# taz.de -- Merkels Kampf um Rechtsstaatlichkeit: Fauler Kompromiss mit Orbán > Der Vorstoß von Kanzlerin Merkel für mehr Rechtsstaatlichkeit in der EU > bleibt enttäuschend. Ungarns Premier Orbán hat weiterhin nichts zu > fürchten. (IMG) Bild: Angela Merkels Entwurf bleibt hinter dem zurück, was sie zuvor angekündigt hatte Es zahlt sich nicht aus, auf Viktor Orbán und andere autoritäre Regierungschefs in der EU zuzugehen und einen Rabatt auf europäische Werte zu gewähren. Das muss Kanzlerin Angela Merkel gerade auf die harte Tour lernen. Im Namen des deutschen EU-Vorsitzes hat Merkel einen Verordnungsentwurf vorgelegt, der Zahlungen aus dem neuen EU-Budget an die Einhaltung von europäischen Grundwerten [1][wie Rechtsstaatlichkeit] und Demokratie binden soll. Damit löst sie eine alte Forderung ein. Das EU-Budget soll keine Selbstbedienungstheke für selbstherrliche Staatschefs mehr sein, sondern dazu genutzt werden, den Rechtsstaat durchzusetzen – notfalls müssen EU-Gelder gekürzt werden. Doch der Entwurf bleibt weit hinter dem zurück, was Merkel im Juli in einer Rede im Europaparlament angekündigt hatte. Offenbar mit Rücksicht auf Orban wurde der neue Rechtsstaatsmechanismus weichgespült. Kürzungen soll es nur noch geben, wenn eine qualifizierte Mehrheit der EU-Staaten zustimmt und wenn die Rechtsstaatsmängel so gravierend sind, dass dies die ordnungsgemäße Verwendung der EU-Gelder gefährdet. Orbán wird das nicht kratzen, der [2][Verfechter einer „illiberalen“ Demokratie] darf weiter mit großzügigen Subventionen aus Brüssel rechnen. Ist der Streit damit beendet, wird Orbán den entschärften Mechanismus schlucken? Mitnichten. Mit ihrem faulen Kompromiss hat sich Merkel nur noch mehr Ärger eingehandelt – und das gesamte EU-Budget gefährdet. Denn Orbán droht nun mit einem Veto gegen den 1,8 Billionen Euro schweren Haushalt. Und er fordert den Rücktritt von Věra Jourová, die es gewagt hatte, die „kranke Demokratie“ in Ungarn zu kritisieren. Das zeigt, dass Merkels Entgegenkommen nichts gebracht hat. Die Kanzlerin hat den Rechtsstaat nicht gesichert, aber die europäische Demokratie geschwächt. Denn sie will sich nur mit Orbán auf Kompromisse einlassen. Dem Europäischen Parlament hingegen, das das EU-Budget noch absegnen muss, zeigt sie die kalte Schulter. 30 Sep 2020 ## LINKS (DIR) [1] /Kritischer-Journalismus-in-Ungarn/!5699563 (DIR) [2] /Protest-fuer-Medienfreiheit-in-Ungarn/!5703822 ## AUTOREN (DIR) Eric Bonse ## TAGS (DIR) Viktor Orbán (DIR) Rechtsstaatlichkeit (DIR) Krise der Demokratie (DIR) Demokratie (DIR) EU-Ratspräsidentschaft (DIR) Rechtsstaatlichkeit (DIR) Schwerpunkt Krisenherd Belarus (DIR) Schwerpunkt Pressefreiheit (DIR) Kolumne Die eine Frage (DIR) Viktor Orbán (DIR) Schwerpunkt Coronavirus ## ARTIKEL ZUM THEMA (DIR) Geldstrafen für EU-Rechtsstaatssünder: Es könnte teuer werden Trotz Drohungen aus Warschau und Budapest: Der Ratsvorsitz und das EU-Parlament haben sich geeinigt, wie Verstöße geahndet werden könnten. (DIR) EU-Sondergipfel in Brüssel: Hochspannung vor Treffen Eine Konfrontation mit der Türkei will die EU vermeiden. Aber Zypern fordert neue Sanktionen – und blockiert nun Maßnahmen gegen Belarus. (DIR) Bericht der EU-Kommission: Die Rechtsstaats-Sünder der EU Brüssel veröffentlicht erstmals Bericht zur Lage der Rechtsstaatlichkeit in allen 27 EU-Staaten. Demnach gibt es in mehreren Ländern Probleme. (DIR) Nach dem historischen Durchbruch: Es lebe die EU! Was wird aus der CDU/CSU ohne Merkel? Das ist die zukunft- und wahlentscheidende Frage nach dem EU-Gipfel in dieser Woche. (DIR) Ende von Sondervollmacht in Ungarn: Scheinbar großzügig Erst ließ sich Ungarns Premier Viktor Orbán unbegrenzte Vollmacht geben, jetzt gibt er sie zurück. Gebraucht hat er sie nie. (DIR) Rechte Parteien in der Corona-Krise: Gewinner wie Verlierer Rechtspopulisten in Italien und Frankreich profitieren nicht von der Corona-Krise. In Ungarn und Polen dagegen schon. Warum ist das so?