# taz.de -- Konflikt um AKW: Aufatmen in Saporischschja
       
       > Russische Truppen könnten das Atomkraftwerk bald verlassen. Denn eine
       > Einigung ist in Sicht.
       
 (IMG) Bild: AKW Saporischschja: Lange hat die Welt gezittert, dass es hier eskalieren könnte
       
       KYJIW taz | Möglicherweise werden die russischen Truppen noch in diesem
       Jahr das [1][Atomkraftwerk Saporischschja] verlassen. So jedenfalls
       interpretieren ukrainische und russische Medien ein Interview mit dem Chef
       der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Rafael Mariano Grossi, für
       die [2][italienische Zeitung Repubblica.] Grossi spricht da von einer
       Lösung für das AKW, die man wohl bis Jahresende erreichen werde.
       
       Die beiden Seiten hätten sich schon auf einige grundlegende Prinzipien
       einer Vereinbarung geeinigt, so Grossi. „Der Abzug der Waffen aus dem
       Kraftwerk ist das, was die Ukrainer verständlicherweise fordern. Und es
       wäre immer noch Teil der Allgemeinen Vereinbarung“, so Grossi in dem
       Interview.
       
       Der IAEA-Chef hatte auch lobend hervorgehoben, dass sich Ukraine und
       Russland geeinigt hätten, weder auf das AKW zu schießen noch von diesem zu
       schießen. Gleichwohl war Grossi der Frage aus dem Weg gegangen, wer denn
       nun die Verantwortung für die Schüsse auf das AKW trage. Es sei nicht seine
       Aufgabe, so Grossi, Verantwortung zuzuweisen. Seine Aufgabe sei es, einen
       Atomunfall zu verhindern.
       
       Im März hatten [3][russische Truppen das AKW angegriffen und besetzt]. Am
       3. Oktober wurde in Moskau die Firma „Organisation zum Betrieb des AKWs
       Saporischschja“ registriert, die jetzt – aus russischer Sicht – Betreiberin
       des AKWs ist. Und der russische Atomkonzern Rosatom hatte einen Großteil
       der Mitarbeiter des AKWs gezwungen, ihren Arbeitsvertrag mit der
       ukrainischen Energoatom zu kündigen und mit der Moskauer Firma
       zusammenzuarbeiten, berichtet die ukrainische Atomexpertin Olga Koscharna
       der taz.
       
       ## Russischer Export von Ammoniak ist im Gespräch
       
       Vieles spricht dafür, dass die Russen im AKW Saporischschja bereits auf
       gepackten Koffern sitzen. So hatte das oppositionelle russische Medium
       Meduza von Hinweisen über einen russischen Abzug aus dem AKW berichtet.
       Russland würde seine Waffen und Soldaten aus dem AKW abziehen, wenn es im
       Gegenzug Garantien erhielte, auch weiterhin Öl und Gas über ukrainisches
       Gebiet exportieren zu können, hatte Meduza berichtet.
       
       Über die [4][Druschba-Pipeline] liefert Russland durch die Ukraine Öl nach
       Ungarn, in die Slowakei, in die Tschechische Republik und nach Polen.
       
       Es wäre vielleicht besser, so Atomexpertin Koscharna zur taz, wenn man
       Russland stattdessen den Export von Ammoniak garantieren würde. Auch das
       ist im Gespräch. Ende November, so hatte die Nachrichtenagentur Reuters
       berichtet, hatten sich Vertreter Russlands und der Ukraine in den
       Vereinigten Arabischen Emiraten getroffen und über die Möglichkeit eines
       Gefangenenaustauschs und eine Garantie für einen Export von russischem
       Ammoniak über ukrainisches Gebiet gesprochen. Ammoniak wird für die
       Herstellung von Düngemitteln gebraucht.
       
       Alexander Musienko vom ukrainischen Zentrum für militärrechtliche Fragen
       begrüßt eine russisch-ukrainische Vereinbarung, bei der Russland das AKW
       verlässt und im Gegenzug Garantien für den Export von Energieträgern
       erhielte.
       
       ## Russland könnte AKW aus der Entfernung kontrollieren
       
       Doch selbst wenn Russland seine Waffen und seine Soldaten aus dem AKW
       abziehen würde, heißt das noch nicht, dass die Ukraine damit sofort wieder
       die Kontrolle über das AKW erlangt. Die Moskauer Firma „Organisation zum
       Betrieb des AKWs Saporischschja“ werde nämlich auch aus der Entfernung
       versuchen, weiterhin das AKW zu kontrollieren, fürchtet Olga Koscharna im
       Gespräch mit der taz. Außerdem sei nicht klar, wer aktuell legitimiert sei,
       das AKW zu leiten.
       
       Die Ukraine habe Juri Tschernitschuk, der bisher Chefingenieur des AKWs war
       und nun mit Moskau einen Vertrag abgeschlossen hat, die Lizenz entzogen.
       „Derzeit gibt es niemanden in der Führung des AKWs“, so Koscharna, „der für
       diese Aufgabe eine gültige Lizenz hat.“ Es sei ein beispielloser Vorgang,
       dass ein AKW von Personen geführt werde, die dazu nicht lizensiert seien.
       
       4 Dec 2022
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /-Nachrichten-im-Ukraine-Krieg-/!5896215
 (DIR) [2] https://www.repubblica.it/esteri/2022/12/02/news/nucleare_centrali_ucraina_grossi_aiea-377077279/
 (DIR) [3] /AKW-Saporischschja/!5879392
 (DIR) [4] /-Nachrichten-im-Ukraine-Krieg-/!5887882
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Bernhard Clasen
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
 (DIR) AKW
 (DIR) IAEA
 (DIR) GNS
 (DIR) Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
 (DIR) AKW
 (DIR) Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
 (DIR) Kolumne Radelnder Reporter
 (DIR) Energiekrise 
 (DIR) Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
 (DIR) Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Nukleare Sicherheit in der Ukraine: IAEA schickt Mission in AKWs
       
       Die Atomaufsichtsbehörde entsendet Expert:innen in drei von der Ukraine
       kontrollierte Kernkraftwerke. Das Ziel: Sicherheit garantieren.
       
 (DIR) Umweltschützerin zur Lage in der Ukraine: „Russlands nukleare Agenda“
       
       Die ukrainische Umweltschützerin Iryna Tschernysch warnt davor, die Gefahr
       durch das AKW Saporischschja zu unterschätzen. Und fordert Konsequenzen für
       Moskau.
       
 (DIR) Drogenrazzien in Spanien: 30 Festnahmen in Andalusien
       
       Bei Durchsuchungen in Südspanien wurden 800.000 Euro, Schusswaffen und
       Marihuana beschlagnahmt. Die Droge war als humanitäre Ukrainehilfe getarnt.
       
 (DIR) +++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Am Boden
       
       Laut Geheimdienstinformationen reduziert die russische Luftwaffe ihre
       Einsätze. Der Generalstaatsanwalt der Ukraine sieht Zunahme sexualisierter
       Gewalt.
       
 (DIR) In Kyjiw ohne Strom und Wasser: Der Kühlschrank summt nicht
       
       Der Krieg hat alltägliche Wahrnehmungen verändert. Unser Autor schildert,
       wie er sich über Dinge freut, die sonst eher auf die Nerven gehen.
       
 (DIR) Energiekrise und Ölembargo: Preisdeckel mit undichten Stellen
       
       Ab Montag gilt in EU- und G7-Staaten das Ölembargo. Damit der Ölpreis nicht
       explodiert, gibt es einen Preisdeckel – dessen Umsetzung wird schwierig.
       
 (DIR) +++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Winter könnte Kriegstempo senken
       
       Der US-Geheimdienst geht davon aus, dass beide Kriegsparteien im Winter
       Offensiven fürs Frühjahr vorbereiten. Selenskis Reden erscheinen als Buch.
       
 (DIR) +++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Öllieferstopp angekündigt
       
       Russische Diplomaten reagieren auf die vom Westen beschlossene
       Preisobergrenze. In der Ostukraine toben schwere Kämpfe und Estland kauft
       US-Waffen.