# taz.de -- EU-Sondergipfel in Brüssel: Hochspannung vor Treffen
       
       > Eine Konfrontation mit der Türkei will die EU vermeiden. Aber Zypern
       > fordert neue Sanktionen – und blockiert nun Maßnahmen gegen Belarus.
       
 (IMG) Bild: Die Staats- und Regierungschefs haben in Brüssel viel zu besprechen – auch viel Heikles
       
       BRÜSSEL taz | „Volle Solidarität“ mit Griechenland und Zypern, aber keine
       neuen Sanktionen gegen die Türkei: Beim Sondergipfel am Donnerstag und
       Freitag will die EU eine Konfrontation [1][mit dem schwierigen Nachbarn am
       östlichen Mittelmeer] vermeiden. Gipfelchef Charles Michel setzt auf einen
       „konstruktiven Dialog“ mit dem türkischen Präsidenten Recep Erdoğan, wie es
       im Einladungsschreiben heißt.
       
       Rückendeckung bekommt der liberale Belgier vom deutschen EU-Vorsitz. Die
       Spannungen wegen der umstrittenen türkischen Gasbohrungen hätten
       nachgelassen, hieß es vor dem Spitzentreffen in Berliner Regierungskreisen.
       Griechenland habe sich zu Gesprächen mit der Türkei bereit erklärt, nun
       müsse nur noch das Problem mit Zypern gelöst werden. Das könnte jedoch
       schwierig werden.
       
       Die Regierung in Nikosia fordert neue Türkei-Sanktionen – und blockiert
       längst beschlossene Strafmaßnahmen gegen Belarus, um die EU zum Handeln zu
       zwingen. Deutschland lehnt eine Verknüpfung beider Themen jedoch strikt ab.
       
       Neben Deutschland will auch Frankreich auf Zypern einwirken, damit es
       seinen Widerstand aufgibt und die Sanktionen zu Belarus mitträgt.
       Allerdings gibt es noch eine weitere offene Frage: Sollen die Strafen auch
       Präsident Alexander Lukaschenko treffen? Darüber wurde am Mittwoch noch
       gerungen. Bisher stehen nur Schergen des Regimes auf der EU-Sanktionsliste,
       nicht aber ihr Chef.
       
       ## Schwierige Gespräche zum Fall Nawalny
       
       Schwierige Debatten werden etwa auch zu Russland erwartet. Die
       Bundesregierung erwartet beim Gipfel eine Verurteilung des Giftanschlags
       auf den russischen Oppositionspolitiker Alexej Nawalny. Frankreichs
       Staatschef Emmanuel Macron möchte jedoch weiter den Gesprächsfaden mit
       Präsident Wladimir Putin aufrecht erhalten. Deshalb dürften Sanktionen
       gegen Russland bei dem zweitägigen Treffen noch nicht zur Sprache kommen.
       
       Mit Spannung wird erwartet, wie sich Ungarn und Polen bei dem Gipfel
       verhalten. Die EU-Kommission hatte beide Länder am Mittwoch [2][wegen
       anhaltender Verstöße gegen den Rechtsstaat getadelt]. Zudem wurden Budapest
       und Warschau in einer Abstimmung über mögliche Finanzsanktionen überstimmt.
       Ungarns Regierungschef Viktor Orban hatte zuvor mit einem Veto gegen das
       neue EU-Budget gedroht.
       
       Beim Gipfel könnte Orban nun erneut auf Konfrontationskurs gehen, fürchten
       EU-Diplomaten in Brüssel. Der deutsche EU-Vorsitz will den Streit über den
       Rechtsstaat und das Geld jedoch ausblenden – und Orban auflaufen lassen.
       
       1 Oct 2020
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Tuerkisch-griechischer-Konflikt-um-Erdgas/!5709704&s=Zypern/
 (DIR) [2] /Bericht-der-EU-Kommission/!5713280&s=S%C3%BCnder/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Eric Bonse
       
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