# taz.de -- Proteste in Serbien gegen Lithium-Abbau: „Hier werdet ihr nicht graben“
       
       > Zehntausende demonstrieren in Belgrad gegen den Lithiumabbau im Westen
       > ihres Landes. Präsident Vučić hat das Bergwerk zur Chefsache erklärt.
       
 (IMG) Bild: Belgrad, 10. August: Tausende protestieren gegen Lithium-Abbau in Serbien
       
       BELGRAD taz | Nichts macht die Bürger Serbiens derzeit so wütend wie
       [1][der geplante Lithiumabbau]. Mehr als 40.000 Menschen protestierten an
       diesem Samstag im Zentrum Belgrads. Mit dem Slogan „Hier wirst du nicht
       graben!“ zeigten sie ihren Unmut über den geplanten Abbau von Lithium im
       Jadar-Tal in Westserbien.
       
       Bürger trugen Transparente, auf denen „Erde, Luft, Wasser – Freiheit“ stand
       und „Es wird hier kein Bergwerk geben“. Mit „Rio Tinto raus aus Serbien“,
       richtete sich der Protest auch gegen den britisch-australischen
       Bergbaukonzern, der bei Umweltschützern weltweit einen schlechten Ruf hat.
       Junge und ältere Menschen, Studenten, Beamte, Bauern – sie alle eint die
       Sorge, dass der Lithium-Abbau zu einer Umweltkatastrophe führen wird.
       
       „Ich bin hier wegen meinen Kindern und Enkelkindern. Wir dürfen es nicht
       zulassen, dass wir unseren Nachfahren ein vergiftetes Land hinterlassen“,
       sagte ein älterer Belgrader bei der Protestveranstaltung. Ähnliches hörte
       man auch von anderen Demonstranten. Die Angst ist ehrlich – und sie ist
       größer als die Ehrfurcht vor dem mächtigen Präsidenten Aleksandar Vučić und
       seinem Staatsapparat.
       
       „Sie wollen aus Serbien eine schmutzige Bergbaukolonie machen“, rief die
       bekannte Schauspielerin und Umweltaktivistin Svetlana Bojković entrüstet.
       Die Proteste halten seit Wochen an und finden in Dutzenden Städten überall
       im Land statt. Die Anzahl und die Entschlossenheit der sonst eher
       zurückhaltenden Bürger in der Provinz, dürfte den serbischen Autokraten
       Vučić überrascht haben.
       
       ## Projekt Jadar ist Chefsache
       
       Die Proteste laufen parteiübergreifend. Vučić' eigene Wählerschaft folgte
       zum Teil dem Aufruf des Bundes ökologischer Organisationen Serbiens.
       Allerdings bestand die Organisation darauf, dass die Demos sich nicht gegen
       das Regime richten, sondern gegen das Vorhaben Serbien zu „vergiften“.
       
       Doch aus der Sicht von Vučić gibt es dabei keine Trennlinie. Er hat das
       „Projekt Jadar“ zur Chefsache gemacht und sein ganzes politisches Kapital
       auf diese Karte gesetzt. Er verspricht den Serben ein Lithium bedingtes
       Wirtschaftswunder, Batterie- und Elektroautofabriken, einen deutschen
       Lebensstandard – wenn das Lithiumbergwerk 2027 mit der Arbeit beginnen
       kann.
       
       Der Besuch von [2][Bundeskanzler Olaf Scholz] in Belgrad [3][unterstützte
       den Kurs Vučić.] Hilfe kam auch vom Vizepräsidenten der EU-Kommission,
       Maroš Šefčovič, der ebenfalls in die serbische Hauptstadt reiste. Er
       unterzeichnete mit Vertretern Serbiens ein Abkommen, das eine
       umweltverträgliche Förderung des Leichtmetalls im Jadar-Tal garantieren
       soll. Das ganze entspricht einer Art EU-Partnerschaft mit Serbien zum Abbau
       des für Elektroautos so wichtigen Leichtmetalls. Mercedes und andere
       Autohersteller zeigen bereits großes Interesse für serbisches Lithium.
       
       Die Polizei stellte sich am Samstag den Demonstranten zunächst nicht in den
       Weg. Bis in die frühen Morgenstunden blockierten die Menschen die Autobahn
       und zwei Eisenbahnstationen. Erst als es deutlich weniger wurden, verjagten
       Sondereinheiten die Protestierenden von den Schienen. Einige wurden
       verhaftet. Ihnen könnte gar eine Klage wegen „versuchtem Staatsstreich“
       drohen und damit jahrelange Haftstrafen.
       
       11 Aug 2024
       
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