# taz.de -- Anarchistische Brandleger: Die Vulkan-Phantome
       
       > Seit 13 Jahren verübt eine „Vulkangruppe“ linksmilitante Brandanschläge,
       > nun gegen Tesla. Wer dahintersteckt, wissen die Behörden nicht.
       
 (IMG) Bild: Ermittler untersuchen einen Strommasten mit Brandspuren
       
       BERLIN taz | Es sah nach einem Durchbruch aus. In der Nacht auf den 16.
       Februar 2023 entdeckte ein Hubschrauber der Bundespolizei einen Mann und
       eine Frau an einer Bahnunterführung in Berlin-Adlershof. Polizisten am
       Boden nahmen das Duo fest: zwei Anfangdreißigjährige, bestückt mit einem
       Kanister und Funkgeräten. Die Beamten waren sicher, einen Brandanschlag auf
       Bahnanlagen verhindert zu haben.
       
       Die Frage aber, die offen blieb: Gehörte das Duo auch zu der Gruppe, die
       seit 2011 in Berlin Brandanschläge auf Bahnanlagen und Stromleitungen
       verübte – und in Bekennerschreiben vorzugsweise Namen von Vulkanen wählte?
       Die Frage ist bis heute ungeklärt: Denn die beiden Berliner, wohnhaft in
       der Rigaer und Liebigstraße, schweigen. Und den Ermittlern und
       Sicherheitsbehörden fehlen dazu Beweise. Ab Ende Mai wird den beiden nun in
       Berlin der Prozess gemacht.
       
       Mit dem [1][Brandanschlag auf einen Strommast in der Nacht zu Dienstag nahe
       der Tesla-Autofabrik in Grünheide (Brandenburg)] gerät die „Vulkangruppe“
       nun wieder in den Fokus. Denn in einem Schreiben bekannte sich diese zu der
       Tat, diesmal als „Vulkangruppe Tesla abschalten“. Tesla stehe für einen
       „totalitären technologischen Angriff auf die Gesellschaft“ und „extreme
       Ausbeutungsbedingungen“, heißt es im Bekennerschreiben. Man habe den
       „größtmöglichen Blackout der Gigafactory“ angestrebt. Auch Details der
       Tatausführung werden benannt. Eine Sprecherin der Brandenburger Polizei
       sagte der taz, man betrachte das Schreiben als authentisch.
       
       Tatsächlich steht das Tesla-Werk in Grünheide seitdem still. Der Schaden
       beträgt laut Unternehmen hunderte Millionen Euro. Sollte sich das
       bestätigen, wäre es einer oder der teuerste linksmilitante Anschlag in
       Deutschland überhaupt. Die Ermittlungen hat die Staatsanwaltschaft
       Frankfurt/Oder übernommen – aber auch das BKA ist involviert.
       
       ## Gemeinsamkeiten der Anschläge
       
       Und auch für die „Vulkangruppen“ wäre es der bisher folgenreichste
       Anschlag. Schon 2011 nutzte eine Gruppe den Namen eines isländischen
       Vulkans, um sich in Berlin zu einem Brandanschlag zu bekennen, [2][damals
       auf einen Kabelschacht am Bahnhof Ostkreuz]. Damals war es der
       Eyjafjallajökull, später folgten Grimsvötn oder Hekla. Mal hielten
       Transporte von Atommüll zur Begründung her, mal Waffenexporte, mal der
       Krieg in Afghanistan. Ziel war es stets, den „kapitalistischen Alltag“ zu
       durchbrechen.
       
       Was die Anschläge einte: Sie waren stets professionell vorbereitet, trafen
       neuralgische Punkte, führten zu stundenlangen Bahn- oder Stromausfällen –
       und die Täter*innen entkamen jedes Mal.
       
       Später variierten die Gruppennamen. Zu einem Anschlag auf Stromkabel in
       Berlin-Charlottenburg 2020 bekannte sich eine „Vulkangruppe Shut down the
       power“. Hier war das Ziel das Heinrich-Hertz-Institut und Protest gegen die
       Corona-App. Ein Jahr später traf es dann das erste Mal das Tesla-Werk,
       unter der Selbstbezichtigung „Vulkangruppe: Gegen den Fortschritt der
       Zerstörung“ wurden sechs Hochspannungskabel angezündet. Der Schaden war
       überschaubar, die Kabel blieben funktionstüchtig.
       
       Für die Sicherheitsbehörden ist bis heute unklar, wer hinter der
       Vulkan-Gruppe steckt – und ob es überhaupt immer dieselben Personen sind.
       Der Berliner Verfassungsschutz geht von einem zumindest „(teil-)identischen
       Autorenkreis“ der Bekennerschreiben aus, da diese sich in mindestens acht
       Fällen in Aufbau, Stil und Inhalt ähnelten. Auch ein Strategiepapier von
       2015 deute auf eine feste Struktur. Die Gruppe sei im anarchistischen
       Spektrum zu verorten. Und der Dienst warnte schon 2021, dass die
       Brandanschläge eine „sinkende Hemmschwelle“ in der linksextremen Szene
       aufzeigten.
       
       ## Fehlender öffentlicher Zuspruch
       
       Den Brandanschlag, der nun die Tesla-Fabrik lahmlegte, verurteilte
       Vizekanzler und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) am Mittwoch als
       „Verbrechen“, das „in jeder Hinsicht falsch und in keinster Hinsicht zu
       akzeptieren“ sei. Zuvor hatte bereits Innenministerin Nancy Faeser (SPD)
       den Anschlag als Tat mit „enormer krimineller Energie“ bezeichnet, die
       „durch nichts zu rechtfertigen“ sei.
       
       Unions-Innenexperte Thorsten Frei forderte, Faeser müsse einen „Aktionsplan
       gegen Linksextremismus“ auf den Weg bringen. SPD und Grüne hätten hier
       „viel zu lange weggeschaut“. Brandenburgs CDU-Chef Jan Redmann sagte, die
       Bundesanwaltschaft müsse die Ermittlungen übernehmen, da diese auch für
       Terrorismusbekämpfung zuständig sei.
       
       Dass die Brandanschläge öffentlich nicht auf Zuspruch stoßen, scheint auch
       zumindest Teilen der „Vulkangruppe“ klar. Drei Monate nach dem ersten
       Brandanschlag 2011 schrieb die Gruppe in einem „Nachtrag“ auf dem linken
       Onlineportal Indymedia, bei der Vermittlung der Aktion habe man
       „tatsächlich ein echtes Problem“. Man könne ja die Menschen nicht direkt
       ansprechen, um ihnen zu vermitteln, „warum wir ‚ihnen das jetzt antun‘“.
       Wenn Menschen das Vorgehen aber „nicht verstehen oder uns ablehnen, ist das
       nicht angenehm – aber wir werden eine Aktion nicht nach solcher
       Befindlichkeit ausrichten“, führen die Autor*innen weiter aus. Dafür
       seien die gesellschaftlichen Verhältnisse zu „ernst“.
       
       6 Mar 2024
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Konrad Litschko
       
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