# taz.de -- Bremer „Arisierungs“-Mahnmal: Der Bau hat begonnen
       
       > Bremer Logistikfirmen spielten eine besondere Rolle beim Abtransport
       > geraubten jüdischen Eigentums in der NS-Zeit. Nun wird ein Mahnmal
       > gebaut.
       
 (IMG) Bild: Skizze des Mahnmals: Die Sichtschächte zeigen leeren Raum oder Schattenrisse von Gegenständen
       
       HAMBURG taz | 2015 startete die taz die Crowdfunding-Kampagne „4qm
       Wahrheit“ und sammelte 27.003 Euro, um vier Quadratmeter Boden vor der
       Firmenzentrale von Kühne und Nagel (K+N) in Bremen zu kaufen – als Standort
       für ein Mahnmal. Der Bau begann vergangene Woche und soll laut Senat
       innerhalb von fünf Monaten fertiggestellt werden.
       
       Das Mahnmal soll unter anderem an die [1][„Aktion M“ erinnern, so wurde im
       Nationalsozialismus der Abtransport jüdischen Eigentums durch Spediteure]
       bezeichnet. Wie die taz berichtete, wurde Bremen hierbei eine besondere
       Rolle zuteil. Dies lag unter anderem daran, dass in Bremerhaven massenhaft
       jüdische Menschen zur Auswanderung gezwungen wurden.
       
       Zudem beheimatet die Hansestadt zahlreiche Logistikunternehmen. Gerade der
       mehrmals als „NS-Musterbetrieb“ ausgezeichnete Spediteur K+N, heute
       weltweit der drittgrößte, [2][hatte mit dem Abtransport beschlagnahmter
       Möbel in Westeuropa eine Quasi-Monopolstellung] inne. Das Unternehmen habe
       mittlerweile ein paar Aspekte eingeräumt, [3][aber eine klare Haltung zur
       eigenen unterstützenden Rolle des nationalsozialistischen Systems fehle bis
       heute], sagte Henning Bleyl, Initiator des „Arisierungs“-Mahnmals, der taz.
       
       Auf Grund mangelnden Willens, die eigenen Verstrickungen in die
       NS-Verbrechen aufzuarbeiten, versuchte Bleyl seit 2015, das Mahnmal in
       unmittelbarer Nähe der Bremer Firmenzentrale von K+N bauen zu lassen. Mit
       Erfolg: Zwischen Tiefer und Wilhelm-Kaisen-Brücke an den Weser Arkaden, in
       Sichtweite der K+N-Zentrale, wird nun Platz geschaffen für das
       künstlerische Werk von Evin Oettingshausen.
       
       ## Kühne und Nagel-Zentrale in Sichtweite
       
       Dieses besteht laut Pressemitteilung von Bleyl und Oettingshausen aus zwei
       rechtwinklig aufeinander treffenden Sichtschächten. Wer oberhalb
       vorbeiläuft, könne lediglich leeren Raum in den Schächten sehen, die das
       Vergessen von Geschichte symbolisiere. Wer die Treppe nach unten nimmt,
       könne hingegen von der Seite her Schattenrisse ehemals vorhandener
       Einrichtungsgegenstände entdecken. Oettingshausen möchte diese räumliche
       Anordnung als „Einladung für eine Perspektiverweiterung“ verstanden wissen.
       
       Finanziert werden solle der Bau laut Beschluss der Bremischen Bürgerschaft
       von allen, die sich an der Verfolgung jüdischer Menschen bereicherten.
       Hierzu zählten neben Unternehmen auch private Haushalte oder öffentliche
       Institutionen wie das Bremer Finanzamt, wie es in einer Pressemitteilung
       der Bürgerschaftsfraktion der Grünen heißt.
       
       Innerhalb von zehn Tagen seien nach einem Spendenaufruf über 60.000 Euro
       aus der Zivilgesellschaft zusammengekommen, so Bleyl und Oettingshausen.
       Insgesamt benötige der Bau des Mahnmals jedoch aufgrund gestiegener Preise
       für Baumaterialien 548.000 Euro statt der ursprünglich angenommenen 476.000
       Euro, sagt Werner Wick, Pressesprecher beim Senator für Kultur. Mit dem
       Verein Bremer Spediteure stehe man in Kontakt und habe eine finanzielle
       Unterstützung von Seiten der Unternehmen zugesichert bekommen. Unklar ist
       bis jetzt, wie hoch diese ausfallen wird.
       
       Kai Wargalla, kulturpolitische*r Sprecher*in der Bremer Grünen,
       findet fordernde Worte: „Jetzt muss die Bremer Logistikwirtschaft zu ihrer
       Verantwortung stehen. Gemeinsam haben wir die Verpflichtung, dauerhaft an
       das Geschehene zu erinnern, damit solche Verbrechen nie wieder passieren.“
       
       7 Dec 2022
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jasper von Römer
       
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