# taz.de -- Impfgegner-Demo: Bürgerliche Querdenker
       
       > 13.700 Impfgegner haben am Samstag in Hamburg demonstriert. Es war der
       > größte Protest seit Langem.
       
 (IMG) Bild: Die Impfgegner bedienten sich linker Slogans, scheuten aber auch nicht die Nähe zur extremen Rechten
       
       HAMBURG taz | „Freiheit ist die einzige, die fehlt“ dröhnte bei der
       Demonstration in Hamburg aus den Lautsprecherfahrzeugen. Die Hymne
       „Freiheit“ von Marius Müller-Westernhagen nutzt die sogenannte
       Querdenker-Bewegung gern. Am Samstag waren in der Innenstadt unter dem
       Motto „Das Maß ist voll – Hände weg von unseren Kindern“ laut
       Polizeiangaben mehr als 13.700 Protestierende auf der Straße.
       Zwischenzeitig seien es bis zu 16.000 Teilnehmende gewesen. Oft stehen die
       ostdeutschen Bundesländer im Fokus der Berichterstattung zu
       Querdenker-Protesten. Vergangenen Samstag scheint die Bewegung aber in
       Hamburg die größte Protestveranstaltung der vergangenen Wochen ausgerichtet
       zu haben.
       
       Die Protestierenden schienen überwiegend aus der bürgerlichen Mitte und aus
       alternativen Milieus zu stammen: Von gepflegtem Kurzhaarschnitt und
       Barbour-Jacken bis zu blonden Dreadlocks und Hess-Natur-Look war alles
       vertreten. Bei der Kunsthalle erklärte einer der Organisatoren gleich zu
       Beginn, dass sie keine „Corona-Leugner“ seien, sondern „Impfgegner“. Doch
       schon die Aussage auf den selbstgemachten Schildern offenbarte
       weitergehende Positionen. Neben „Impfpflicht nein danke“ war „Great Reset
       No Way“ zu lesen. Der „Große Neustart“ ist das Synonym für ein
       [1][Verschwörungsnarrativ]. Demzufolge wollen die wirtschaftlichen Eliten
       global die Pandemie nutzen, um Nationalstaaten zu vernichten, Bargeld
       abzuschaffen, Geschlecht und Familien aufzulösen.
       
       Auch Heiko Schöning befeuerte zu Beginn des Protests
       Verschwörungserzählungen in seinem Redebeitrag. Der [2][Mitinitiator von
       „Ärzte für Aufklärung“] aus Hamburg ist längst einer der Stars der
       Bewegung. Er bezeichnete die Pandemie als „geplante Panikmie“, sprach von
       mafiösen Strukturen und kriminellen Firmen, die erst Covid-19 geschaffen
       und nun eine weitgehende Monopolstellung bei der Impfstoffherstellung
       hätten. „Schwer Kriminelle“ seien das, verkündete der Arzt der Menge.
       
       Die Protestierenden trugen zum Teil Buttons wie „Gib Gates keine Chance“.
       Auch ein [3][Gelber-Stern-Aufnäher mit der Aufschrift: „Ungeimpft“] war
       dabei. Der Polizei fiel diese Person auf, ein Ermittlungsverfahren wegen
       Verdachts der Volksverhetzung wurde eingeleitet. Die Polizeikräfte
       kontrollierten teilweise die Einhaltung der Maskenpflicht, konnten aber
       nicht verhindern, dass sie vielfach unterlaufen wurde.
       
       Im Tross hatten sich auch extrem Rechte eingereiht. Zum Gruppenfoto
       posierte die AfD-Bürgerschaftsfraktionsspitze Dirk Nockemann und Alexander
       Wolf mit weiteren Mitgliedern. Mit einer kleinen Entourage lief Hannes
       Ostendorf auf. Der Sänger der rechtsextremen Hooligan-Band „Kategorie C“
       ließ sich vor einem Demonstrationsblock ablichten. Aus einem der Blöcke
       skandierten die Teilnehmenden: „Das System ist am Ende, wir sind die
       Wende“. Ein Slogan, der sonst bei rechtsextremen Aufmärschen genutzt wird.
       
       An der Elbe dominieren Rechtsextreme aber nicht den Protest. Das
       bürgerliche Milieu mit teilweise alternativem Habitus sucht am Samstag aber
       erneut keine Distanz. Ein Schild offenbart die Sichtweise: „Nazis? Wo? Hier
       nicht!“.
       
       9 Jan 2022
       
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