] extra für
       ein paar Stunden ein kleiner Stand eingerichtet, an dem man sich im Auftrag
       der Deutschen Post von Mitarbeitern des „Event-Teams Philatelie“ direkt so
       eine Marke mit dem Bischof oder dem Sams aushändigen lassen konnte.
       
       Das ist gar nicht so banal, wie es vielleicht klingen mag. Denn in der
       Postfiliale ums Eck, die es sowieso kaum noch gibt, ist so ein Ulrich von
       Augsburg mit großer Wahrscheinlichkeit gar nicht zu haben. Und das, sagt
       einer der Briefmarkeninteressierten, der an diesem vierten Juli vormittags
       extra ins Museum gekommen ist, sei nichts weniger als „ein Skandal“. Der
       Service der Deutschen Post für Leute wie ihn sei „einfach nur
       enttäuschend“.
       
       Für die Behauptung, dass der ehemalige Staatsbetrieb den Philatelisten nur
       noch wenig Liebe entgegenbringe, hat er auch gleich den passenden Beleg
       parat. Er komme gerade von einem der wenigen übriggebliebenen Postämter in
       Deutschland, die überhaupt noch mehr anbieten würden als den üblichen
       Briefmarkenramsch, und das befände sich unweit des Museums am Potsdamer
       Platz.
       
       Genau dort habe er einen Sonderbriefumschlag zu „70 Jahre Wunder von Bern“
       erstanden. Nun wolle er sich hier im Museum den groß angekündigten
       passenden „70 Jahre Wunder von Bern“-Stempel auf seinen Sonderumschlag
       setzen lassen. Doch was soll man sagen: Die beiden anderen Sonderstempel
       gibt es, den zur Fußballweltmeisterschaft 1954 aber nicht. Warum das so
       ist, darauf weiß der Mitarbeiter vom Event-Team Philatelie auch keine
       Antwort.
       
       Ein Witz sei auch, findet der Philatelist, [2][dass das sogenannte
       Philatelie-Journal der Deutschen Post] mit dem Titel Postfrisch hier im
       Museum bereits vergriffen sei. Zum Glück habe er bereits eines am Potsdamer
       Platz erstanden. In dem erfährt man übrigens, dass von der Post nicht nur
       Leuchttürme, Kinderbuchfiguren und Bischöfe aus dem Mittelalter mit
       Briefmarken geehrt werden, sondern dass im August eine Marke mit dem
       vergleichsweise coolen Marvel-Superhelden Hulk erscheinen wird.
       
       ## Verstempelte Umschläge
       
       Am Stand des Event-Teams Philatelie im Museum stapeln sich bereits die
       Briefumschläge mit Marken, die mit Sonderstempeln versehen wurden. Diese
       werden direkt ins bayerische Weiden verfrachtet, dem Philatelie-Zentrum der
       Deutschen Post. Und das, erfährt man, sei enorm wichtig. Denn dort in
       Weiden werde gewährleistet, dass der Sonderstempel nicht überstempelt
       werde, so wie ihm das bei der Abgabe im nächsten Späti drohen würde.
       „Verstempelt“ würde man das dann nennen, erklärt der Philatelist. Und
       solche „verstempelten“ Briefumschläge tauchen in den einschlägigen
       Fachmagazinen der Philatelie gerne als „Katastrophe des Monats“ auf.
       
       Motive wie das Sams und selbst der Hulk würden übrigens kaum etwas bringen,
       um auch jüngere Menschen für diese aufregende Welt der Philatelie
       begeistern zu können, glaubt der Philatelist. Dass der Anteil der Frauen
       unter den Briefmarkenexperten nur etwa fünf bis zehn Prozent betrage, sei
       das eine. Aber auch die männlichen Philatelisten würden immer weniger
       werden. „Die alten weißen Männer sterben aus“, sagt er.
       
       Noch aber ist es nicht so weit. Im Museum treffen sich nicht wenige dieser
       Männer, die sich noch für Briefmarken interessieren.
       
       Briefmarken können schließlich weiter eine Wertanlage sein. Eine [3][Blaue
       Mauritius] ist durchaus so wertvoll wie eine geräumige Eigentumswohnung in
       Berlin-Mitte. Damit man eine davon nicht aus Versehen wegwirft, falls man
       alte Briefe auf dem Dachboden entdeckt, aber nicht mal weiß, wie die
       sagenumwobene Briefmarke überhaupt aussieht: In der Dauerausstellung des
       Berliner Museums für Kommunikation gibt es eine echte Blaue Mauritius zu
       sehen.
       
       8 Jul 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.mfk-berlin.de/
 (DIR) [2] https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_philatelistischer_Zeitschriften
 (DIR) [3] https://de.wikipedia.org/wiki/Rote_und_Blaue_Mauritius
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Andreas Hartmann
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Stadtland
 (DIR) Kolumne Großraumdisco
 (DIR) Philatelie
 (DIR) Deutsche Post
 (DIR) Sammeln
 (DIR) wochentaz
 (DIR) Schwerpunkt Stadtland
 (DIR) Schwerpunkt Stadtland
 (DIR) Schwerpunkt Stadtland
 (DIR) Kolumne Großraumdisco
 (DIR) Schwerpunkt Stadtland
 (DIR) Schwerpunkt Europawahl
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) „A l’Arme“-Festival für ungestüme Musik: Laut ist gut, lauter noch besser
       
       Statt Schönklang gibt es fiese Störgeräusche zum Verzücken der
       Noise-Aficionados. Die haben glückliche Momente beim „A l’Arme!“-Festival
       in Berlin.
       
 (DIR) Fest auf dem Berliner Breitscheidplatz: Auf der Suche nach Europa
       
       Kartoffelbällchen sind auf dem Breitscheidplatz genauso Thema wie
       Bevölkerungsdichten. Zwischen lauter Buden mag man Europa kulinarisch oder
       politisch finden.
       
 (DIR) Unterstützung von Hamburgs Popszene: Hof-Gemeinschaft braucht Bass
       
       Die Hamburger Werkhof-Gemeinschaft Viva La Bernie kämpft um ihr Areal.
       Subkulturell grundierte Stars und virtuose Hochschulmusiker*innen
       helfen.
       
 (DIR) Craftbeer-Tasting für Frauen: Ohne Männer perlt es besser
       
       Die Craftbeer-Szene ist von Männern dominiert. Ein Laden in Hamburg bietet
       Verkostungen exklusiv für Frauen an.
       
 (DIR) Drachenbootrennen in Berlin: Familiennachmittag mit Drachenkopf
       
       Mit dem Blick aufs Wasser, wenn sich dort die Drachenboote zum Rennen
       sammeln: so darf man sich selbst in Berlin wie am Mekong fühlen.
       
 (DIR) Wahlhelfer bei der Europawahl: Die Zettel in einem wirbelnden Tanz
       
       Die einen geben ihre Stimme ab, und die anderen zählen sie. So funktioniert
       Demokratie. Es ist ein Freiwilligendienst, der auch zur Demutsübung wird.