# taz.de -- EuGH-Urteil zu Dieselskandal: Teure Fahrlässigkeit
       
       > Viel mehr Dieselfahrer:innen als bislang können laut EuGH auf
       > Schadensersatz hoffen. Das Urteil ist auch ein Dienst an der Umwelt.
       
 (IMG) Bild: Zehntausende Schadenersatzklagen gegen Mercedes scheiterten
       
       Im achten Jahr nach dem Auffliegen eines der größten Betrugsskandale der
       Wirtschaftsgeschichte hat der Europäische Gerichtshof ein wohl epochales
       und für die Konzerne wahrscheinlich sehr teures Urteil gefällt. Danach
       steht dem Eigentümer eines Mercedes Diesel Schadenersatz wegen ungenügender
       Abgasreinigung zu, auch wenn das Auto diese nicht „vorsätzlich“ mit
       betrügerischer Absicht abgeschaltet hat, sondern aus „fahrlässigem“ Grund.
       
       Der Unterschied klingt läppisch, dürfte aber für Millionen
       Dieselfahrer:innen in Europa bares Geld wert sein. Das Urteil bezieht
       sich auf einen Skandal im [1][Dieselskandal]. Bei dem im September 2015
       bekannt gewordenen systematischen Betrug von Volkswagen ging es darum, dass
       hohe Stickoxidwerte aus dem Auspuff nur zur Typgenehmigung für die Behörden
       auf dem Prüfstand eingehalten wurden, nicht aber auf der Straße.
       
       Dafür musste [2][Volkswagen] bereits 32 Milliarden Euro an Strafen und
       Entschädigungen bezahlen. Das aktuelle Vergehen ist aber noch umfassender:
       [3][Die „Thermofenster“] – also eine Abgassoftware – sorgen dafür, dass die
       Reinigung der Emissionen nur bei einer Temperatur von zum Beispiel zwischen
       15 und 33 Grad stattfindet, um Motorenteile vor zu großer Hitze zu
       schützen. Bei den in diesem Fall betroffenen Volkswagen funktionieren die
       Thermofenster in kühleren bis kalten Jahreszeiten hingegen nicht.
       
       Ob fahrlässig oder vorsätzlich, macht also nun keinen Unterschied.
       Zehntausende Schadenersatzklagen gegen Mercedes scheiterten, weil bislang
       vor deutschen Gerichten die Linie galt: Nur bei Vorsatz, also gezielter
       Täuschung des Käufers, nicht aber bei Fahrlässigkeit besteht Anspruch auf
       Wiedergutmachung durch die Konzerne. Da setzt das aktuelle Urteil aus
       Luxemburg neue Maßstäbe.
       
       Fest steht: Die Konzerne haben Kund:innen und Aufsicht jahrelang mit
       infamer Dreistigkeit für noch mehr Profite betrogen. Wichtig ist nun, dass
       das Urteil schnell und gründlich zugunsten der irregeführten Eigentümer und
       vor allem zugunsten der Umwelt auf nationaler Ebene umgesetzt wird.
       
       21 Mar 2023
       
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 (DIR) Kai Schöneberg
       
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