# taz.de -- Gesetzesentwurf Abstammungsrecht: Mutter, Mutter, Kind
       
       > Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) plant eine Reform des
       > Abstammungsrechts: Lesbische Paare sollen ohne Adoption Mütter werden
       > können.
       
 (IMG) Bild: Forderung nach Gleichberechtigung und Toleranz: Christopher Street Day im Juli 2017 in Berlin
       
       BERLIN taz | Lesbische Paare sollen bei der Geburt eines Kindes
       gleichgestellt werden: In einem Gesetzesentwurf des
       Bundesjustizministeriums, der der taz vorliegt, soll unter anderem das
       Abstammungsrecht reformiert und Mutterschaft neu definiert werden. Geplant
       ist, dass der Paragraf 1591 des Bürgerlichen Gesetzbuches einen zweiten
       Absatz bekommt: „Mutter eines Kindes ist neben der Mutter nach Absatz 1
       auch die Frau, die zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter nach Absatz 1
       verheiratet ist oder die die Mutterschaft anerkannt hat.“ Bisher heißt es
       nur in Absatz 1: „Mutter eines Kindes ist die Frau, die es geboren hat.“
       
       Mit der geplanten Änderung könnten zwei Frauen automatisch gemeinsam Eltern
       werden – egal ob sie verheiratet sind oder nicht. Das, was für
       heterosexuelle Paare eine Selbstverständlichkeit ist, ist für [1][lesbische
       Paare derzeit nicht möglich].
       
       Bislang wird nach einer Geburt nur die Frau, die das Kind geboren hat, als
       Mutter anerkannt, während der Partnerin nichts anderes übrig bleibt, als
       das gemeinsame Kind zu adoptieren. Die Adoption kann allerdings erst nach
       der Geburt beantragt werden, was zu einer vorübergehenden
       Rechtsunsicherheit des Kindes führt.
       
       Nach der Einführung der [2][„Ehe für alle“ im Jahr 2017], wäre diese
       Änderung ein weiterer Schritt, gesetzliche Diskriminierung von
       gleichgeschlechtlichen Paaren abzuschaffen. Der Entwurf beinhaltet aber
       keine ähnliche Regelung für schwule Paare. Zudem wird am
       Zwei-Eltern-Prinzip des Abstammungsrechts festgehalten.
       
       Markus Ulrich vom Lesben- und Schwulenverband freut sich zwar über
       „Bewegung in Sachen Abstammungsrecht“. Aber er betonte: „Wir wollen, dass
       Regenbogenfamilien in ihren vielfältigen Konstellationen rechtlich
       abgesichert werden. Alles andere schadet dem Kindeswohl. Wir fordern die
       rechtliche Anerkennung von Mehrelternschaft und die Anerkennung von trans-
       und intergeschlechtlicher Elternschaft.“
       
       ## Vorschlag von den Grünen im Februar abgelehnt
       
       Ulle Schauws, frauen- und queerpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion
       Bündnis 90/Die Grünen, begrüßte das Vorhaben, bezeichnete es aber als lange
       überfällig. „Lesbische Paare warten seit Jahren darauf, dass ihre
       Diskriminierung seit Einführung der Ehe für alle endlich endet.
       
       Bedauerlich ist, dass die Regierung sich nicht bereits der abschließenden
       Abstimmung zum Grünen Gesetzentwurf (aus 2018) im Februar angeschlossen
       hat, der von Union und SPD abgelehnt wurde. Eine weitere zeitliche
       Verzögerung ist jetzt nicht mehr hinnehmbar. Wir sind auf die Details des
       Gesetzesvorschlages gespannt und werden diesen sehr konstruktiv begleiten“,
       sagte sie der taz.
       
       Auch die queerpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Doris Achelwilm
       bezeichnete es als „absolut überfällig, die Diskriminierung von
       Zwei-Mütter-Familien zu beenden.“ Sie lobte aber, dass die Regelung „auch
       für unverheiratete lesbische Paare gilt und dass auf hierarchische Begriffe
       zwischen den Müttern verzichtet wird.“
       
       Laut Gesetzesentwurf sollen bei lesbischen Eltern beide Elternteile als
       „Mutter“ bezeichnet werden; auf den Begriff „Mit-Mutter“ wurde verzichtet.
       Achelwilm kündigte zudem an zu prüfen, „ob bei den gleichzustellenden
       Regenbogenfamilien die Regelungen für das Kind, die Mütter und die
       samenspendende Person passen“. Auch die Dokumente für trans* und
       intergeschlechtliche Eltern müssten diskriminierungsfrei geregelt sein.
       
       21 Aug 2020
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Benachteiligung-bei-der-Ehe-fuer-alle/!5425730
 (DIR) [2] /Ehe-fuer-alle-in-Deutschland/!5451467
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jasmin Kalarickal
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Homosexualität
 (DIR) lesbisch
 (DIR) Ehe für alle
 (DIR) Gleichstellung
 (DIR) Familienrecht
 (DIR) [tazze]IG
 (DIR) Adoptionsrecht
 (DIR) Familienpolitik
 (DIR) Schwerpunkt LGBTQIA-Community
 (DIR) Abstammung
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Elternschaft lesbischer Paare: Familie ist, wer Familie sein will
       
       Ein Gericht in Celle fordert eine Regelung der Mutterschaft bei
       gleichgeschlechtlichen Paaren. Für eine moderne Gesellschaft wäre sie
       überfällig.
       
 (DIR) Adoptionsrecht für lesbische Paare: Ganz kleiner Fortschritt
       
       Lesbische Mütter sind noch immer zur Stiefkindadoption gezwungen.
       Wenigstens sollen sie jetzt nicht mehr zu einer Zwangsberatung verpflichtet
       werden.
       
 (DIR) Aufwachsen in Regenbogenfamilien: „Wir sind kein Experiment“
       
       Es gibt immer mehr Kinder mit gleichgeschlechtlichen Eltern. Wie lebt es
       sich als Regenbogenfamilie? Drei Kinder und ihre Eltern erzählen.
       
 (DIR) Ungleichbehandlung durch geltendes Abstammungsrecht: Queere Mütter klagen
       
       Mit der Iniative „nodoption“ machen queere Mütter darauf aufmerksam, dass
       sie ihre eigenen Kinder adoptieren müssen. Jetzt gehen sie vor Gericht.
       
 (DIR) Statistik über Adoptionen in Deutschland: Familienbild wird flexibler
       
       Die Zahl der Adoptionen in Deutschland sinkt seit Jahren stetig. Eine
       bestimmte Form der Adoption hingegen nimmt zu.
       
 (DIR) Familien mit mehr als zwei Eltern: Alles andere als kompliziert
       
       Statt lesbische Mütter gleichzustellen, wird ihnen eine Beratung
       aufgedrückt. Besser wäre es, endlich Mehrelternschaft anzuerkennen.
       
 (DIR) Wenn zwei Lesben ein Kind erwarten: Mutter mit Malus
       
       Gesa Teichert-Akkermann und Verena Akkermann können nach deutschem Recht
       nicht beide Mütter sein. Dagegen will das Paar klagen.