# taz.de -- Asylstreit in der Union: Kommt es heute zum Showdown?
       
       > CDU und CSU beraten weiter über die Flüchtlingsfrage. Ein
       > Seehofer-Alleingang, sein Rauschmiss, Koalitionsbruch – alles scheint
       > möglich.
       
 (IMG) Bild: Unter Druck: Kanzlerin Merkel, hier zusammen mit Seehofer im März
       
       BERLIN taz | Nachdem die CSU und ihr Innenminister Horst Seehofer in der
       vergangenen Woche den Konflikt um die Flüchtlingspolitik in der Union
       eskaliert haben, könnte es heute zum Showdown zwischen Seehofer und
       Kanzlerin Angela Merkel (CDU) kommen. Ein Alleingang des Innenministers,
       sein Rauschmiss, Koalitionsbruch und das Ende der Fraktionsgemeinschaft
       zwischen den beiden Schwesterparteien – alles scheint möglich zu sein.
       
       In München tagt seit zehn Uhr der CSU-Vorstand. Erwartet wird, dass dieser
       Parteichef und Innenminister Seehofer beauftragen wird, mit der
       Zurückweisung von Flüchtlingen an der Grenze zu beginnen. Merkel lehnt
       einen nationalen Alleingang in der Flüchtlingspolitik ab. Sie will eine
       europäische Lösung erreichen und strebt bilaterale Abkommen mit Staaten wie
       Italien, Österreich oder Griechenland zur Zurückweisung von Flüchtlingen
       an. Dafür hat sie sich von ihrer Partei Zeit bis zum EU-Gipfel Ende Juni
       erbeten. Viele CDU-Abgeordnete unterstützen inhaltlich zwar Seehofers
       Forderung, wollen Merkel aber diese Frist gewähren.
       
       Erhält Seehofer von der CSU-Führung den Auftrag zum Alleingang, müsste er
       ankündigen, wann er diesen umsetzen will. Deutet sich hier kein Kompromiss
       mit der Kanzlerin an, dürfte diese das Vorgehen des Innenministers als
       Verstoß gegen ihre Richtlinienkompetenz verstehen. Das kann sich Merkel
       eigentlich nicht bieten lassen – sie müsste Seehofer entlassen. Das wäre
       das Ende der Koalition.
       
       Konkret geht es in dem Streit um Flüchtlinge, die bereits in einem anderen
       europäischen Land registriert worden waren und deshalb einen Eintrag in der
       Eurodac-Datenbank haben. Nach Angaben des Innenministeriums waren dies 2017
       60.000 Menschen, in den ersten vier Monaten diesen Jahres 18.000.
       
       ## Unterschiedliche Signale vom Innenminister
       
       In Berlin tagt seit neun Uhr das Präsidium der CDU, ab elf der
       Parteivorstand. Bereits am Sonntagabend hatte sich Merkel mit einem engen
       CDU-Führungszirkel über mögliche Kompromisse und das weitere Vorgehen
       beraten. An dem Treffen im Kanzleramt – Krisengespräch inklusive
       Fußballgucken – hatten neben CDU-Generalsekretärin Annegret
       Kramp-Karrenbauer unter anderem die Ministerpräsidenten Volker Bouffier
       (Hessen), Armin Laschet (Nordrhein-Westfalen) und Daniel Günther
       (Schleswig-Holstein) teilgenommen. Ergebnisse des Treffens, das nach
       Angaben von dpa fast sieben Stunden gedauert haben soll, wurde nicht
       bekannt. Um 14 Uhr will sich Merkel in einer Pressekonferenz den Fragen der
       Medien stellen. Zeitgleich hat Seehofer eine Pressekonferenz angekündigt.
       
       Der Innenminister sendete am Wochenende unterschiedliche Signale. „Niemand
       in der CSU hat das Interesse, die Kanzlerin zu stürzen, die
       CDU/CSU-Fraktionsgemeinschaft aufzulösen oder die Koalition zu sprengen“,
       sagte der Innenminister der Bild am Sonntag. In der Welt am Sonntag dagegen
       wurde kolportiert, der Innenminister habe in internen Runden gleich zweimal
       gesagt: „Ich kann mit der Frau nicht mehr arbeiten.“ Am Montag schrieb
       Seehofer in einem Namensbeitrag in der FAZ, es sei von entscheidender
       Bedeutung, „dass der EU-Gipfel Ende Juni endlich zu Beschlüssen kommt, die
       Deutschlands Lasten in der Migrationspolitik anerkennen und einen wirksamen
       Schutz der EU-Außengrenzen und eine faire Verteilung der Menschen mit
       Bleiberecht ebenso gewährleisten wie eine schnelle Rückführung der Menschen
       ohne Bleiberecht.“
       
       Nach einem Bericht der Welt plant Merkel ein Sondertreffen zur
       Flüchtlingspolitik mit Italien, Österreich und weiteren Staaten im Vorfeld
       des EU-Gipfels Ende Juni. Bei dem Treffen, das vielleicht schon am
       kommenden Wochenende stattfinden solle, sollten neue umfangreiche Maßnahmen
       im Kampf gegen die illegale Zuwanderung beraten werden. Konkret wird es dem
       Bericht zufolge darum gehen, das Mandat und damit die Aufgaben der
       EU-Grenzschutzbehörde Frontex deutlich zu erweitern und die Zusammenarbeit
       mit Drittstaaten zu stärken. Dabei werde derzeit vor allem an Tunesien
       gedacht. Außerdem werde es um neue konkrete Schritte gegen „das
       Weiterwinken von Migranten innerhalb der EU und damit auch den Grenzschutz
       im Schengen-Raum gehen“ gehen, zitiert die Zeitung EU-Diplomatenkreise.
       
       Die Bundesregierung dementierte am Sonntag, dass Merkel einen
       EU-Sondergipfel zur Flüchtlingspolitik anberaume. „Es ist kein
       EU-Sondergipfel geplant“, sagte ein Regierungssprecher der
       Nachrichtenagentur Reuters. Es sei allerdings selbstverständlich, dass die
       Bundesregierung mit unterschiedlichen Mitgliedstaaten und der Kommission
       spreche.
       
       Unterdessen hat die grüne Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt eine eine
       Beteiligung ihrer Partei an einer Bundesregierung im Falle des Ausscheidens
       der CSU nicht ausgeschlossen. „Dass die Grünen regieren könnten und
       gestalten wollen – daran gibt es keinen Zweifel“, [1][sagte sie der der
       taz]. Die Grünen seien aber nicht der Notnagel.
       
       18 Jun 2018
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Katrin-Goering-Eckardt-im-Interview/!5511488
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Sabine am Orde
       
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