# taz.de -- Hannibal-Netzwerk in Meck-Pomm: Rechtsextreme Elitepolizisten
       
       > Laut einer Expertenkommission hat es beim SEK der Polizei
       > Mecklenburg-Vorpommern eine rechtsextreme Gruppe gegeben.
       
 (IMG) Bild: Schwer bewaffnete Polizisten bei einer Antiterrorübung im April 2017
       
       BERLIN taz | Im Spezialeinsatzkommando der Polizei Mecklenburg-Vorpommern
       hat es eine Gruppe rechtsextremer Polizisten gegeben. Zu dieser
       Einschätzung sind nun auch die Experten einer „Unabhängigen Kommission“
       gekommen. Die drei Männer stellten ein entsprechendes Gutachten am Dienstag
       in Schwerin vor – und üben teils heftige Kritik.
       
       Der Leiter der Kommission, der frühere Chef des Bundesamts für
       Verfassungsschutz Heinz Fromm, sagte, es habe innerhalb der Gruppe
       rechtsextremes und fremdenfeindliches Verhalten gegeben. [1][Das berichtete
       der Nordkurier.] Außerdem sollen die rechtsextremen Elitepolizisten
       Verbindungen zu sogenannten Preppern gehabt haben.
       
       Als Führungsfigur macht Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Lorenz
       Caffier (CDU) den Ex-SEK-Polizisten Marko G. aus., der derzeit in Schwerin
       unter anderem deshalb vor Gericht steht, [2][weil er 55.000 Schuss Munition
       gehortet haben soll].
       
       Er ist auch eine Schlüsselfigur des von der taz und anderen Medien
       aufgedeckten sogenannten Hannibal-Netzwerks mit rechtsextremen Mitgliedern
       in Armee, Polizei und anderen Behörden. Die Mitglieder des Netzwerks sind
       meistens Männer, die sich auf einen drohenden Ernstfall vorbereiten –
       manche legen einfach nur einen größeren Vorrat an Wasser und Konserven an.
       Es gibt aber auch radikalisierte Prepper, die Waffen horten, weil sie
       rassistischen Vorstellungen von einer angeblich bevorstehenden Invasion von
       Geflüchteten anhängen.
       
       Caffier hat Konsequenzen aus dem Bericht gezogen, zwei ranghohe Beamte sind
       ihre Jobs los. Sie werden nicht entlassen, aber versetzt. Bisher war der
       Innenminister eher zögerlich aufgetreten, wenn es um sein Vorgehen gegen
       rechte Prepper und Polizisten ging.
       
       Caffier berief den Leiter der Polizei-Abteilung in seinem Innenministerium,
       Frank Niehörster, und den Chef des Landeskriminalamts, Ingolf Mager, von
       ihren Posten ab. „Die Vorfälle und die im Raum stehenden Vorwürfe waren und
       sind eine Zäsur für die Landespolizei“, ließ Caffier per Pressemitteilung
       verbreiten. Und: „Das Vertrauen der Menschen in die Polizei wurde
       beschädigt und viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Landespolizei
       sind selbst verunsichert.“
       
       In Reihen des Koalitionspartners SPD stößt Caffiers Informationspolitik auf
       Unverständnis. Der Landtagsabgeordnete Dirk Friedriszik (SPD) kritisiert,
       dass das Parlament vollkommen außen vor bleibe. „Ich war derjenige, der
       eine unabhängige Kommission in der SEK-Affäre gefordert hat“, sagt er der
       taz. „Es ist ein Skandal, dass Caffier jetzt eine Pressekonferenz gibt,
       ohne vorher den zuständigen Innenausschuss zu informieren.“
       
       Bei ihren Schlussfolgerungen berufen sich die Experten der Kommission auf
       Akten aus dem Innenministerium, Gespräche mit mehr als 80 Personen und
       Geschriebenes in Chat-Gruppen. Das Innenministerium in Schwerin hat eine
       achtseitige Zusammenfassung des Berichts erstellt, die der taz vorliegt.
       
       Probleme mit Rechtsextremismus habe es nur in einer von drei
       SEK-Einsatzgruppen gegeben, so die Schlussfolgerung der Kommission. Die
       Betroffenen hätten die „festgestellten rechtsextremistischen, insbesondere
       fremdenfeindlich geprägten Einstellungen und entsprechenden
       Fehlverhaltensweisen“ in die Polizei hereingetragen.
       
       ## Mangelnde Aufmerksamkeit, fehlende Konsequenzen
       
       Sie konnten demnach jahrelang agieren, weil es an Wissen und Sensibilität
       gefehlt habe. Die fraglichen Beamten, alle inzwischen aus dem SEK
       ausgeschieden, hätten zudem aufgrund ihres höheren Alters und der
       Bundeswehr-Vergangenheit die Meinungsführerschaft übernehmen können. Es
       habe „mangelnde Aufmerksamkeit und fehlende Konsequenz von Vorgesetzten auf
       allen Ebenen“ gegeben und auch „Defizite im Bereich der Fach- und
       Dienstaufsicht“.
       
       Die Kommission sieht auch „Schwachstellen bei der Personalauswahl“, wenn es
       darum geht, extremistische Bewerber von der Polizei fernzuhalten.
       Kritisiert wird zudem die enge Zusammenarbeit mit dem Betreiber des
       Schießplatzes, auf dem das SEK trainierte. Da seien vergaberechtliche
       Richtlinien nicht eingehalten worden, und es sei problematisch, „dass einem
       privaten Betreiber ermöglicht wurde, genaue Einblicke in polizeiliche
       Interna zu erlangen“.
       
       In einer Pressemitteilung zählt das Innenministerium die Konsequenzen auf,
       die Lorenz Caffier aus den Vorfällen bei seiner Polizei ziehen will. Die
       Spezialeinheiten sollen ab 2020 nicht mehr dem Landeskriminalamt zugeordnet
       sein, sondern der Bereitschaftspolizei. „Ich verspreche mir hiervon eine
       bessere Einbindung der Spezialeinheiten“, heißt es dazu in der Mitteilung
       von Caffiers Ministerium. Die Beamten sollten „so mehr mitgenommen und
       besser integriert werden“.
       
       Wie diese Integration vonstattengehen soll, führte Caffier in eher groben
       Zügen weiter aus: So soll im Auswahlverfahren bei den Spezialeinheiten
       künftig wieder ein Psychologe dabei sein, es habe da jahrelang „personelle
       Engpässe“ gegeben.
       
       Außerdem wünscht sich Caffiers Behörde mehr Frauen in der Polizei. Denn, so
       heißt es in der Mitteilung des Innenministeriums: „Ein höherer Frauenanteil
       könnte negativen, gruppendynamischen Prozessen, die in klassischen
       Männerberufen schnell entstehen, entgegenwirken.“
       
       Aber können solche Maßnahmen wirklich etwas gegen rechtsextremes
       Gedankengut bei der Polizei bewirken?
       
       ## Rechtsextreme Subkultur
       
       So fand es das Kommissionsmitglied Manfred Murck, früher
       Verfassungsschutzchef in Hamburg, problematisch, dass das Verhalten der
       rechtsextremen Gruppe anderen Kollegen im SEK zwar aufgefallen sei, diese
       aber nichts unternommen hätten.
       
       Murck sagte laut Nordkurier, dass man zwar gemerkt habe, dass dort Kollegen
       mit Büchern über die Wehrmacht hausieren gingen, aber niemand habe gesagt:
       „Die kommen aus der rechten Ecke und wir müssen aufpassen, was wir für
       Kollegen haben.“ Dabei habe es erste Hinweise auf die rechtsextreme
       Einstellung der Polizisten bereits 2009 gegeben, damals waren sie noch in
       der Ausbildung. Ein Teil dieser Hinweise sei auch an Vorgesetzte gegangen.
       
       Murck sprach weiter von „einer richtigen kleinen Subkultur innerhalb einer
       polizeilichen Einheit“. Und das dritte Kommissionsmitglied Friedrich
       Eichele, früher Kommandeur der Spezialeinheit GSG9, sagte gar, es habe im
       Spezialeinsatzkommando keine Disziplinaraufsicht gegeben, weil die Führung
       der Einheit damit überfordert gewesen sei.
       
       Neben der SEK-Kommission tagt in Mecklenburg-Vorpommern seit zwei Jahren
       auch eine von Innenminister Lorenz Caffier eingesetzte Kommission, die
       klären soll, wie gefährlich Prepper sind und wie viele es davon in dem
       Bundesland gibt. Einen Bericht hat die Prepper-Kommission trotz Ankündigung
       noch nicht vorgelegt. [3][Wie die taz jüngst beschrieben hat,] liegt das
       unter anderem daran, dass die Kommission bislang nicht viel herausfinden
       konnte.
       
       26 Nov 2019
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.nordkurier.de/mecklenburg-vorpommern/rechtsextreme-in-mv-polizei-angeblich-nur-beim-sek-2637586311.html
 (DIR) [2] /Prozess-im-Hannibal-Komplex/!5640043
 (DIR) [3] /Kommission-zur-rechten-Prepperszene/!5636747
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Sebastian Erb
 (DIR) Daniel Schulz
       
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