# taz.de -- Der Sturm auf das Kapitol: Vom Algorithmus getrieben
       
       > Verschwörungstheorien haben Trump zur Macht verholfen und zur
       > Radikalisierung der US-Republikaner beigetragen. Und sie verbreiten sich
       > weiter.
       
 (IMG) Bild: Am Mittwoch stürmten QAnon-Anhänger*innen, Trump-Fans und Nazis das Kapitol
       
       Vor vier Jahren stürmte der 28-jährige Edgar Welch bewaffnet das Lokal
       Comet Ping Pong, fünf Kilometer vom US-Kapitol entfernt. Er wollte dort
       einen vermeintlichen Kinderhändlerring um Hillary Clinton ausheben. Diese
       irre Verschwörungserzählung unterfütterte Donald Trumps Wahlkampf.
       
       In der Pizzeria gab es kein Hinterzimmer, in dem Kinder gequält wurden.
       Aber eine Person, die sich Q oder QAnon nennt, verbreitet seitdem mit
       wachsendem Zuspruch die Verschwörungstheorie, eine liberale Elite rund um
       Clinton und Bill Gates entführe Kinder, um sich mit deren Blut jung zu
       halten. Diesen Dienstag schließlich stürmte eine Menge aus
       Trump-Anhänger.innen, Nazis und QAnon-Anhänger.innen das Kapitol. Ein
       Putsch oder ein breiter Aufstand war das nicht. Die USA stehen auch nicht
       kurz vor dem zweiten Bürgerkrieg. Live übertragen wurde vielmehr ein
       geplanter militanter Angriff, eingebettet in einen über soziale Netzwerke
       und Chatgruppen stimulierten Wutrausch. Aus einem Angriff auf eine Pizzeria
       ist eine gefährliche Bewegung geworden, die nicht nur den Präsidenten Trump
       überleben wird, sondern algorithmusgetrieben weiterhin wächst. Deshalb ist
       der Sturm auf das Kapitol so angsteinflößend.
       
       Spätestens seit dem Ende der Bush-Ära radikalisiert sich die
       [1][Republikanische Partei] im Turbotempo. Mit fast jeder parteiinternen
       Vorwahl rutscht ein noch halluzinatorischerer oder noch extremerer Kandidat
       oder eine solche Kandidatin in die erste Reihe. Selbst nach dem Angriff am
       Dienstag waren nicht alle Republikaner.innen im Kongress bereit, die
       demokratische Wahl von Joe Biden zu bestätigen.
       
       Parallel dazu stimuliert der Algorithmus weitgehend ungestört eine
       Radikalisierung im Netz. [2][QAnon] hat sich weltweit verbreitet, auch in
       Deutschland laufen Anhänger auf Coronademonstrationen mit. Diese Leute
       glauben, dass die verhasste Elite die Weltherrschaft an sich reißen wolle –
       und sehen in Donald Trump den Erlöser, der die Apokalypse und damit die
       Reinigung der Welt herbeiführe.
       
       ## Miteinander verwobene Verschwörungen
       
       Auf den Livebildern konnte man erkennen, dass sich in den vergangenen vier
       Jahren Trumpist.innen und Verschwörungsanhänger.innen aufeinander zubewegt,
       sich gegenseitig bestärkt und ihre Verschwörungstheorien miteinander
       verwoben haben. Seit der Wahl im November sitzt eine QAnon-Anhängerin für
       die Republikaner im Kongress.
       
       Angesichts der Ereignisse, schrieb die gerade in [3][Georgia] unterlegene
       Senatorin Kelly Loeffler am Dienstagabend, könne sie die Bestätigung von
       Joe Biden nicht mehr mit gutem Gewissen blockieren. Sie hat die Grenze
       gezogen. Diese Grenzziehung ist für die Republikaner nicht nur nötig, sie
       ist dringend. Der Algorithmus wartet nicht.
       
       7 Jan 2021
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Barbara Junge
       
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