# taz.de -- Neue Regeln zur Einbürgerung: Verfassungstreue gegen Einbürgerung
       
       > Das neue Staatsbürgerschaftsgesetz der Ampel enthält auch einige
       > Verschärfungen. Wie man sie umsetzt, steht im Kleingedruckten. Ein
       > Überblick.
       
 (IMG) Bild: Junge Frauen aus Afghanistan, der Türkei und Kurdistan vor der Einbürgerungsfeier im Rathaus Leipzig
       
       BERLIN dpa | Mit dem [1][neuen Staatsangehörigkeitsgesetz], das an diesem
       Donnerstag in Kraft tritt, setzt die Ampel-Koalition eines ihrer zentralen
       Vorhaben aus ihrem Koalitionsvertrag um. Die neuen Regeln sehen kürzere
       Fristen vor und erlauben den Doppelpass ab sofort für alle. Um eine
       bundesweit einheitliche Umsetzung zu ermöglichen, hat das
       Bundesinnenministerium nach eigenen Angaben wenige Tage vor dem Starttermin
       der neuen Regeln für die Einbürgerung an diesem Donnerstag vorläufige
       Anwendungshinweise dazu an die Länder geschickt.
       
       Diese haben allerdings für die Länder, deren Behörden die Einbürgerungen
       vornehmen, keinen bindenden Charakter, wie ein Sprecher erläuterte. Er
       sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Die Praxis der vergangenen Jahre hat
       jedoch gezeigt, dass die Länder sich an den Anwendungshinweisen des
       Bundesinnenministeriums orientieren, damit die gesetzlichen Regelungen zum
       Staatsangehörigkeitsrecht einheitlich angewandt werden.“
       
       Das von der Ampel-Koalition formulierte Gesetz sieht vor, dass ein Anspruch
       auf Einbürgerung nun schon nach fünf statt bisher acht Jahren besteht –
       vorausgesetzt, der Antragsteller erfüllt alle Bedingungen. Bei besonderen
       Integrationsleistungen sollen Ausländerinnen und Ausländer bereits nach
       drei Jahren Deutsche werden können. Voraussetzungen für die schnellere
       Einbürgerung sind gute Leistungen in Schule oder Job, hervorragende
       Sprachkenntnisse oder ehrenamtliches Engagement. Mehrstaatigkeit wird
       generell zugelassen.
       
       ## FDP: „Einbürgerung wird schwerer“
       
       Alle in Deutschland geborenen Kinder ausländischer Eltern erhalten ab
       sofort die deutsche Staatsangehörigkeit und können die Staatsangehörigkeit
       ihrer Eltern behalten, wenn mindestens ein Elternteil seit mehr als fünf –
       statt bisher acht – Jahren rechtmäßig in Deutschland lebt und ein
       unbefristetes Aufenthaltsrecht besitzt. Die sogenannte Optionsregelung, die
       bisher für nicht in Deutschland aufgewachsene junge Menschen galt,
       entfällt. Um die Leistungen der DDR-Vertragsarbeiter und der sogenannten
       Gastarbeiter zu würdigen, wurden für diese Gruppen die Anforderungen für
       eine Einbürgerung gesenkt.
       
       „Darauf haben viele seit Jahrzehnten gewartet“, sagte die
       Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Reem Alabali-Radovan (SPD).
       Deutschland habe mit der Reform „endlich ein Staatsangehörigkeitsrecht auf
       der Höhe der Zeit“.
       
       Die FDP wies darauf hin, dass die Hürden für die Einbürgerung trotz der
       kürzeren Fristen insgesamt nicht gesenkt würden. „Den deutschen Pass zu
       bekommen, geht künftig schneller, wird aber schwerer, denn die
       Voraussetzungen für die Einbürgerung wurden deutlich verschärft“, sagte der
       FDP-Innenpolitiker Stephan Thomae.
       
       ## Verschärfungen und neue Hürden
       
       Eine höhere Zahl von Anträgen bedeute auch nicht zwingend, dass es
       langfristig zu deutlich mehr Einbürgerungen kommen werde. Denn wer
       Deutscher werden wolle, müsse anders als bisher finanziell auf eigenen
       Beinen stehen, sagte der FDP-Bundestagsabgeordnete. „Zudem verschärfen wir
       Prüfungen, damit Antisemiten und Menschen, die unsere Werte nicht teilen,
       nicht eingebürgert werden“, fügte er hinzu.
       
       Der Deutsche Landkreistag rechnet dagegen mit einer deutlichen Zunahme der
       Einbürgerungen. „Wir schätzen, dass sich die Zahl der Einbürgerungsanträge
       verdoppeln, teilweise verdreifachen wird“, sagte Präsident Reinhard Sager
       der Bild-Zeitung.
       
       Schon [2][in den vergangenen Jahren ist die Zahl der Einbürgerungen stark
       gestiegen]: 2023 wurden in Deutschland rund 200.100 Ausländer eingebürgert
       – und damit so viele wie noch nie seit Beginn der Zeitreihe im Jahr 2000.
       Laut Statistischem Bundesamt waren es im Vergleich zum Vorjahr rund 31.000
       (plus 19 Prozent) mehr, nachdem die Zahl schon 2022 um rund 37.000 (+28
       Prozent) gestiegen war.
       
       ## „Lippenbekenntnisse“ sollen verhindert werden
       
       Wie aus dem Innenministerium verlautete, beinhalten die Anwendungshinweise,
       die an die Länder übermittelt wurden, auch Hinweise darauf, wie das
       Bekenntnis zur „freiheitlichen demokratischen Grundordnung des
       Grundgesetzes“ und zur „[3][besonderen historischen Verantwortung
       Deutschlands]“ überprüft werden können. Dazu wird es beim Einbürgerungstest
       [4][neue Fragen] geben, etwa zum Existenzrecht Israels.
       
       „Aufrufe zur Vernichtung des Staates Israel“ und entsprechende
       Sympathiebekundungen in den sozialen Medien, ebenso „Kriegshetze“ und
       homophobe Handlungen sollen einer Einbürgerung entgegen stehen. Bloße
       „Lippenbekenntnisse“ sollen verhindert und entsprechend überprüft werden.
       
       Praktische Hinweise gibt das Bundesinnenministerium den Ländern auch dazu,
       wie festzustellen ist, ob jemand, der als Angehöriger der sogenannten
       Gastarbeiter-Generation keinen schriftlichen Sprachnachweis erbringen muss,
       zumindest über ausreichende mündliche Sprachkenntnisse verfügt.
       
       Konkrete Hinweise gibt es auch zu der nunmehr [5][eingeschränkten
       Möglichkeit einer sogenannten Ermessenseinbürgerung]. Die kommt zum
       Beispiel aufgrund einer schwerwiegenden Erkrankung infrage – oder, wenn
       jemand wegen der Pflege von Angehörigen seinen Lebensunterhalt nicht
       vollständig allein bestreiten kann.
       
       Dazu heißt es aus Ministeriumskreisen: Voraussetzung für eine Einbürgerung
       auf Basis der Härtefallregelung sei, dass jemand, der einer der im Gesetz
       genannten „vulnerablen Personengruppen“ angehöre, „alles objektiv Mögliche
       und subjektiv Zumutbare“ getan habe, um den eigenen Lebensunterhalt zu
       sichern und dennoch, ganz oder teilweise, auf öffentliche Leistungen
       angewiesen sei.
       
       27 Jun 2024
       
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