# taz.de -- Bundesrat zu sicheren Herkunftsstaaten: Abstimmung wird verschoben
       
       > Die Grünen äußern Bedenken gegen die Einstufung. Die Verfolgung von
       > Homosexuellen in den Maghreb-Staaten werde mit dem Gesetz außer Acht
       > gelassen.
       
 (IMG) Bild: Der Bundesrat wird am Freitag nicht über die sogenannten sicheren Herkunftsstaaten abstimmen
       
       BERLIN rtr | Die Abstimmung über die Einstufung von Marokko, Algerien und
       Tunesien als sichere Herkunftsstaaten im Bundesrat wird vertagt. Es gebe
       die einheitliche Haltung, dass dieser Punkt am Freitag von der Tagesordnung
       gestrichen werde, sagte Bremens Bürgermeister Carsten Sieling (SPD) am
       Donnerstagabend nach Beratungen im Kanzleramt.
       
       Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff erklärte, in den nächsten
       Tagen solle die Suche nach einer Lösung fortgesetzt werden. Es gehe darum,
       für Personen mit einer schlechten Bleibeperspektive ein Signal zu setzen,
       nicht mehr herzukommen. „Wir wollten das zumindest morgen nicht drauf
       ankommen lassen“, sagte der CDU-Politiker.
       
       Die Entscheidung soll nun auf die letzte Sitzung der Länderkammer vor der
       Sommerpause in drei Wochen vertagt werden. Die Grünen haben Bedenken gegen
       das Gesetz. Sie verweisen auf Menschenrechtsverletzungen in allen drei
       Maghreb-Staaten gegen bestimmte gesellschaftliche Gruppen, [1][wie etwa
       Homosexuelle].
       
       Mit dem vom Bundestag mit den Stimmen von Union und SPD bereits
       verabschiedeten Gesetz sollen die Asylverfahren von Menschen aus den drei
       nordafrikanischen Ländern beschleunigt werden und abgelehnte Bewerber aus
       diesen Ländern schneller abgeschoben werden können. Ohne die Zustimmung von
       mindestens drei Regierungen mit Grünen-Beteiligung hat das Vorhaben in der
       Länderkammer keine Chance.
       
       ## Merkel wirbt für das Gesetz
       
       Diskutiert wird etwa über einen Vorschlag, bestimmte Gruppen aus verkürzten
       Verfahren herauszunehmen. Im Fall der Maghreb-Staaten könnten das etwa
       Homosexuelle sein. Als weitere Variante gilt, das Gesetz zu befristen. Der
       baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat zudem als
       Kompromiss vorgeschlagen, generell die Asylverfahren für Menschen aus
       Ländern zu verkürzen, für die bisher nur eine geringe Anerkennungsquote
       galt.
       
       Merkel hatte am Donnerstag nochmal massiv für das Gesetz geworben. Die
       Regelung bedeute nicht, dass Betroffenen kein individuelles Asylverfahren
       mehr bekommen sollten. Die Menschen in Deutschland erwarteten nach den
       Vorkommnissen in der Silvesternacht in Köln, dass es hier einen Beschluss
       gebe, betonte Merkel.
       
       Damals war vor allem Migranten aus Nordafrika vorgeworfen worden, Frauen
       belästigt zu haben. Die Anerkennungsquote für Asylbewerber aus den drei
       Staaten sei zudem extrem gering, sagte die Kanzlerin. Bei den
       Westbalkanstaaten haben der Status als sichere Herkunftsstaaten dazu
       geführt, dass die illegale Migration von dort erheblich abgenommen habe.
       „Dieses Signal sollten wir fortsetzen“, forderte die CDU-Vorsitzende.
       
       Im Streit über die Einstufung von Marokko, Algerien und Tunesien als
       sichere Herkunftsstaaten für Asylbewerber hat das grün-schwarz regierte
       Baden-Württemberg seine Zustimmung im Bundesrat zugesagt. Ministerpräsident
       Winfried Kretschmann (Grüne) scherte damit am Freitag aus der
       Ablehnungsfront der Grünen in anderen Ländern aus.
       
       17 Jun 2016
       
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