# taz.de -- Antisemitismus im Kulturbetrieb: Kultursenator kippt Klausel
       
       > Nach viel Kritik zieht Joe Chialo (CDU) das verpflichtende Bekenntnis
       > gegen israelbezogenen Antisemitismus bei der Bewerbung um Fördergelder
       > zurück.
       
 (IMG) Bild: Einfach machen: Kultursenator Joe Chialo (CDU)
       
       BERLIN taz | Berlins Kultursenator Joe Chialo macht einen Rückzieher: Nach
       wochenlanger [1][Kritik an der Ende Dezember von ihm eingeführten
       Antidiskriminierungsklausel] erklärte der CDU-Politiker am Montag das
       Projekt vorerst für beendet. „Aufgrund von juristischen Bedenken, dass die
       Antidiskriminierungsklausel in dieser Form nicht rechtssicher sei, wird
       diese ab sofort keine Anwendung in Zuwendungsbescheiden mehr finden“,
       teilte die Kulturverwaltung mit.
       
       Seit dem Beschluss Chialos vor einem Monat mussten alle Künstler:innen, die
       sich um Fördergelder der Senatsverwaltung für Kultur und Gesellschaftlichen
       Zusammenhalt bewarben, die Klausel unterzeichnen. Für Unmut in der
       Kulturszene sorgte dabei das hierin enthaltene Bekenntnis gegen
       Antisemitismus.
       
       Grundlage dafür sollte unter anderem die Definition der International
       Holocaust Rememberance Alliance (IHRA) und ihre Erweiterung durch die
       Bundesregierung sein, [2][die sich gegen israelbezogenen Antisemitismus
       richtet]. Diese Bestimmung würde Kritik an Israel unmöglich machen,
       beklagten daraufhin Künstler:innen. Entsprechende [3][Boykottaufrufe
       gegen Berlin] ließen nicht lange auf sich warten.
       
       Aber auch jenseits der aufgeregten Stimmen aus dem vornehmlich
       pro-palästinensischen Umfeld bezog Chialo Prügel für die Klausel. So
       monierte Daniel Wesener, der Sprecher für Kulturfinanzierung der
       Grünen-Fraktion: „Die Formulierungen mäandern zwischen Gesinnungstest und
       Symbolpolitik, sind aber vor allem eines: rechtlich und praktisch kaum
       handhabbar.“ Genau das hat nun offenkundig auch der Senator selbst erkannt.
       
       ## Kulturverwaltung will neue Klausel erarbeiten
       
       Chialo betonte am Montag, dass er sich auch ohne Klausel „weiter für die
       diskriminierungsfreie Entwicklung der Berliner Kultur einsetzen“ werde. Er
       wolle „aber die juristischen und kritischen Stimmen ernst nehmen, die in
       der eingeführten Klausel eine Beschränkung der Kunstfreiheit sahen“.
       Zugleich kündigte er am Nachmittag im Kulturausschuss des
       Abgeordnetenhauses an, im Dialog mit Berlins Kulturszene eine
       rechtskonforme neue Klausel erarbeiten zu wollen.
       
       Rückendeckung für das Versenken der ursprünglichen Klausel in der
       Schreibtischschublade erhielt der CDU-Senator von Grünen und Linken. „Der
       Senator nimmt damit die ausgestreckte Hand der Künstlerinnen und Künstler,
       deren Bedenken und Verunsicherung ernst“, erklärte etwa die
       kulturpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Manuela Schmidt. Und: „Dafür
       gebührt ihm Respekt.“
       
       22 Jan 2024
       
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 (DIR) Rainer Rutz
       
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