# taz.de -- FDP-Pläne für Wirtschaftswende: FDP will wenden, wo soll das enden?
       
       > Mit einem 12-Punkte-Papier heizt die FDP den Streit in der Koalition neu
       > an. Die SPD ist empört, die Union höhnt, Grüne bleiben gelassen.
       
 (IMG) Bild: Bijan Djir-Sarai und Marie-Agnes Strack-Zimmermann bei einer Pressekonferenz nach einer Sitzung des FDP-Präsidiums in Berlin
       
       [1][Bijan Djir-Sarai] sah sich am Montag unter Rechtfertigungszwang. Die
       FDP habe „das Recht, eigene Positionen vorzutragen“, betonte der
       FDP-Generalsekretär am Morgen nach Beratungen des Präsidiums seiner Partei
       vor der Presse. Mit dem Rücken zur gemauerten Wand der Parteizentrale in
       Berlin forderte er fast flehentlich Verständnis für den Vorstoß der FDP
       ein: Von einer gezielten „Provokation“ könne keine Rede sein.
       
       [2][Am Wochenende waren neue Pläne der FDP bekannt geworden.] Demnach will
       sie die Leistungen für Empfänger von Bürgergeld künftig sofort um 30
       Prozent kürzen, wenn diese Angebote verweigern. Außerdem will sie die
       Subventionen für Wind- und Solarenergieanlagen abschaffen, die Rente mit 63
       für bestimmte Beitragszahlende beenden und das Lieferkettengesetz
       aussetzen. All das steht in einem 12-Punkte-Papier, aus dem die Bild am
       Sonntag vorab zitierte. Am Montag wurde das Papier vom FDP-Präsidium
       abgesegnet. Djir-Sarai machte deutlich, dass es eine Vorlage für den
       Parteitag der FDP am Wochenende in Berlin sein wird. Dort würden die Fragen
       in einem Leitantrag ausführlicher behandelt.
       
       Die SPD hatte prompt auf die Pläne reagiert. Wenn die FDP glaube, „dass es
       der Wirtschaft besser geht, wenn es Handwerkern, Krankenschwestern oder
       Erzieherinnen schlechter geht, dann irrt sie gewaltig“, holzte SPD-Chef
       Lars Klingbeil. SPD-Generalsekretär Kühnert sagte, seine Partei werde es
       nicht zulassen, „dass unser Land mit dem Fingerspitzengefühl von
       Investmentbankern geführt wird“. Die Spitzenkandidatin der Sozialdemokraten
       für die Europawahl, Katarina Barley, sprach am Montag in Berlin von einem
       „Anti-Sozial-Papier“, riet aber zur Gelassenheit: Es gelte noch immer der
       Koalitionsvertrag.
       
       Linken-Chefin Janine Wissler bezeichnete das FDP-Papier am Montag als
       „Dokument der sozialen Grausamkeit“. [3][Mit Blick auf geplante schärfere
       Sanktionen beim Bürgergeld] sagte sie: „Was die FDP hier vorschlägt, ist
       nicht nur schäbig und verwerflich, sondern auch noch verfassungswidrig.“
       
       ## „Scheidungsurkunde der Ampel“
       
       Die Grünen hielten sich zunächst damit zurück, die Vorschläge der Liberalen
       zu kommentieren. Nur Außenministerin Annalena Baerbock mahnte staatstragend
       an, die Vorschläge der FDP seien „angesichts der aktuellen Weltlage“
       problematisch. Parteichef Omid Nouripour reagierte am Montag betont
       gelassen. Es sei nicht neu, dass man in vielen Dingen unterschiedliche
       Ansichten habe.
       
       CSU-Chef Markus Söder bezeichnete das FDP-Papier dagegen höhnisch als
       „Scheidungsurkunde der Ampel“ und forderte die FDP auf, die Koalition zu
       verlassen. Auch CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann sagte, das Papier
       lese sich wie „Lambsdorff 2.0'“ – ein Seitenhieb auf den ehemaligen
       FDP-Wirtschaftsminister Otto Graf Lambsdorff, der 1982 mit einem ähnlichen
       Papier den Wechsel von einer sozialliberalen Koalition in ein Bündnis mit
       der Union unter Helmut Kohl vorbereitet hatte. Seine Partei sei zur
       Zusammenarbeit bereit, warb er um die FDP.
       
       Davon wollten Djir-Sarai und Marie Agnes Strack-Zimmermann, die ihm als
       Spitzenkandidatin der FDP für die Europawahl am Montag zur Seite stand,
       nichts wissen. Die FDP wolle sich innerhalb der Koalition „dafür
       starkmachen, dass diese Dinge umgesetzt werden“, sagte Djir-Sarai. „Für uns
       sind diese Themen zentral.“ Man werde bei den anderen Parteien dafür
       werben, sei sich aber der Grenzen der eigenen Möglichkeiten bewusst.
       
       Auf dem FDP-Parteitag am Wochenende könnten weitere Punkte dazukommen,
       sagte der Generalsekretär. „Das ist nicht ein Parteitag der Grünen, das ist
       nicht ein Parteitag der SPD, es ist auch nicht ein Parteitag der
       Ampelkoalition. Das ist ein Parteitag der FDP“, betonte Djir-Sarai das
       Offensichtliche. Es klang leicht verzweifelt.
       
       22 Apr 2024
       
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