# taz.de -- GdP-Chef über Bauernproteste: „Ein Angriff auf die Demokratie“
       
       > Traktoren auf Protesten sind gefährlich. Nach der Eskalation in Brüssel
       > fordert Jochen Kopelke, Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei, ein
       > Verbot.
       
 (IMG) Bild: Treffen der EU-Agrarminister am 26.2.2024 in Brüssel: Bei Protesten mit zahlreichen Traktoren ist die Lage eskaliert
       
       taz: Herr Kopelke, wie schätzen Sie [1][das aktuelle Protestgeschehen] in
       Europa und in Deutschland ein? 
       
       Jochen Kopelke: Die Proteste in Brüssel waren ein Angriff auf die
       Demokratie. Die Intensität, die Gewalt und die Gefahren, die mit den
       Aktionen einhergegangen sind, haben auf Verfassungsorgane gezielt. Und in
       Deutschland war es sehr auffällig, dass insbesondere Veranstaltungen der
       Grünen durch Proteste behindert wurden. Wenn politische Versammlungen
       verhindert werden und demokratische Prozesse nicht mehr stattfinden können,
       ist das ein Angriff auf unser politisches System und auf den
       Parlamentarismus.
       
       Sie haben nach der [2][Verhinderung des politischen Aschermittwochs der
       Grünen in Biberach] ein Traktorenverbot auf Demonstrationen gefordert … 
       
       Ja, von diesen schweren Arbeitsmaschinen geht eine Riesengefahr aus, schon
       im normalen Alltag: Bei Unfällen geht es gleich um Schwerverletzte oder
       Tote. Wenn das auf einer Demonstration mit einer aufgebrachten Menge
       zusammenkommt, die anfängt, unfriedlich zu werden, wird’s schnell
       gefährlich. Deshalb brauchen wir mindestens eine Begrenzung dieser
       Fahrzeuge auf Demonstrationen. Die gehören da nicht hin.
       
       Ist die Polizei auf weitere Traktorblockaden vorbereitet? 
       
       Grundsätzlich kann die Polizei mit solchen Versammlungen umgehen. Wir haben
       Taktiken, bestimmte Einheiten und Spezialfähigkeiten, die sicherstellen,
       dass die Polizei ihrem Auftrag nachkommt. Eingeschränkt handlungsfähig sind
       wir nur dann, wenn wie Anfang des Jahres Tausende von Zugmaschinen und
       Arbeitsmaschinen zusammenkommen, und wir schnell viele Kräfte durch die
       Republik verlegen müssen.
       
       Sie haben auch von einer zunehmenden Aggressivität gegen Polizistinnen und
       Polizisten gesprochen. Können Sie das weiter ausführen? 
       
       In den hochemotionalen Versammlungen, die wir seit Mitte des letzten Jahres
       und während der Coronazeit erlebt haben, kommt es immer wieder zu
       Konflikten. Bei Uniformträgerinnen und Uniformträgern entlädt sich der
       Frust zuerst – verbal aggressiv, aber auch, wie wir das jetzt erleben, mit
       Steinen, Flaschen und Pyrotechnik. Qualitativ gibt es zwar noch einen
       Unterschied zu Belgien, Frankreich, Polen oder den Niederlanden. Aber die
       eine oder andere radikale Protestform schwappt doch zu uns herüber.
       
       Wie entwickeln sich die Bauernproteste in Deutschland? 
       
       Wir sehen einen Unterschied zwischen den sehr großen Versammlungen, die die
       Bauernverbände und andere Organisationen Anfang des Jahres angemeldet
       haben, und den zuletzt eher kleinen Protesten. Dort sind die
       Verantwortlichkeiten nicht mehr klar – das ist ein Nährboden für
       Extremisten. Andere Gruppen können an solche unstrukturierten, nicht
       vorbereiteten Versammlungen leicht anknüpfen und sie unterwandern. Deswegen
       fordere ich jeden dazu auf, sich von unfriedlichen Protesten zu
       distanzieren. Das gilt nicht nur dann, wenn es gewalttätig wird, sondern
       auch im Vorfeld schon, wenn man Galgen sieht, oder [3][wenn Bedrohungen
       stattfinden].
       
       Ist das auch als Appell an Organisationen wie die [4][Freien Bauern und LSV
       Deutschland] zu verstehen, die wiederholt zu kleineren Protesten und
       Blockaden aufgerufen haben? 
       
       Das stimmt. In Teilen distanzieren sich die Verantwortungsträger der
       Demonstration im Anschluss von den Gewalttätigkeiten, aber ein früherer
       Schritt wäre notwendig: Den Ausschluss von einer Versammlung muss in der
       Regel die Versammlungsleitung vornehmen, davon muss man aber auch Gebrauch
       machen.
       
       Sie haben vorhin auch die Corona-Demonstrationen angesprochen. Sehen Sie
       bei den Protestformen eine Verbindung? 
       
       Nein, da sehe ich keinen Zusammenhang. Höchstens, dass wir zunehmend
       feststellen, dass bestimmte Milieus und Gruppen sich in jede dieser
       Versammlung einklinken und die Proteste unterwandern. Allgemein wird die
       Ausübung der Versammlungsfreiheit aber kreativer. Wir haben in den letzten
       fünf Jahren, glaube ich, schon fast alles erlebt: Menschen, die sich auf
       die Fahrbahn kleben, die sich in Traktoren setzen, die mit Fluggeräten in
       Stadien fliegen. Wir haben Unterwasser-Demonstrationen gesehen, und
       Proteste auf Booten. Das stellt die Polizeibehörden vor enorme
       Herausforderungen.
       
       28 Feb 2024
       
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