# taz.de -- Tour de France: Es hagelt Rekorde
       
       > Jonas Vingegaard und Tadej Pogačar prägen nicht nur diese
       > Frankreich-Rundfahrt. Und sorgen für sporthistorische Marken.
       
 (IMG) Bild: Jonas Vinegaard und Tadej Pogačar machen die Tour de France unter sich aus. Mit deutlichen Vorteilen für den Slowenen
       
       Wann hat man das schon, dass Verlierer mit ihrer Niederlage nicht hadern,
       sondern stolz sind? Radprofi [1][Jonas Vingegaard] sorgte auf dem Plateau
       de Beille für einen dieser raren Momente. Eine Minute und acht Sekunden kam
       er hinter Tadej Pogačar ins Ziel. Im Radsport ist das eine Ewigkeit.
       
       Seine erste [2][Tour de France] gewann Pogačar vor Landsmann Primož Roglič
       nur mit insgesamt weniger als einer Minute. Das betont die Extraleistung
       des Slowenen am Sonntag. Etwa fünf Kilometer vor dem Ziel ließ er den
       Titelverteidiger aus Dänemark förmlich stehen. Der hatte den ganzen Tag
       über sein Team Visma-Lease a Bike eingesetzt, um eine eigene Attacke
       vorzubereiten. Er trat auch an. Pogačar aber folgte leichtfüßig.
       
       Der Slowene gab später zu, in diesem Moment selbst am Limit gewesen zu
       sein. Er kaschierte das aber mit seinem üblichen Jungenslächeln. Und als er
       sich am Hinterrad erholt hatte, zog er selbst von dannen.
       
       Vingegaard war geschlagen. Mehr als drei Minuten liegt er schon im
       Gesamtklassement zurück. Er sagte dennoch: „Ich bin stolz auf meine
       Leistung und auch stolz auf die des Teams.“ Er fügte hinzu: „Das heute war
       eine meiner besten Leistungen in meiner Laufbahn.“ Diese Bestleistung war
       zwar nicht gut genug für Pogačar, aber in der Liste der Allzeitbesten
       platzierte er sich an Position zwei, noch weit vor dem bisherigen
       Spitzenreiter [3][Marco Pantani].
       
       ## Die Heroen der Vergangenheit werden abgeschüttelt
       
       Der hatte bei seinem Double-Ritt 1998 43:28 Minuten gebraucht. Vingegaard
       war mehr als zwei Minuten schneller. Und Pogačar toppte das um 3:44
       Minuten. Der Tagesdritte Remco Evenepoel lag ebenfalls noch unter der
       Bestzeit von Pantani. Die Heroen der Vergangenheit werden also bei dieser
       Tour abgeschüttelt.
       
       Pogačar ragt da heraus. Er lieferte bei dieser Tour eine ganze Serie von
       Rekordfahrten. Schon am Vortag, als er in Pla d’Adet Vingegaard stehenließ,
       verbesserte er die alte Bestzeit von Zenon Jaskuła aus dem Jahr 1993 um
       fast zwei Minuten. Der Pole, damals Gesamtdritter der Tour, gab später zu,
       von Koffein und Kortison beflügelt gewesen zu sein. Pantanis Epo-Konsum ist
       gar kein Geheimnis mehr. Pogačar stellte bei dieser Tour auch noch Rekorde
       am mythischen Galibier sowie der steilen San Luca-Rampe bei Bologna auf. Da
       war Vingegaard zeitgleich mit dem Slowenen. Selbst durfte sich der Däne mit
       dem neuen Rekord am Zentralmassiv-Gipfel Col de Pertus trösten.
       
       Auf dieser 11. Etappe fing er den enteilten Pogačar noch ein und holte sich
       im Bergaufsprint den Tagessieg. Es war zugleich der Tag, an dem sich das
       Pendel mal zugunsten des Dänen auszuschwingen schien. Davor wie danach aber
       war Pogačar der Herr im Peloton. Und er ist immer mehr auf dem Wege, es dem
       Kletterer mit dem berühmten Piratentuch um den Kopf gleichzutun. „Ich bin
       zwar zu jung, um mich an Pantani zu erinnern, als er noch fuhr. Aber ich
       würde gern erreichen, was ihm gelang. Denn ich weiß, wie wichtig er für den
       Radsport in Italien und in der ganzen Welt war“, sagt der Slowene.
       
       ## Doch kein Herr der Tour de France
       
       Sein Mut zur Offensive stellt ihn tatsächlich schon jetzt auf eine Ebene
       mit dem Italiener. „Er könnte im gelben Trikot konservativer fahren, auf
       die Attacken der anderen warten. Aber er geht selbst in die Offensive. Das
       ist herausragend“, lobte ihn etwa Rolf Aldag vom Rennstall Red
       Bull-Bora-hansgrohe.
       
       Vingegaard hingegen bevorzugt den eher abwartenden Stil früherer
       Grand-Tour-Stars. Immer kompakt bleiben als Team lautet seine Devise. Das
       trug ihm den Ruf ein, ein Zauderer zu sein. Das ist er natürlich nicht. Er
       griff ja mehrmals auch selbst an. Und ohne Pogačar wäre er wahrscheinlich
       der eindeutige Herr dieser Tour de France. Jetzt hat er aber einen Besseren
       vor sich.
       
       Und natürlich fragt man sich bei all den tollen neuen Bestleistungen von
       Vingegaard wie Pogačar auch, welche Faktoren dazu beitragen. Die dritte
       Tour-Woche dürfte daher im Zeichen von Erklärungsversuchen stehen: Wie
       schnell sind die Räder geworden, um wie viel aerodynamischer die
       Bekleidung? Welchen Einfluss hat die Energiebereitstellung durch Ernährung?
       Aber auch: Was gibt der Markt der leistungssteigernden Substanzen alles
       her?
       
       15 Jul 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Ausnahmefahrer-der-Tour-de-France/!5943722
 (DIR) [2] /Tour-de-France/!t5014248
 (DIR) [3] /Tod-der-Radsport-Ikone-Pantani/!5036295
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Tom Mustroph
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Tour de France
 (DIR) Radsport
 (DIR) Schwerpunkt Frankreich
 (DIR) Tour de France
 (DIR) Tour de France
 (DIR) Tour de France
 (DIR) Radsport
 (DIR) Kolumne Press-Schlag
 (DIR) UCI
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Leistungsexplosion bei Tour de France: Der Herr der Kohlenhydratzufuhr
       
       Die schier unglaublichen Leistungen der Topfahrer bei der Tour de France
       werden mit einer Ernährungsrevolution erklärt. Was hat es damit auf sich?
       
 (DIR) Doping bei der Tour de France: Ach, das bisschen Gift!
       
       Am Rande der Tour de France wird über neue Arten unerlaubter Beschleunigung
       spekuliert: Kohlenmonoxid-Methode, AICAR und Diabetes-Mittel.
       
 (DIR) Sprinter bei der Tour de France: Grün ist die Hoffnung
       
       Der Kampf um das Trikot des besten Sprinters ist wieder eröffnet, doch
       trotz recht guter Leistungen sind die Deutschen da außen vor.
       
 (DIR) Biniam Girmay bei Tour de France: Afrikas Hoffnung auf dem Rad
       
       So erfolgreich wie Biniam Girmay war noch kein afrikanischer Teilnehmer.
       Die Wirkung des Eritreers für seine Heimat ist enorm.
       
 (DIR) Ausnahmeradler Tadej Pogačar beim Giro: Der freundliche Kannibale
       
       Die schier übermenschlichen Leistungen des slowenischen Radprofis Tadej
       Pogačar werden fraglos hingenommen. Warum eigentlich?
       
 (DIR) Sicherheit im Radsport: Technik und Training
       
       Stürze gehören zum Alltag eines Radprofis. Eine KI wertet das
       Sturzgeschehen aus, doch die Erkenntnisse werden noch viel zu selten
       genutzt.