# taz.de -- Landtagswahl in Baden-Württemberg: Kretschmann zum Dritten
       
       > Erneut gewinnen die Grünen die Wahl in Baden-Württemberg. Diesmal haben
       > sie mehrere Koalitionsmöglichkeiten.
       
 (IMG) Bild: Winfried Kretschmann äußert sich zum Ergebnis der Landtagswahl
       
       STUTTGART taz | Unter normalen Umständen wäre der Jubel bei den Grünen am
       Wahlabend groß. Doch wie schon der Wahlkampf ein besonderer war, so
       verhindert die Pandemie am Sonntag auch eine Wahlparty. Der Landtag ist
       abgeschirmt, am Eingang werden freiwillige Tests angeboten. Die Aula, wo
       sich sonst Journalisten und Abgeordnete drängen, ist in großem Abstand
       bestuhlt.
       
       Nicht hier, sondern auf Facebook meldet sich [1][Wahlgewinner Winfried
       Kretschmann] nach den ersten Prognosen zuerst zu Wort. „Grün und
       Baden-Württemberg passen gut zusammen“, sagt er in einer Videobotschaft.
       Und an diejenigen, die nicht Grün gewählt haben: „Ich werde an das Ganze
       denken“.
       
       Es ist der dritte und höchste Wahlsieg, den Kretschmann in
       Baden-Württemberg einfährt. Die Grünen können ihr Ergebnis den
       Hochrechnungen zufolge auf rund 32 Prozent verbessern und liegen deutlich
       vor der Union, die unter 25 Prozent gefallen ist – für die CDU eine
       historische Niederlage.
       
       Diese Niederlage hatte sich in den letzten Wochen bereits abgezeichnet.
       Spitzenkandidatin Susanne Eisenmann setzte sich mit ihrer Forderung nach
       frühzeitigen Schulöffnungen heftiger Kritik aus. An die Beliebtheitswerte
       von Kretschmann konnte sie ohnehin nicht anknüpfen. Die Maskenaffäre der
       Union betraf zudem besonders ihren Landesverband.
       
       ## Die Schuldzuweisungen haben schon begonnen
       
       Sogar ihr Landtagsmandat könnte Eisenmann verlieren, bei der Auszählung in
       ihrem Wahlkreis sieht es am Abend für die Spitzenkandidatin nicht gut aus.
       [2][Eisenmann selbst spricht von einem „desaströsen Ergebnis“ ihrer Partei]
       und erklärt, dass sie keine Verantwortung bei Sondierungsgesprächen
       übernehmen wolle. Sie weist aber darauf hin, dass ihre Partei seit Jahren
       im Sinkflug sei. Noch vor den Sondierungen haben in der CDU die
       Schuldzuweisungen begonnen.
       
       Nach dem Stand am Abend kann sich Kretschmann seinen Koalitionspartner nun
       aussuchen. Und so dürfte die Regierungsbildung spannender werden als
       zuletzt der Wahlkampf, indem sich der Sieg der Grünen früh abzeichnete und
       es sich keiner mit ihnen verderben wollte.
       
       Denn alle Parteien, außer der AfD, die knapp über 10 Prozent steht und
       damit ein Drittel ihrer Stimmen verloren hat, haben reale Chancen auf eine
       Regierungsbeteiligung. Sogar die Liberalen (ebenfalls rund 10 Prozent)
       wollen diesmal dabei sein.
       
       Schon frühzeitig gab es zwischen dem FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke
       und Kretschmann, die sich früher im Landtag arg beharkten,
       Entspannungsgespräche. Er werde seiner Partei empfehlen,
       Sondierungsgespräche „ergebnisoffen zu führen“, sagt Rülke am Sonntagabend.
       Zusammen mit den Sozialdemokraten (rund 11 Prozent) könnte Kretschmann also
       eine umgekehrte Ampel bilden – wenn es nicht nach Auszählung aller Stimmen
       sogar noch zu Grün-Rot reicht.
       
       ## Eine einmalige Chance
       
       Er werde mit allen demokratischen Parteien reden, sagt der
       Ministerpräsident am Abend. Schon Mitte der Woche sollen Sondierungen
       beginnen. Wie sich die Grünen am Ende entscheiden, ist aber offen.
       Einerseits hatte der Ministerpräsident im Wahlkampf die Stabilität einer
       lagerübergreifenden Koalition in Krisenzeiten gelobt, andererseits hatte
       die Landesvorsitzende Sandra Detzer die Union im Wahlkampf als
       „klimapolitischen Klotz am Bein“ bezeichnet.
       
       Kretschmann betonte vor der Wahl gegenüber der taz, man dürfe nicht einfach
       die Parteiprogramme übereinanderlegen. Unter den Koalitionspartnern müsse
       stattdessen eine Dynamik entstehen. Dynamik, wenn vielleicht auch nicht
       immer konstruktive, verspricht ein Bündnis mit SPD und Liberalen eher als
       eins mit einer zerlegten CDU.
       
       Bei vielen Grünen dürfte die Sehnsucht nach mehr Grün in der Regierung groß
       sein. Und auch der Ministerpräsident will seine letzte Amtszeit
       erklärtermaßen dafür nutzen, eine wirksame Klimapolitik zu etablieren. Mit
       diesem Wahlergebnis bietet sich für Kretschmann und die Grünen eine
       einmalige Chance zum ökosozialen Umbau des Landes, dem sich potenzielle
       Koalitionspartner nicht entziehen können.
       
       Schon im Wahlkampf hatten alle Parteien das Klimaziel von Paris
       hochgehalten. Und in einer neuen grün-schwarzen Koalition würde es sich die
       CDU nicht mehr leisten können, etwa eine Solarpflicht für alle Häuser zu
       verhindern.
       
       Der Wahlerfolg ist auch der ganz persönliche Erfolg von Winfried
       Kretschmann, der mit seiner Verbindung von Ökologie und Ökonomie und einer
       Absage an gesellschaftspolitische Experimente nicht nur das Land, sondern
       auch seine eigene Partei bis nach Berlin verändert hat. „Von Kretschmann
       lernen heißt siegen lernen“, das ist nach vielen Kappeleien und
       Kopfschütteln in der Berliner Parteizentrale angekommen.
       
       Für die Grünen in Baden-Württemberg ist das aber auch eine Mahnung. Selbst
       wenn Kretschmann noch einmal volle fünf Jahre im Amt bleibt, müssen sie
       jetzt beginnen, die Zeit danach vorzubereiten. Wie schnell gewonnenes
       Terrain mit schwachen Kandidaten und zu viel Siegesgewissheit wieder
       verloren ist, zeigen die Bürgermeisterwahlen in Freiburg und Stuttgart:
       Dort mussten die Grünen zuletzt die Rathäuser räumen.
       
       14 Mar 2021
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Benno Stieber
       
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